Kräuterkunde
daß die Haut, die 16 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht und somit das zweitschwerste Organ des Körpers ist, zu den wichtigsten Organen unseres Abwehrsystems gehört. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Körpertemperatur und des Wasserhaushalts (Schwitzen, Gänsehaut), und sie ist ein Spiegel der Seele: Wir erbleichen vor Schreck, werden schamrot, »frösteln«, wenn uns etwas nicht geheuer ist, bekommen Pickel bei emotionellen Störungen und Warzen vom ständigen Besorgtsein.
Beim Erwachsenen bildet die Haut eine Gesamtfläche von zwei Quadratmetern. Auf der ganzen Fläche scheiden Talgdrüsen Fettsäuren aus, die potentiell gefährliche Bakterien und andere Mikroben hemmen, das natürliche Säuregleichgewicht aufrechterhalten und dafür sorgen, daß die Haut geschmeidig bleibt. Zu häufiges Waschen ist ungesund, weil es diesen Schutzschild schädigt.
»Wir sind robuster als ihr Njemetskis«, neckte mich einmal ein Russe, »weil wir uns nicht so oft waschen!« Ein alter Gärtner warnte mich ebenfalls vor dem vielen Waschen, denn es mache »die Knochen weich«, und der Bauernphilosoph Arthur Hermes, der in seinen letzten vier Jahrzehnten nicht ein einziges Bad genommen hatte und sich zudem selten wusch, behauptete: »Das viele Waschen spült den Ätherleib weg!« Es muß dazu gesagt werden, daß der wasserscheue Weise keinen unangenehmen Körperduft verströmte. Ganz im Gegenteil, er roch nach Erde, Wald und Herdfeuer.
»Der Körpergeruch hat vor allem mit der seelischen Beschaffenheit zu tun. Wer viele Dämonen in sich beherbergt, wird schrecklich stinken, auch wenn er es mit Waschen und Parfümieren zu verdecken bemüht ist; der seelisch reine Mensch dagegen wird einen Weihrauch ähnlichen Duft ausströmen!« erklärte Hermes, als er darauf angesprochen wurde.
In all dem steckt sicherlich ein Körnchen Wahrheit, aber man darf nicht vergessen, daß die Haut – wie Nieren, Darm und Lunge – ein wichtiges Ausscheidungsorgan ist.
Ein Viertel der Abfallprodukte und Schlacken, die sonst über den Harn ausgeschieden werden, verlassen den Körper durch die Poren. Bei Nierenkranken ist es noch mehr. Also ist – den oben erwähnten Aussagen zum Trotz – Baden und Waschen für den normalen Menschen, der einigermaßen gesellschaftsfähig bleiben will, unerläßlich. Am besten benutzt man dafür milde Kräuterseifen: bei fettiger (seborrhöser) Haut Seifen mit adstringierenden Kräutern (
Hamamelis-, Ringelblumen
- oder die indische
Neem
seife), die die Haut straffen und tonisieren; bei trockener Haut Seifen mit erweichenden Kräutern (mit
Veilchen-, Eibisch-, Iris-, Schlüsselblume
- oder
Gänseblümchen
zusätzen). Wichtig ist auch die Rückfettung. Dafür kommen Cremes mit hautfreundlichen Kräutern wie
Iris, Kamille, Schlüsselblume
und
Gänseblümchen
in Frage.
Die Haut ist aber nicht nur ein Ausscheidungsorgan, sondern nimmt ebenso bereitwillig Stoffe auf. Wer eine lange Flugreise hinter sich hat, wird zum Beispiel ein Vollbad zu schätzen wissen. Die Luft in modernen Flugzeugen ist oft trockener als die in der Sahara. (Durchaus mit Absicht, denn feuchte Luft ist ein Gewichtsfaktor, der sich auf den Treibstoffverbrauch auswirkt.) Der dehydrierte Körper nimmt das Wasser dankbar auf, und wenn man dem Bad noch einige beruhigende Kräuter zufügt, etwa
Melisse, Baldrian
oder
Kamille
, wird der Jet-Lag beträchtlich abgemildert. (
Fairechild 1993:90
)
Die Haut eignet sich auch bestens zum Aufnehmen von Arzneien. Die berühmten Kräuterhand-und Fußbäder des Maurice Mességue beruhen auf dieser Fähigkeit der Haut. Herzsalben werden gern auf die Beine aufgetragen, denn damit umgeht man das Verdauungssystem. Das gleiche gilt für die psychedelischen Flugsalben, mit denen sich die so genannten Hexen einrieben. Über die Haut aufgenommen, lassen sich die giftigen Nachtschattengewächse viel leichter handhaben, als wenn sie geschluckt werden.
Kräuterbäder
Als besonders wirksam erweisen sich warme Bäder mit Kräuterzusätzen. Im allgemeinen beträgt die Badedauer fünf bis zehn Minuten bei einer Badetemperatur von ca. 37 Grad. Ein bis zwei Handvoll des jeweiligen Heilkrautes werden überbrüht und nach fünf Minuten abgeseiht. Der Sud wird dem Badewasser zugefügt. So hat es Kräuterpfarrer Kneipp gemacht, der diese schon bei den Kelten beliebte Therapiemethode wieder neu belebt hat. Die heilenden Energien der ätherischen Öle und anderer Substanzen werden über die Haut an Blut, Lymphe
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