Kraft des Bösen
Schließlic h wa r da s de r Mann , de r de n von ih m bewunderte n Präsidente n getöte t hatte.
Ic h zeigt e ih m da s Fot o de s Standa r tenführers . E r schüttelte müd e de n Kopf . E r kannt e mehrer e Poliziste n i n Dalla s und viel e Reporte r a m Schauplatz , abe r diese n Man n hatt e e r nie gesehen. Hatte er etwas Seltsames gespürt, bevor er Oswald erschosse n hatte ? Al s ic h dies e Frag e stellte , ho b R u b y sein müde s Bassetgesich t eine n Moment , un d ic h sa h Verwirrun g in seinen Augen aufflackern, aber das verblaßte, worauf er wieder s o monoto n wi e vorhe r antwortete . Nein , nicht s Seltsames , nur Wut , wei l Oswal d noc h lebt e un d Präsiden t Kenned y to t und di e arm e Mrs . Kenned y un d di e Kinde r gan z allein e waren.
Ich war nicht überrascht, als Ruby ein Jahr später im D e zembe r 196 6 zu r Krebsbehandlun g in s Parklan d Hospita l e i n gewiese n wurde . E r schie n scho n al s ic h mi t ih m gesprochen hatte , ei n todkranke r Man n z u s e in. Kaum jemand trauerte, als e r i m Janua r 196 7 starb . Di e Natio n hatt e ihr e Traue r erschöpft, un d Jac k Rub y wa r lediglic h ein e Erinnerun g a n ein e Zeit , die ma n besse r vergaß.
Ende der sechziger Jahre beanspruchten mich meine Fo r schunge n un d da s Unterrichte n imme r mehr . Ic h versuchte mic h davo n z u überzeugen , da ß ic h mi t meine n theoretischen Arbeite n de n Dämo n austrieb , de n da s Gesich t de s Standart e n führer s symbolisierte . I m Inner n wußt e ic h e s besser.
Al l di e Jahr e de r Gewal t studiert e ic h di e Gewal t weit e r.
Wora n la g es , da ß manch e Mensche n ander e s o leich t behe r r sche n konnten ? Fü r mein e Forschunge n bracht e ic h kleine Gruppe n Männe r un d Fraue n zusamme n Fremde , di e eine unwichtig e Aufgab e zusamme n erledige n mußte n –, un d inn e r hal b vo n dreißi g Minute n bild ete sich eine soziale Hackor d nun g heraus , di e di e Grupp e selbs t schuf . Gelegentlic h merkten di e Teilnehme r nich t einmal , da ß ein e Hierarchi e geschaffen worden war, aber wenn man sie fragte, konnten fast alle das ›wichtigst e Mitglied ‹ de r Grupp e nennen , ode r das ›dy n a mischste‹ . Mein e Studente n un d ic h führte n Interview s durch, brütete n übe r de n Niederschrifte n un d sahe n endlos e Stunden lang Videobänder an. Wir simulierten Konfrontationen z w i sche n Testpersone n un d Persone n mi t Autoritä t Universitä t s dekane , Polizisten, Lehrer, Beamte des Rechnungshofs, G e fängniswärte r un d Minister . Di e Frag e de r Hierarchi e und Herrschaft war stets komplexer, als die bloße gesellschaftliche Stellun g angedeute t hätte.
Währen d diese r Zei t fin g ic h auc h an , mi t de r Polize i von N e w York an Persönlichkeitsprofilen von Straftätern zu arbe i ten. Die Daten waren faszinierend. Die Interviews waren d e primierend . Di e Resultat e ware n nich t eindeutig.
W o la g di e Ursach e fü r menschlich e Gewalt ? Welch e Rolle spielte n Gewal t un d Gewaltandrohun g i n unsere m täglichen Zusammenleben? Indem ich diese Fragen beantwortete, hoffte ich naiverweise, würde ich eines Tages erklären können, wie ein brillanter, aber irregeleiteter Psychopath wie Adolf Hitler e s fertiggebrach t hatte , ein e de r größte n Kulture n de r Wel t in ein e hirnlose , unmoralisch e Killermaschin e z u verwandeln . Ich began n mi t de m Wissen , da ß jed e ander e komplex e Tierar t auf diese m Planete n übe r eine n Mechanismu s verfügte , Herrschaft un d ein e sozial e Hierarchi e z u etablieren . Normalerweis e w u r d e diese Hierarchie ohne schwerwiegende Verletzungen erric h tet . Selbs t wild e Raubtier e wi e Wölf e ode r Tige r verfügten übe r präzis e Signal e de r Unterwürfigkeit , di e selbs t di e bruta l s ten Konfrontationen beendeten, bevor es zu Todesfällen oder Verkrüppelunge n kam. Aber wie sah es bei den Menschen aus? Fehlt e uns , wi e s o viel e vermuteten , diese s instinktiv e Signal de s Erkennen s vo n Unterwerfungsgesten , un d ware n wi r de s hal b z u immerwährende r Kriegführun g verdammt , z u eine r Art rassenspezifische m Wahnsinn , de r d u rc h unser e Gen e vorh e r bestimm t wurde ? Meine r Meinun g nac h nicht.
I m Lauf e de r Jahre , währen d ic h Date n sammelt e un d Prä missen entwickelte, arbeitete ich insgeheim an einer Theorie, die so bizarr und unwissenschaftlich war, daß sie meinen pr o fessionelle n Ru f ruinier t hätte , wen n ic
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