Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
hier unter all dem Schnee immer noch da sind“, erklärte sie ihm.
Dirick begann ein paar der Beeren von der Pflanze abzupflücken. „Braucht Ihr auch die Beeren?“, fragte er und bot ihr eine kleine Handvoll an.
„Es sind nur die Blätter, die man zum Einweichen in einem Trank verwenden kann. Sie helfen, dass Flüssigkeiten schneller aus dem Körper austreten. Die Beeren sind schön, aber ich weiß von keinem Nutzen, den sie hätten.“
„Ah, ich verstehe“, er warf die dunkelroten Beeren in den Schnee, wo sie wie versprengte Blutstropfen liegen blieben.
Er wandte sich um, um mehr von dem Eis zu entfernen, während sie so viele der frischen Blätter pflückte, wie sie finden konnte. Ihre Köpfe steckten beieinander und er war ihr nahe genug, dass eine kleine Locke ihres Haares vorwitzig gegen seine Wange schlug. Der frische Duft von Zitrone und noch einem Duft, den er nicht zuordnen konnte, stieg ihm in der klaren Kälte der Winterluft in die Nase. Es war so anders, als die blumigen Düfte, welche die Damen bei Hofe bevorzugten.
„Das ist hübsch“, sagte er, ohne nachzudenken, als er leicht schnüffelte.
Maris drehte sich um und die Duftnote wurde stärker. „Was sagtet Ihr da?“, fragte sie, ihre grüngoldenen Augen waren so nahe, dass er die dichten Wimpern an ihnen zählen konnte.
„Da ist Zitrone. Ich rieche Zitrone und einen anderen Duft“, sagte er schnell und entfernte sich etwas von ihr.
Dirick spürte ihr Lächeln bis ganz hinunter in seine Magengrube. „Ihr meint die Seife für meine Haare“, sagte sie zu ihm. „Sie werden dadurch sehr sauber und riechen auch frisch. Zitronenmelisse, Minze und Rosmarin“, fügte sie erklärend hinzu.
„Ich finde es sehr ungewöhnlich“, sprach er zu ihr und versuchte, nicht allzu offensichtlich noch einmal an ihr zu schnüffeln.
Das winzige Grübchen links unten an ihrem Kinn erschien wieder. „Ah, Sir Dirick, Ihr seid fürwahr ganz der Diplomat“, sie schob sich die widerspenstige Locke hinter ein Ohr. „Ich weiß, es entspricht nicht der Mode, wie meine Mama mir stets sagt. Ich sollte nicht nach Nutzkräutern riechen und es sollte mir peinlich sein, wenn es jemandem auffällt.“
„Nein“, sagte er da mit einem einladenden Lächeln, „es ist nur ungewöhnlich – so wie Ihr selbst es seid, Mylady. Schließlich“, sagte er, während er noch versuchte die Hitze, die ihm jetzt heiß durch die Adern rollte, zu ignorieren, „ist es mir noch nie zuvor widerfahren, dass eine Dame mich im Schnee nach glänzenden, grünen Blättern graben lässt!“
Maris schaute so schnell zu ihm auf, dass sie fast das Gleichgewicht verloren hätte. „Fürwahr, Sir Dirick, ich hatte nicht ... oh, was müsst Ihr nur von mir denken, dass ich Euch hier die Arbeit einer alten Hebamme verrichten lasse!“ Der rosa Schimmer, der von der Kälte herrührte, erglühte nun rasch zu einem dunkleren Rosa auf ihrem ganzen Gesicht. Sie versuchte, offensichtlich peinlichst berührt, sich auf die Füße hoch zu kämpfen, aber ihr Umhang hatte sich um eines ihrer Beine gewickelt und sie verlor das Gleichgewicht. Und kippte fast nach hinten in den nassen Schnee.
„Nein, Mylady, es war ein Scherz!“ Dirick packte sie an der Hand, um ihr zu helfen wieder ins Gleichgewicht zu kommen. „Und kein besonders geglückter noch dazu.“ Er lächelte, als er Maris gegenüberhockte, in dem knöcheltiefen Schnee, während er sie ruhig an beiden Händen festhielt.
Ihre Gesichter waren direkt voreinander, näher als sie sich je gewesen waren, und sein Atem bildete kleine Nebelwolken in der kalten Luft. „Lady Maris“, sagte er leise und wurde dann von ihrem Blick in Fesseln geschlagen. Ihre Lippen öffneten sich leicht und er spürte die kleine Veränderung in ihrem Atem. „Es war mir eine Freude den ganzen Tag über Eure Gesellschaft zu haben, all die Stunden bei Thomas dem Küfer ebenso wie Euch hier bei dieser einfachen Arbeit zu helfen. Es ist nur als Kompliment gedacht, Euch ungewöhnlich zu nennen ... und Ihr seid auch ungewöhnlich schön dazu.“ Diese letzten Worte entschlüpften ihm, ohne dass er etwas hätte tun können, und er fand sich da wieder in einem sehr einladenden, vertrauensvollen, goldenen Blick wie gefangen.
Dirick schluckte schwer, wusste, dass er sie jetzt küssen würde, und fürchtete sich davor, dass ihre Reaktion wohl eine harte Hand an seiner Backe sein würde. Er schob das beiseite und zog sanft an ihren
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