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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Buntglasfenster. Natalie fühlte sich taub, als hätte ihr ganzer Körper eine große Dosis Novocain bekommen. Jede Nacht schloß sie die Augen und sah Rob Gentry, der sie anstarrte. In seinen blauen Augen leuchtete eine Sekunde lang der schreckliche, vorübergehende Triumph, bevor die Messerklinge auftauchte und durch die Luft sauste ...
    Natalie trank das Bier leer, verstaute die Flasche wieder in der Handtasche und fühlte sich vage schuldig, weil sie so früh trank, während andere arbeiteten. Sie zog das erste Bündel Schnellhefter heraus: stapelweise fotokopierte Bilder und schriftliche Informationen über das Sein der zwanziger und dreißiger Jahre, Polizeiberichte, die Wiesenthals Assistenten übersetzt hatten, eine schmale Biographie von Nina Drayton, die der verstorbene Francis Harrington getippt und die Saul mit seiner krakeligen, unleserlichen Handschrift ergänzt hatte.
    Natalie seufzte und begann zu arbeiten.
    Sie fuhren am frühen Nachmittag zurück nach Süden und nahmen in Haifa ein verspätetes Mittagessen ein, bevor alles w> gen des Sabbat schloß. Sie holten sich Falafels an einem Stand in der HaNevi’im Street und mampften sie, während sie zum belebten Hafen hinunterliefen. Mehrere Schwarzmarkthändler lungerten in der Nähe herum und versuchten, Zahnpasta, Blue Jeans und Rolex-Uhren zu verkaufen, aber Saul schnappte etwas auf hebräisch, worauf sie sich zurückzogen. Natalie lehnte sich an ein Geländer und betrachtete einen großen Frachter, der aufs offene Meer hinaus fuhr.
    Sie sagte: »Wie lange dauert es, bis wir nach Amerika zurückkönnen, Saul?«
    »Ich werde in drei Wochen bereit sein. Möglicherweise früher. Was meinen Sie, wann werden Sie bereit sein?«
    »Niemals«, sagte Natalie.
    Saul nickte. »Aber wann werden Sie zurückkehren können?«
    »Jederzeit«, sagte Natalie. »Je früher, desto besser.« Sie atmete tief durch. »Herrgott, beim Gedanken daran, zurückzukehren, bekomme ich weiche Knie.«
    »Ja«, stimmte Saul zu. »Das beruht auf Gegenseitigkeit. Gehen wir noch einmal unsere Fakten und Vermutungen durch, ob es eine Schwachstelle in unserem Plan gibt.«
    »Ich bin die Schwachstelle«, sagte Natalie.
    »Nein«, sagte Saul. Er sah blinzelnd auf das Wasser hinaus. »Na gut, wir gehen davon aus, daß Aarons Informationen korrekt waren und es - mindestens - fünf von ihnen in den Hauptrollen gibt: Barent, Trask, Colben, Kepler und der Prediger namens Sutter. Ich habe gesehen, wie Trask durch den Standartenführer getötet wurde. Wir gehen davon aus, daß Mr. Colben durch Melanie Fullers Zutun aus dem Leben scheiden mußte. Damit bleiben drei von der Gruppe.«
    »Vier, wenn Sie Harod mitzählen«, sagte Natalie.
    »Ja«, sagte Saul. »Wir wissen, daß er auf der Bildfläche erschienen ist und in Übereinkunft mit Colbens Männern gehandelt hat. Also vier. Möglicherweise Agent Haines, aber ich glaube, er ist mehr Instrument als Drahtzieher, Frage: Warum hat der Standartenführer Trask getötet?«
    »Rache?« sagte Natalie.
    »Möglich, aber ich habe den Eindruck, als würde hier ein Machtkampf stattfinden. Gehen wir einmal davon aus, daß die ganze Charade in Philadelphia nur darauf abzielte, den Standartenführer zu finden, und nicht diese Fuller. Barent hat mich nur am Leben gelassen, weil ich auch als Waffe gegen den Standartenführer eingesetzt werden sollte. Aber warum hat mich der Standartenführer am Leben gelassen ... und Sie und Rob mit in die Gleichung eingebracht?«
    »Um die Lage zu komplizieren? Als Ablenkungsmanöver?«
    »Möglich«, sagte Saul, »aber kehren wir zu einer früheren Mutmaßung zurück und sagen wir, er hat uns indirekt als Instrumente benützt. Es besteht kein Zweifel daran, daß Jensen Luhar William Bordens Assistent in Hollywood war. Jack Cohen hat Harringtons diesbezügliche Aufzeichnungen bestätigt. Luhar hat sich im Flugzeug mit Ihnen bekannt gemacht. Dazu bestand keine Veranlassung, es sei denn, der Standartenführer wollte uns beide wissen lassen, daß er uns manipuliert. Und der Standartenführer hat große Mühe auf sich genommen, Barents und Colbens Handlanger davon zu überzeugen, daß ich nach der Explosion in Philadelphia in den Flammen umgekommen bin. Warum?«
    »Er hat noch Verwendung für Sie«, sagte Natalie.
    »Genau. Aber warum hat er nicht jeden von uns direkt benützt?«
    »Vielleicht war das zu schwer für ihn«, sagte Natalie. »Nähe scheint für diese Gedankenvampire wichtig zu sein. Vielleicht war er gar nicht in

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