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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vernagelten Fenstern und graffitiverschmierten Türen. Eine schmale Gasse verlief östlich von der Straße.
    Hinter ihnen kam der Bus um die Rechtskurve und den Hang herunter. Er knurrte wie ein weidwundes Tier, als der Fahrer zwei Gänge herunterschaltete.
    »Raus!« brüllte Gentry, Er hatte gerade noch Zeit, Natalies Koffer zu packen; sie nahm die Kameratasche. Sie liefen zu der Gasse rechts von ihnen.
    Der Bus fuhr rasend schnell, als er den Pinto am linken hinteren Kotflügel streifte. Das kleine Fahrzeug wurde einmal vollständig herumgewirbelt, Metall flog davon und die Heckscheibe zerbarst, während der Bus nach links holperte, fast umkippte, als die rechten Reifen die Böschung hinaufrutschten, die Bremslichter aufleuchteten und der Bus durch den Mischendrahtzaun donnerte und auf dem gefrorenen Schlamm des Parkplatzes zum Stillstand kam. Das Getriebe knirschte, dann stieß der Bus zurück, walzte über den umgerissenen Zaun, erfaßte den Pinto frontal an der Beifahrertür und schob den Mietwagen rückwärts, bis dieser keine zwanzig Schritte von der Gasse entfernt, wo Natalie und Gentry zusahen, am Bordstein eingeklemmt wurde. Der Pinto stieß gegen einen Feuerhydranten und kippte mit einem Kreischen reißenden Metalls um. Kein Wasser schoß aus dem zerbrochenen Hydranten, aber der Gestank von Benzin erfüllte die Nachtluft.
    »Das ist ein Alptraum«, sagte Natalie.
    Gentry stellte fest, daß er die Ruger herausgezogen hatte und in der rechten Hand hielt. Er schüttelte den Kopf und ließ sie wieder in der Manteltasche verschwinden.
    Der Bus wurde heruntergeschaltet, fuhr zur Straßenmitte und riß Chromleisten mit sich, die er mit Dieselschwaden einhüllte. Gentry zog Natalie ein Stück tiefer in die einszwanzig breite Gasse.
    »Wer steckt dahinter?« fragte Natalie.
    »Ich weiß nicht.« Zum erstenmal glaubte Gentry tief in seinem Innersten, nicht nur mit dem Kopf, daß menschliche Wesen zu dem fähig waren, was Saul und Natalie tatsächlich e r lebt hatten. Er konnte sich erinnern, wie er vor Jahren Der Exorzist gelesen und die Wonne des gottlosen Priesters verstanden hatte, als dieser Zeuge einer Macht wurde, die nur dämonischer Natur sein konnte. Die Existenz von Dämonen deutete auf die Existenz eines Gottes hin, wenn sie diese nicht sogar bewies, an dem der Priester zweifelte. Aber was bewies diese unglaubliche Kette von Ereignissen? Menschliche Perversion? Die Perfektion einer parapsychologischen Begabung, die schon immer Teil des menschlichen Wesens gewesen war?
    »Er hält an«, sagte Natalie. Der Bus war zur Böschung zurückgestoßen und hatte dort so scharf nach links gedreht, daß er wieder zu der bergigen Straße gewandt stand.
    »Vielleicht ist es vorbei«, sagte Gentry. Er legte einen Arm um die zitternde junge Frau neben sich. »Was immer auch geschieht, hier kann uns der verdammte Bus nicht erreichen.«
    Die Türen des Busses befanden sich auf der anderen Seite des Fahrzeugs, aber sie konnten beide das Zischen von Druckluft hören. Gentry konnte Silhouetten im trüben Schein der Innenbeleuchtung ausmachen, die nach vorn oder hinten gingen. Was mußten sie denken, als sie nach dieser irrsinnigen Fahrt aussteigen durften? Was machte der Fahrer jetzt? Gentry konnte nur einen großen Schatten erkennen, der über dem Lenkrad kauerte. Dann sah er die sieben Passagiere, die sich zögernd bewegten, drei vorn um den Bus herum, vier hinten. Sie gingen wie Poliokranke mit Stahlschienen, wie schlecht geführte Marionetten. Die anderen blieben stehen, während einer nach vorn ging, dann noch einer. Ein alter Mann ließ sich auf alle viere fallen und kam auf die Gasse zugekrochen, wobei er am Pflaster zu schnuppern schien.
    »Großer Gott«, hauchte Natalie.
    Sie rannten die schmale Gasse entlang, sprangen über Geröll, schürften sich Arme und Schultern an Backsteinmauern auf. Gentry merkte, daß er immer noch Natalies Koffer in der linken Hand trug, während er mit der rechten ihre Hand umklammerte. Das Ende der Gasse war mit rostigem Maschendraht versperrt. Hinter ihnen hörte Gentry ein schweres, animalisches Keuchen, als jemand in die schmale Passage kam. Er ließ Natalies Hand los, benützte den Koffer und seinen Körper als Rammbock und riß den Drahtzaun los.
    Sie gelangten auf eine Straße, die rechts eine Sackgasse bildete, aber links verlief sie unter einer dunklen Eisenbahnbrücke bergab und an erleuchteten Reihenhäusern vorbei weiter nach Norden. Gentry drehte sich nach links um und

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