Kraft des Bösen
Man n lie ß di e weißen Zähn e sehen, und der Neger nickte mit dem Kopf, was ich als Abschiedsgruß wertete. Dann waren wir allein. Nina und ich ware n allein.
Nich t gan z allein . Mi ß Krame r stan d nebe n Nin a a m Ende de s Flurs . Mr . Thorn e hiel t sic h hinte r de r Schwingtü r i n der Küch e auf . Ic h lie ß ih n da.
Mi ß Krame r ka m dre i Schritt e näher . Mi r stockt e einen Momen t de r Atem . Mr . Thorn e legt e ein e Han d au f die Schwingtür . Dan n macht e di e heiser e klein e Brünett e di e Tür de s Garderobenschrank s auf , holt e Nina s Mante l heraus , ging eine n Schrit t zurüc k un d hal f ih r hinein.
»Bist du sicher, daß du nicht bleiben möchtest?«
»Nein, danke, Darling. Ich habe Barrett versprochen, daß wi r heut e noc h nac h Hilto n Hea d fahren.«
»Abe r e s is t spä t …«
»Wi r habe n reserviert . Trotzde m viele n Dank , Melanie . Ich w erd e mic h melden.«
»Ja.«
»I m Ernst , Liebes . Wi r müsse n miteinande r reden . Ic h v e r steh e genau, wi e d u dic h fühlst , abe r d u solltes t bedenken , daß da s ›Spiel ‹ fü r Will i imme r noc h wichti g ist . Wi r müsse n einen We g finden , e s z u beenden , ohn e sein e Gefühl e z u verletzen. Vielleich t könne n wi r ih n nächste s Frühjah r i n Karinhal l be s u chen, oder wie er sein düsteres bayerisches Anwesen auch i m me r nennt . Ein e Reis e zu m Kontinen t würd e Wunde r be i dir wirken, Liebes.«
»Ja.«
»Ic h werde mich , melden. Wenn die Eröffnung de s neuen Laden s übe r di e Bühn e ist . Wi r müsse n etwa s Zei t zusammen verbringen, Melanie … nur wir beide … wie in alten Zeiten.« Ihr e Lippe n küßte n di e Luf t nebe n meine r Wange . Si e hielt mic h fes t a n de n Unterarmen . »Au f Wiedersehen , Darling.«
»Au f Wieders e hen , Nina.«
Ich trug den Cognacschwenker in die Küche. Mr. Thorne nahm ih n schweigend.
»Vergewisser n Si e sich , da ß da s Hau s siche r ist« , sagt e ich. E r nickt e un d überprüft e di e Schlösse r un d di e Alarmanlage . Es war erst Viertel vor zehn, aber ich war tod m üde . Alter , dachte ich . Ic h gin g di e breit e Trepp e hinauf , vielleich t di e schönste Einrichtun g de s Hauses , un d macht e mic h für s Bet t zurecht . Es hatt e angefange n z u stürmen , un d da s Prassel n kalte r Reg e n tropfen ans Fenster besaß einen eigenen traurigen Rhy thmus.
Mr . Thorn e sa h herein , al s ic h mei n Haa r bürstet e und wünschte , e s wär e länger . Ic h dreht e mic h z u ih m um . E r griff in die Tasche seines dunklen Sakkos. Als die Hand wieder h e rauskam, glitzerte eine kleine Klinge darin. Ich nickte. Er ließ die Klin g e i n de r Handfläch e verschwinde n un d macht e di e Tür zu . Ic h horchte , wi e sein e Schritt e di e Trepp e hinunte r z u dem Sesse l i n de r Eingangsdiel e gingen , w o e r di e Nach t verbringen würde.
Ic h glaube , i n diese r Nach t träumt e ic h vo n Vampiren , oder vielleich t d achte ich kurz vor dem Einschlafen an sie, und ein Bruchstüc k blie b mi r bi s zu m Morge n gewärtig . Vo n allen selbstgeschaffenen Schrecken, allen pathetischen kleinen Monster n is t einzi g un d allei n de m Vampi r - Mytho s ei n gew i s se s Ma ß a n Würd e eigen . De r Vampi r mu ß seine n eigenen dunkle n Zwänge n gehorchen , wi e di e Menschen , vo n dene n er sic h ernährt . Abe r i m Gegensat z z u seine r erbarmenswerten menschliche n Beut e führ t de r Vampi r sei n böse s Tu n de s e i n zigen möglichen Zieles wegen aus, das derlei Handlungen recht f ertige n könnt e des Ziels buchstäblicher Unsterblichkeit. Dari n lieg t etwa s Edles . Un d etwa s Schwermütiges.
Will i hatt e recht ; ic h wa r gealtert . Da s vergangen e Jah r hatte eine n höhere n Tribu t geforder t al s da s letzt e Jahrzehnt . Aber ic h hatt e mic h nich t › gespeist‹. Trotz des Hungers, trotz des gealterten Ebenbilds im Spiegel, trotz des dunklen Zwangs, der unse r Lebe n s o lang e beherrsch t hatte . Ich hatte mich nicht ›gespeist‹.
Ic h schlie f ei n un d versucht e mic h a n di e Einzelheite n von Charles ’ Gesich t z u er innern.
Ic h schlie f hungri g ein.
2. Kapitel
Beverly Hills: Samstag, 13. Dezember 1980
I m Vorgarte n vo n Ton y Harod s Hau s stan d ei n großer , kre i s runde r Springbrunnen , i n de n di e Statu e eine s bocksbeinigen Satyr s urinierte , währen d e r mi t eine r ewige n Grima sse , die ma n entwede r al s gequält e Abneigun g ode r
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