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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Warum sollte die US- Regierung diesen Kriegsverbrecher decken?«
    »Das tut sie nicht«, sagte Saul. »Bestimmte Gruppen innerhalb der Regierung versuchen ihn so verzweifelt zu finden wie wir, aber aus eigenen Gründen. Glauben Sie mir, Jack, ich könnte Ihnen mehr erzählen, aber es würde nicht zu Ihrem Verständnis beitragen. Vieles an dieser Sache entzieht sich jeder Logik.«
    »Großartig«, sagte Cohen sarkastisch. »Wenn Sie mir nicht mehr erzählen, kann ich unmöglich die Agentur einschalten, so sehr auch alle David Eshkol respektieren.«
    »Das ist wahrscheinlich auch besser so«, sagte Saul. »Sie haben ja gesehen, was passiert ist, als Aaron und ihr Freund Levi Cole hineingezogen wurden. Mir ist endlich klar geworden, daß eben nicht in letzter Sekunde Trompetenstöße ertönen und die Kavallerie über den Hügel geritten kommen werden. Ich habe mein Handeln buchstäblich jahrzehntelang hinausgezögert und auf die Kavallerie gewartet. Jetzt ist mir klar geworden, daß ich es selbst tun muß ... und Natalie denkt genau so.«
    »Quatsch«, sagte Cohen.
    »Ja«, stimmte Saul zu, »aber unser aller Leben wird bis zu einem gewissen Grad vom Glauben an Quatsch regiert. Vor einem Jahrhundert war der Zionismus vollkommener Quatsch, aber heute ist unsere Grenze - die Grenze Israels - die einzige rein politische Grenze, die aus dem Orbit zu sehen ist. Wo die Bäume aufhören und die Wüste anfängt, da hört Israel auf.«
    »Sie wechseln das Thema«, sagte Cohen nüchtern. »Ich habe das alles gemacht, weil ich Ihren Neffen mochte und Levi Cole wie meinen eigenen Sohn geliebt habe und glaube, daß Sie hinter ihren Mördern her sind. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Und die Frau, die nach Ihrer Meinung nach Charleston zurückgekehrt ist, die ist kein Opfer, sondern gehört dazu?«
    »Sie gehört dazu, ja«, sagte Saul.
    »Und Ihr Standartenführer tötet immer noch Juden?«
    Saul zögerte. »Er bringt unschuldige Menschen um, ja.«
    »Und dieser Putz in Los Angeles steckt auch mit drin?«
    »Ja.«
    »Nun gut«, sagte Cohen, »ich helfe Ihnen auch weiterhin, aber eines Tages folgt die Rechnung.«
    »Wenn es hilft«, sagte Saul, »Natalie und ich haben einen versiegelten Briefumschlag bei David Eshkol hinterlassen. Wenn Natalie und ich sterben oder verschwinden, werden David oder sein Nachlaßverwalter diesen Brief öffnen. Sie haben Anweisung, Ihnen den Inhalt mitzuteilen.«
    »Großartig«, sagte Cohen wieder. »Ich kann es kaum erwarten, bis Sie beide tot sind oder vermißt werden.«
    Sie fuhren schweigend weiter Richtung Los Angeles. Natalie träumte, daß sie und Rob und ihr Vater durch die Altstadt von Charleston schlenderten. Es war ein wunderschöner Frühlingsabend. Die Sterne funkelten hinter Palmen und frischen Knospen; die Luft roch nach Mimosen und Hyazinthen. Plötzlich kam ein Hund mit hellem Kopf auf dunklem Rumpf aus der Dunkelheit und knurrte sie an. Natalie hatte Angst, aber ihr Vater sagte ihr, daß der Hund nur Freundschaft schließen wolle. Er kniete nieder und streckte die rechte Hand aus, damit der Hund daran schnuppern konnte, aber der Hund biß zu, biß und kaute, knurrte und schluckte, bis die Hand verschwunden war, bis der Arm verschwunden war, bis ihr Vater verschwunden war. Da hatte sich der Hund verändert, war viel größer geworden, und Natalie stellte fest, daß sie kleiner geworden war, wieder zu einem kleinen Mädchen. Dann wandte sich der Hund ihr zu, sein unpassend weißer Kopf schien im Licht der Sterne zu leuchten, und sie hatte solche Angst, daß sie weder schreien noch weglaufen konnte. Rob strich ihr über die Wange und stellte sich vor sie, als der Hund gerade zum Sprung ansetzte. Dieser prallte gegen Robs Brust und stieß ihn um. Während sie miteinander kämpften, stellte Natalie fest, daß der seltsame Kopf des Hundes kleiner wurde, verschwand. Dann merkte sie, daß der Hund sich in Robs Brust hineingefressen hatte. Sie konnte seine Freßgeräusche hören.
    Natalie ließ sich auf den Gehweg plumpsen. Sie trug Schlittschuhe und das blaue Kleid, das sie von ihrer Lieblingstante zum sechsten Geburtstag bekommen hatte. Robs Rücken war vor ihr, eine große, graue Mauer. Sie sah die Pistole im Halfter an seiner Hüfte, aber diese war mit einer Lederlasche und einer Schnalle gesichert, und sie brachte es nicht über sich, danach zu greifen. Sein ganzer Körper erbebte unter den brutalen Attacken des Tiers, und sie konnte die Reiß- und Kaugeräusche sehr deutlich hören.
    Sie

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