Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
„Seid still und hört mir zu“, er sprach schnell und mit dringendem Ton in der Stimme. „Bei Gott, ich will Euch kein Leid zufügen. Ich werde Euch helfen zu fliehen, wenn Ihr mir nur vertraut–“
„Euch vertrauen!“, spuckte sie da aus und zog die Bettlaken enger um sich, um ihre nackten Schenkel zu bedecken. „Pah! Ihr wart hier bei meiner Begrüßung dabei in diesem–diesem Nest von Vipern!“
„Maris.“ Weil die Zeit dafür zu knapp war, widerstand Dirick der Versuchung sie zu erwürgen. Er konnte in der Tat hören, wie sich schwere Fußtritte schon näherten. „Verdammt! Weib, ich will Euch nichts Böses! Mich schickt der Kö–“
Die Tür flog auf, wobei der vorgelegte Riegel barst, und Bon rannte schon herein, gefolgt von Edwin und zwei weiteren Soldaten.
„Was geht hier vor sich?“ Lediglich in ein langes, waberndes Hemd und durchhängende Beinkleider gekleidet schwang er das Schwert und setzte Dirick sogleich die Spitze desselben an die Kehle. „Ich werde Euch töten, wie Ihr hier steht, dafür dass Ihr es wagt, die Gemächer meiner Dame zu betreten!“ Die übrigen Männer umringten Dirick, der nur noch stocksteif dastand.
„Nein!“ Der Befehlston in Maris’ Stimme gebot dem tödlichen Stoß des Schwertes Einhalt. „Mylord, dieser Mann – ehem, Sir Drake? Ich kann mich seines Namens nicht mehr entsinnen – aber er betrat mein Gemach, weil ich geschrien hatte.“
Sie setzte eine zutiefst beschämte Miene auf. „Ich bedaure, Mylord, ich konnte nicht schlafen und als ich mich erhob, das Feuer ein wenig zu schüren, sah ich, wie eine Maus über den Boden huschte.“ Sie senkte peinlich berührt den Kopf, als einer der Soldaten kicherte.
Bevor Bon noch nachfragen konnte, warum er denn ihre Zimmertür hatte aufbrechen müssen, wenn Dirick in der Tat zu ihrer Rettung hereingeeilt gekommen war, verzog Maris ihren Mund zu einem beleidigten Schmollen und schob sogar noch ihre Unterlippe ein wenig vor, wie sie es bei dem kleinen Mädchen Bit beobachtet hatte, wenn die etwas von ihrem Vater wollte. „Und ich sehe jetzt, Mylord, dass Ungeziefer wohl eine weitere Sache sein wird, um die ich mich auf dieser Burg werde kümmern müssen. Haltet Ihr es für möglich, dass ich im Dorf vielleicht eine Katze finde, die ich in meinem Gemach – unserem Gemach – halten könnte, bis wir hier keine Maus mehr zu Gesicht bekommen?“ Sie tat einen unschuldigen Augenaufschlag, während sie sich aber die ganze Zeit über der Aufmerksamkeit, die auf ihr und der Klinge, die an Sir Diricks Kehle ruhte, sehr wohl bewusst war.
Langsam ließ Bon seine Klinge sinken und machte eine Andeutung von Verbeugung zu Dirick. „Bitte um Vergebung, Sir. Ich bin sehr zufrieden, dass Ihr Euch das Wohlergehen meiner Lady so zu Herzen nehmt.“
Dann wandte er sich an Maris. „Bedaure, Mylady, aber ich mache mir nichts aus Katzen ... aber ich werde über Eure Bitte nachdenken.“ Er sprach diese Worte mit derart ernst gemeinter Förmlichkeit aus, dass sie ein nervöses Kichern runterschlucken musste.
„Nun denn, wenn es Euch beliebt“, sprach sie und der Befehlston war wieder in ihrer Stimme zu hören, „ich fürchte, all diese Aufregung hat mich sehr erschöpft und ich werde wieder mein Lager aufsuchen.“ Ihre Augen richteten sich absichtsvoll auf Bon. „Bis zum morgigen Tag, Mylord.“
„Bis zum morgigen Tag, Gemahlin.“ Und zum zweiten Mal an dem Tag geleitete Bon unterwürfig seine Männer aus ihrer Kammer hinaus.
KAPITEL DREIZEHN
Allegra hatte sich noch nicht von ihrem Bett erhoben, seit Merle sich an die Spitze seiner Armee von Soldaten zur Rettung von Maris gestellt hatte. Maella war sehr in Sorge um ihre Herrin, denn die zerbrechliche Frau tat nichts anderes, als sich an ein abgegriffenes Kruzifix zu klammern und zu beten.
„Herrin, ‘s geht nun schon fast zwei Tage so. Ihr müsst essen!“ Die Zofe hielt eine Schüssel voller Suppe direkt unter die Nase ihrer Herrin. „Lord Merle wird die Lady sicher nach Hause geleiten.“
„Nein.“ Allegras Stimme war vor lauter beschwörenden Gebeten an die Heiligen schon ganz heiser. „Ich habe nicht viel Aussicht weiterzuleben, wenn er nach Langumont zurückkehrt. Mein Gatte Merle wird mich töten.“
Bei dem Geständnis ihrer Herrin wurde Maellas Gesicht ganz weich, sie strich mit einer von Arbeit gezeichneten Hand zart über die Stirn der Frau, der sie von Geburt an gedient hatte, und ihr fielen
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