Kraft des Bösen
h Kollege n gegenüber auc h nu r Andeutunge n gemach t hätte . Wen n di e Evolutio n der Menschhei t nu r s o wei t fortgeschritte n war , da ß di e Etabli e run g vo n Herrschaft , vo n Dominanz , z u eine m übersinnliche n einige meiner nicht so rationa l e n Freund e hätte n wahrsche i n lic h vo n eine m parapsychologischen gesproche n Phänomen geworde n war ? Gewi ß konnt e ma n di e farblos e Wirkun g v e r schiedener Politiker, die die Medien in Ermangelung eines be s sere n Ausdruck s Charisma nannten , nich t au f Größe , For t pflanzungsvermögen oder Drohgebärden zurückführen. Was wäre , überlegt e ic h mir , wen n e s i n eine m Hirnlappe n oder einer Hirnhälfte ein Zentrum gab, das ausschließlich dafür g e schaffe n war , diese s Gefüh l persönliche r Dominan z z u proj i zieren ? Ic h wa r meh r al s vertrau t mi t neurologische n Studien, di e di e Meinun g vertraten , da ß wi r unsere n Sin n fü r Hiera r chie n vo n de n primitivste n Zentre n unsere s Verstande s erbte n de m sogenannte n ›Reptiliengehirn‹ . Wa s aber , wen n e s evo l u tionär e Weiterentwicklunge n ga b Muta t ione n –, di e manche Menschen mit einer Fähigkeit ausstattete, die Empathie oder de m Konzep t vo n Telepathi e gleichkam , abe r unendlic h mä c h tige r un d nützliche r i m Hinblic k au f da s Überlebe n war ? Und was , wen n dies e Fähigkeit , vo n ihre r eigene n Gie r nac h Do m i nan z genährt , ihre n endgültige n Ausdruc k i n Gewal t fand? Würden die Menschen, bei denen sich diese Fähigkeit manife s tierte , noc h wahr e Mensche n sein?
Letzte n Ende s konnt e ic h nich t meh r tun , al s Spekulationen darübe r anzustellen , wa s ic h empfand , al s di e W illenskraft des Standartenführers in mich eingedrungen war. Im Lauf der Ja h r zehnte verblaßten die Einzelheiten jener schrecklichen Tage, aber die Schmerze n dieser geistigen Vergewaltigung, Abscheu un d Ekel , sorgte n imme r noc h dafür , da ß ic h stöhnen d au s A l p träume n erwachte . Ic h unterrichtet e weiter , forscht e weite r und schleppt e mic h durc h da s grau e Einerle i meine r tägliche n R o u tine . Letzte s Frühjah r wacht e ic h eine s Morgen s au f un d stellte fest , da ß ic h al t wurde . E s ware n fas t sechzeh n Jahr e verg a n gen , s e i t ic h da s Gesich t au f de m Videoban d gesehe n hatte. Wen n e s de n Standartenführe r wirklic h gab , fall s e r irgendwo au f de r Wel t noc h lebte , mußt e e r inzwische n ei n seh r alter Mann sein. Ich mußte an die zahnlosen, zitternden alten M ä n ne r denken , di e imme r n o ch als Kriegsverbrecher entlarvt w u r den . Höchstwahrscheinlic h wa r de r Standartenführe r tot.
Ich hatte vergessen, daß Monster nicht sterben. Sie müssen getöte t werden.
Vo r nich t einma l fün f Monate n stie ß ic h au f eine r Straß e in Ne w Yor k fas t mi t de m Standa r tenführe r zusammen . E s war ein drückend schwüler Juniabend. Ich befand mich in der Nähe des Central Park West, ging spazieren, dachte nach und stellte i m Geist e eine n Artike l übe r di e Gefängnisrefor m zusammen, als der Standartenführer keine zwanzig Meter v on mir entfernt au s eine m Restauran t ka m un d ei n Tax i rief . Ein e Fra u wa r bei ihm, eine ältere Dame, aber immer noch wunderschön, deren weiße s Haa r au f ei n teure s Abendklei d au s weiße r Seid e fiel. De r Standartenführe r selbs t tru g eine n dunkle n Anzug . E r s a h braungebrannt und durchtrainiert aus. Er hatte den größten Teil seine s Haare s verloren , de r Res t wa r nich t meh r blond , sondern grau , abe r sei n Gesicht , da s kantige r un d i m Alte r runzliger wurde, war noch in dieselben scharfgeschnittenen Flächen g e meißelt , di e Grausamkei t un d Herrschsuch t ausdrückten.
Nac h einige n Sekunden , i n dene n ic h nu r dastan d un d ihn anstarrte , lie f ic h de m Tax i hinterher . E s fädelt e sic h i n den Verkehr ein, und ich sprang im verzweifelten Versuch, es noch z u erwischen , vo r ander e Au tos. Die beiden auf dem Rücksitz drehte n sic h nich t einma l um . Da s Tax i verschwan d i m Ve r kehr , un d ic h taumelt e zu m Bordstei n un d brac h fas t zus a m men.
De r maîtr e i m Restauran t konnt e mi r nich t helfen . Ja , an diesem Abend hatte ein distinguiertes älteres Pa a r be i ihnen gespeist , abe r e r kannt e ihr e Name n nicht . Nein , si e hatte n k e i ne n Tisc h vorbestellt.
Ic h durchsucht e wochenlan g da s Geländ e run d u m den
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