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Kräuterkunde

Kräuterkunde

Titel: Kräuterkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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Mikrokosmos zurück.
    Nimmt der Mensch eine Pflanze als Nahrung zu sich, dann wird die Pflanze mikrokosmisch. Die ätherische Lebensenergie der verspeisten Pflanze regt nicht nur den Leib an, ihre geistigen und seelischen Aspekte melden sich auch in den Gedanken, Vorstellungen und Gefühlen des Essers. Das macht sich besonders bei den Drogen, etwa Kaffee, Tee oder Opium bemerkbar, ist aber bei allen Pflanzen, auch bei Roggen und Kartoffeln, der Fall. Schamanen sind sich dessen ebenso bewußt wie die indischen Sadhus. Sie steuern ihr Bewußtsein und ihren Seinsmodus, indem sie darauf achten, was sie als Speise in ihren Mikrokosmos aufnehmen.
    Diese kühne Vision von der Pflanze als einem Lebewesen, das sowohl dem Himmel als auch der Erde gegenüber offen ist, wurde vielfach im Bild einer Pflanzengöttin dargestellt, die im Lichthimmel und gleichzeitig tief unter der Erde wohnt. Man denke etwa an die antike Persephone/Proserpina: Sie ist Herrin der Toten und Hüterin der Samen in der Unterwelt und gleichzeitig strahlende olympische Göttin. Auch Frau Holle, die alle gestorbenen Lebewesen (Menschen ebenso wie Pflanzen und Tiere) im Schoß der Erde empfängt und sie wieder ins Dasein entläßt, ist gleichzeitig eine Himmelsgöttin. Wenn sie ihre Federbetten ausschüttelt, schneit es auf Erden. Die germanischen Bauern glaubten, daß dieser Schnee die Pflanzen mit Wachstum segne und eine gute Ernte ankünde. Auch die Indianer und andere Völker kennen diese Göttin, die Herrin der Vegetation.
    Schon auf der embryonalen Ebene offenbart sich dieses völlige Nach-außen-gerichtet-Sein der Vegetation. Nach der Befruchtung entwickelt sich das Ovum durch wiederholte Zellteilung (Mitose) zum
Blasenkeim
(Blastula), einer winzigen runden Keimzellkugel. Beim tierischen (menschlichen) Embryo kommt es alsbald zu einer Einstülpung dieses Zellenballes. Es formt sich der sogenannte
Becherkeim
(Gastrula), der dem Äußeren einen inneren Hohlraum entgegenstellt. Dieser Hohlraum ist der Urdarm, der
Entoderm
, in dem sich dann ansatzweise die Lunge, Harnorgane, Drüsen und andere innere Organe entwickeln. Der äußere Keimlappen, der
Ektoderm
, wird später zur Haut, zu den Sinneszellen, zu Nerven, Zähnen und Augen. Bald darauf entwickelt sich zwischen Endo- und Ektoderm der
Mesoderm
. Aus diesem mittleren Keimblatt des embryonalen Gewebes entwickeln sich die Innenhäute von Brusthöhle, Bauchhöhle und Herzbeutel sowie das Skelett.
    Beim Pflanzenembryo verläuft diese Entwicklung anders. Es kommt zu keiner Einstülpung (Gastrulation), zu keiner, auch nur ansatzweisen, Bildung von inneren Organen. Obwohl sie ständig wächst und metamorphosierend verschiedene Stadien durchläuft, bleibt die Pflanze eigentlich eine, wenn auch hochdifferenzierte, Blastula. Sie empfängt ihre Impulse nicht von einem inneren Organkosmos und einem zentralen Nervensystem, welche bei Mensch und Tier die physische Grundlage geistiger und seelischer Regungen bilden, sondern von außen, aus der mittelbaren und unmittelbaren Umwelt.
    Nur in der Blüte macht die höhere Pflanze den Ansatz, innere Hohlorgane zu bilden und eine Art Gastrulation nachzuvollziehen. Nur hier wird sie tierähnlich, seelenhaft. Nur in der Blüte entwickelt sie – wir werden später näher darauf eingehen – meßbare Eigenwärme, Eigenbewegung und produziert Molekularverbindungen, die sonst nur dem animalischen Stoffwechsel eigen sind. Aber dieser zaghafte Ansatz einer Beseelung, diese vorübergehende Berührung mit dem tierischen Seinsmodus, ist nur von kurzer Dauer. Bald verblüht sie und fällt, indem sie Samen erzeugt, wieder in die rein vegetabile Daseinssphäre zurück. (
Scheffer/Storl 2012
)
    Nicht die Impulse innerer Organe, sondern Kräftewirkungen, die von den Erdtiefen, vom Boden, der Atmosphäre, der Sonne, den Planeten und den Fixsternen ausgehen, sind die Parameter, welche die Pflanze auf wahrhaft »intelligente« Weise nach bestimmten geometrischen Mustern und zeitlichen Rhythmen keimen, wachsen, blühen und fruchten lassen. Diese Faktoren, die Lebenskräfte des Bodens und die Rhythmen der Planeten, bilden – das wußten schon die alten Alchimisten – die »Organe« der pflanzlichen Organismen. Diese Vektoren, kurz Himmel und Erde genannt, wollen wir nun näher betrachten.
Erdkräfte und Rhizosphäre

    Eine klare Trennung zwischen der Pflanze und dem lebendigen Boden, in dem sie wurzelt, ist fast unmöglich. Sie öffnet sich dem Untergrund gegenüber und verschmilzt mit

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