Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
trank den letzten Schluck Flohkraut aus und fügte dann mit einem reumütigen Blick unters Bett hinzu, „heute Nacht werde ich sicherlich auf den Beinen sein, um das hier zu benutzen“, und sie zog einen Nachttopf unter dem hohen Bett hervor, „nachdem ich so viel von diesem Tee getrunken habe, aber da gibt es schlicht keine Abhilfe. Hier, Agnes, klettert auch Ihr ins Bett und wir werden einander wärmen.“
~*~
Draußen vor der Tür zu dem Zimmer lehnte Dirick sich an die raue Steinwand und versuchte das Bild aus seinem Kopf zu bannen, von der hilflosen Maris, die auf dem Schoß von Bon eingekeilt saß. Der die Brüste halb aus dem Gewand fielen.
Er schnaubte. Hilflos? Maris von Langumont war alles, nur nicht hilflos. Sie hatte ihren Entführer schon hübsch um ihren kleinen Finger gewickelt, und die Leichtigkeit, mit der sie das erreicht hatte, war sowohl bewundernswert als auch erschreckend. Bon würde ihr wahrscheinlich auch noch die Freiheit schenken, wenn sie ihn nur süß genug anbettelte.
Aber da war, dachte er, auch mehr als nur ein Anflug von Furcht in ihren Augen gewesen, als er unangekündigt in ihr Gemach eingedrungen war. Maris war sicherlich noch nicht außer Gefahr.
Dirick rechnete geschwind nach: Er hatte den Boten nach Langumont kurz vor dem Abendessen ausgesandt. Der Mann würde sein Ziel nicht vor morgen Abend erreichen, und das sehr spät ... und dann würde Merle zweifellos etwas Zeit brauchen, um seine Truppen zu versammeln, bevor sie sich auf den Weg nach Breakston machten. Im günstigsten Fall ging Dirick von zwei Tagen aus, eher drei, bis er aus jener Richtung mit Hilfe rechnen könnte. Außer Merle hatte durch eine wundersame Fügung bereits die Identität des Entführers seiner Tochter in Erfahrung gebracht.
Aber er hatte wahrlich keine drei Tage Zeit, denn Bon war entschlossen in zwei Tagen zu heiraten.
Dirick lehnte sich erneut gegen die Wand und erwog, welche Optionen er hier hatte. Es war nicht so sehr die Hochzeit an sich, die das Problem sein würde: eine erzwungene Heirat konnte leicht wieder annulliert werden, und er war ein guter Zeuge dafür, dass hier eine solche vorlag. Nein, was ihn am meisten beschäftigte, war das Leid, das man Maris in der Zwischenzeit zufügen könnte. Den Verlust des Jungfernkranzes – so wichtig, um eine vorteilhafte Ehe eingehen zu können – konnte man ihr nicht mehr ersetzen, aber es war die Art und Weise, in der man ihn ihr rauben würde, die Dirick Sorgen bereitete. Seine Eingeweide verdrehten sich bei dem Gedanken an einen dicken, behaarten Bon, der sich über Maris’ zartem, weißem Körper krümmte.
Er musste einen Weg finden, wie er sie von Breakston fortschaffen konnte. Aber zunächst einmal musste er sie dazu bringen, ihm zu vertrauen, und angesichts der finsteren, verachtungsvollen Blicke, die sie ihm zugeworfen hatte ... würde das nicht so leicht sein.
~*~
Maris wachte erschrocken auf, um festzustellen, dass eine große Hand ihr den Mund zuhielt und etwas noch Größeres und Schweres sie in die Matratze niederdrückte. Panik ergriff sie und sie begann, unter dem Körper über ihr wild zu strampeln und achtete gar nicht auf sein verzweifeltes Flüstern. Über der großen Hand waren ihre Augen weit aufgerissen und versuchten ihren Angreifer zu erkennen.
Die Kammer war immer noch dunkel, auch wenn das Feuer, das über Nacht etwas runtergebrannt war, ein wenig Licht von sich gab und eine erste Andeutung der Dämmerung sich unter den Wandteppichen abzeichnete, die vor den Fenstern hingen.
Sie trat und kratzte heimtückisch, was ihn dazu zwang mit seiner freien Hand ein Handgelenk festzuhalten.
„Maris, beruhigt Euch“, drängte die Stimme sie, die ihr allzu nah an ihrem Ohr erklang.
Sie war ebenso überrascht wie er, als ihr mit einem Tritt treffsicher ein Schlag nahe bei seiner Manneskraft glückte und sie ihn in dem Durcheinander des Handgemenges darauf vom Bett stieß. Dann tat sie einen markerschütternden Schrei.
„Beim Blut Christi, Maris!“ Dirick rappelte sich schnell wieder auf, blieb aber in den verworrenen Bettlaken hängen. „Wollt Ihr mich denn unbedingt hängen sehen?“ Er stand jetzt und starrte auf sie herunter, die Hände in die Hüften gestemmt, schwer atmend, das dunkle Haar zerzaust und sein Gesicht wutentbrannt.
„Sir Dirick!“, rief sie aus, das Herz hämmerte ihr wild und die Knie zitterten ihr noch. „Wie könnt Ihr es wag–wo ist Agnes?“
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