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Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Titel: Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach
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auskennt mit den Straßen, und ich habe ihnen wie ein Quizmaster eine ganze Latte von Fragen gestellt, wie zum Beispiel: Wo ist die Via Sandro Veronese? Und wo die Via Valsolda? Wie kommt man von der Piazza del Popolo zur Via Spartaco? Wo ist die Piazza Trilussa? Und die Piazzale della Radio? Und das Außenministerium? Und die französische Botschaft? Und das Mignon-Kino? Via del Babuino? Piazza Mastai? Amedeo war immer schneller als Riccardo. Und was die Kenntnis römischer Geschichte anbelangt, da ist Amedeo sowieso konkurrenzlos. Er weiß, woher die Straßen ihre Namen haben und was deren Bedeutung ist. In meinem ganzen Leben habe ich niemanden wie ihn getroffen. Einmal, nachdem er zum x-ten Mal gegen Amedeo verloren hatte, sagte Riccardo zu ihm: »Mann, Amede’, du kennst Rom aber gut! Was hat denn dir die Wölfin bloß zu nuckeln gegeben?«
    Hört auf damit, dass Amedeo ein Einwanderer ist, davon krieg ich ja Kopfweh. Und ich habe nichts gegen Ausländer. War denn der größte Spieler aller Zeiten, Paulo Roberto Falcao, etwa kein Ausländer? Und Piedone, Cerezo und Völler, waren die keine Ausländer? Diese Spieler haben den Ruhm der Roma begründet. Dafür gebührt ihnen Respekt, Wertschätzung und Ehre. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Rom und Neapel, zwischen Rom und Mailand, zwischen Rom und Turin: Wir verhalten uns Einwanderern gegenüber entgegenkommend und freundschaftlich. Ich mag die Leute aus dem Norden nicht, weil sie das komplette Vermögen des Landes besitzen. Fiji de ’na mignotta! Diese Hurensöhne! Denken nur an sich. Nehmen wir nur mal zum Beispiel Antonio Marini, der uns Hausbewohner wie Kindergartenkinder behandelt oder so, als würden wir einem Zulustamm angehören. Er kann’s einfach nicht lassen, Anweisungen zu geben. Aus Mailand ist er hierher gezogen, um an der Universität von Rom zu lehren, als ob das hier eine Stadt voller Esel wäre, als ob es hier keine Uniprofessoren gäbe, ’sti fiji de ’na mignotta! Die wissen genau, wie man sich gegenseitig die Steigbügel hält und wie man Vitamin B für sich nutzt! Die sind machtgeil und wollen allen ihren Willen aufzwingen!
    Dieser Mailänder hat wirklich alles unternommen, um uns am Fahrstuhlfahren zu hindern. Er wollte den Aufzug für sich allein haben und brachte die absurdesten Vorschläge unter dem Deckmäntelchen, dass sie angeblich dazu beitragen, die Qualität dieser Dienstleistung zu verbessern: den Aufzug mit einem Riegel absperren, Besuchern und Gästen verbieten, ihn zu benutzen, das Rauchen und Ausspucken untersagen, vor dem Eintreten die Schuhe abstreifen, einen Spiegel und eine Sitzgelegenheit für zwei Personen anbringen etc. Bei der soundsovielten Hausversammlung platzte mir ihm gegenüber dann endgültig der Kragen: »Es geht mir auf die Eier! Und das nicht zu knapp! Der Aufzug gehört allen und er is’ nich’ deine Privatangelegenheit! Das hier is’ das Haus von uns allen, und wir sind nicht irgend so’n Zulustamm! Hau doch ab nach Mailand und mach da dein’ Scheiß!« Und dann hielt ihn auch nichts mehr: »Barbaren! Ich werde nie einer von euch sein! Ich werde die Kultur in diesem Haus verteidigen, solange ich lebe! Dieser Aufzug markiert die Trennlinie zwischen Barbarei und Zivilisation!« Man müsste ihn wegen übler Nachrede verklagen und ins Gefängnis werfen oder ihn wenigstens aus Rom davonjagen und ihm dann für den Rest seines Lebens verbieten, je wieder einen Fuß über die Grenzen dieser Stadt zu setzen. Reden wir doch auch mal über die unappetitlichen Skandale in den Städten des Nordens, allen voran in Mailand, die von Mani Pulite 9 aufgedeckt und so für alle sichtbar gemacht wurden. Nach alldem fragt man sich noch, warum die Roma nur zwei Meisterschaften für sich entscheiden konnte, während Milan, Inter und Juventus die meisten der nationalen und internationalen Titel gewannen? Die Antwort heißt ganz einfach: Korruptioooooooooooooon!
    Ich bin jedenfalls nicht damit einverstanden, wenn man Fußball einfach bloß als Spiel, als pure Unterhaltung ansieht. Fußball ist eine Schule des Lebens. Er lehrt dich Zuverlässigkeit, Geduld, Engagement, die Lust am Siegen und die Bereitschaft, bis zur allerletzten Sekunde zu kämpfen. Erinnert Ihr Euch an das Ende des Champions-League-Spiels zwischen Bayern München und Manchester United? Bayern führte 1:0 bis zur letzten Minute, und dennoch gelang Manchester der Ausgleich und vor dem Abpfiff sogar noch das Siegtor. Mit meiner Frau habe ich

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