Kräuterkunde
starkes ätherisches Öl, das Darmwürmer vertreibt.
Himmelslüfte
In der Pflanze nimmt der Gehalt an Wasserstoff (Hydrogen) nach oben zur Blüte hin zu. Der Traubenzucker, der sich in den Blättern bildet, ist wasserstoffreicher als die in der Wurzel gespeicherte Stärke. Die ätherischen Öle enthalten am meisten Hydrogen.
Der Wasserstoff wurde so benannt, weil der Chemiker Lavoisier 1783 erstmals Hydrogengas aus Wasser herstellte und dieses wieder zu Wasser verbrannte (oxidierte). Hydrogen ist die absolut leichteste Substanz. Das Gas steigt auf und strebt der höchsten Region der Atmosphäre zu. Aber der Wasserstoff ist auch höchst entzündlich und brennt mit heißester Flamme.
Wasserstoff ist der beste Wärmeleiter, und er ist das universale Lösungsmittel. In Säuren löst er sogar Metalle auf. Alles, was sich mit ihm verbindet, wird leicht und bekommt Auftrieb. Mit Kohlenstoff verbindet er sich – auch im Darm – zu Methangas (CH 4 ); im Verbund mit Phosphor geistert er als Irrlicht (PH 3 ) über die Sümpfe; mit Schwefel (SH 2 ) verbunden bildet er ein Gas, das nach faulen Eiern riecht.
Der Auftrieb, die lösende Wärme, die Anti-Gravität und entmaterialisierende Kraft – alle diese physikalischen Eigenschaften des Wasserstoffs kommen in der lebenden Pflanze am Blütenpol zum Ausdruck. Unter dem Einfluß dieses Elements, das in den ätherischen Ölen gebunden ist, geht die Pflanze verströmend und verstrahlend über sich hinaus.
Wenn der Mensch diese wasserstoffgesättigten Öle als Räuchermittel oder Duftstoffe aufnimmt, wirken sie auch in ihm entkrampfend, auflösend, vergeistigend. Sie helfen ihm über das grob Sinnliche hinaus und öffnen Türen zu ätherischen und geistig-seelischen Bereichen im Mikrokosmos wie im Makrokosmos. Sie öffnen das Tor zu den Göttern.
Das griechische Wort
Aither
bedeutet »reine Himmelsluft, strahlendes Sonnenlicht«. Damit sind nicht rein physikalische Eigenschaften gemeint, sondern die Sphäre der Götter, der Wohnsitz der Sternengeister. Die ätherischen Öle verraten also die unmittelbare Nähe der heilbringenden Devas, genau wie abscheulicher Gestank die Anwesenheit böser Dämonen und Krankheitserreger anzeigt.
Feines Räucherwerk und duftende Kräuter und Blumen weisen den Weg in die transmateriellen Daseinsbereiche. Sie geleiten den Menschen über die Schwelle, genau wie sie es den Göttern ermöglichen, im Diesseits zu erscheinen. Seit der Altsteinzeit räuchern Schamanen mit Beifuß oder Wachholder, wenn sie »ausfliegen«, wenn sie den »Schamanenbaum« hinaufsteigen, wenn sie mit den Geistern reden wollen. Die indischen Sadhus reiben sich unter anderem mit dem ätherischen Öl des Adlerholzbaumes (
Aquilaria malaccensis
) ein und fliegen dann in die weiten Regionen des Alls, wo sie Dinge erfahren, von denen sonst kein Sterblicher weiß. Überall auf der Welt räuchern die Menschen ihre Wohnstätten mit aromatischen Kräutern aus, um krankheitsbringende Geister zu vertreiben und um sich und ihre Umgebung zu reinigen, damit sich die guten Geister und Ahnen manifestieren können.
In den ägyptischen Heiltempeln wurden die Kranken mit Zaubersprüchen und Duftstoffen in den therapeutischen Schlaf versenkt, wo sie den heilenden Göttern begegneten. Jeder Duftstoff, jedes essentielle Öl wurde mit einer Gottheit identifiziert. Das hat auch durchaus seine Berechtigung, denn jeder Duftstoff ist spezifisch, einmalig. Jede Pflanzenart erzeugt – als Ausdruck des in ihr wirkenden Devas – ihr eigenes ätherisches Öl.
Den Seelen der Toten wurde der Weg ins Reich des Osiris ebenfalls mit ätherischen Ölen, Harzen und Balsamen geebnet. Für den Jenseitsgang wurden die sterblichen Hüllen mit kostbaren Duftstoffen einbalsamiert. Die Mumien wurden dermaßen mit diesen Substanzen gesättigt, daß sie selbst pharmakologische Wirkung hatten. Im Mittelalter entwickelte sich ein florierender, wenn auch makabrer Handel mit heilkräftigen Mumienteilen. Der Inhalt Tausender von Sarkophagen wanderte in europäische Apotheken.
Auch in der Antike wurden Sterbende mit kostbaren Spezereien gesalbt, damit die Jenseitsreise ohne Verhängnisse vonstatten ging. Die von katholischen Priestern vorgenommene letzte Ölung ist ein schwacher Nachklang dieser Praxis. Der magisch-religiöse Brauch hat tiefe Wurzeln. Schon vor der letzten Eiszeit betteten die Neandertaler ihre Toten auf duftende Büschel blühender Heilkräuter und auf Beifuß. Damit sich das Numinose besser
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