Kraft des Bösen
Revolver auf Natalie gerichtet, während er nervös den Lieferwagen im Auge behielt. »Bewegen Sie keinen Muskel«, rief er ihr zu, als er hinter der offenen Fahrertür stand. »Wenn jemand da drin ist, sollten Sie ihnen besser sagen, sie sollen auf der Stelle rauskommen.«
»Ich bin ganz allein«, sagte Natalie. »Was geht hier vor? Ich habe nichts getan .«
»Seien Sie still«, sagte der Deputy. Er sprang mit einer plötzlichen, linkischen Bewegung vor den Fahrersitz, richtete die Pistole ins Innere des Lieferwagens und entspannte sich sichtlich. Er befand sich noch immer halb in dem Fahrzeug, als er die Waffe wieder auf Natalie richtete. »Eine Bewegung, Missy, und ich schieße Sie in Stücke.«
Natalie lag unbequem mit den Ellbogen im Staub, hatte die Hände im Nacken verschränkt und versuchte, den schlaksigen Deputy über die Schulter hinweg anzusehen. Die Pistole, die er auf sie gerichtet hatte, schien unverhältnismäßig groß zu sein. Eine Stelle an ihrem Rücken, zwischen den Schulterblättern, schmerzte regelrecht vor Verkrampfung und der Vorstellung, dort eine Kugel verpaßt zu bekommen. Was würde geschehen, wenn er doch einer von ihnen war?
»Hände hinter den Rücken. Sofort!«
Kaum berührten Natalies Hände ihren verlängerten Rücken, kam er herübergestapft und legte ihr Handschellen an. Natalies Wange wurde auf den Boden gedrückt, und sie schmeckte Staub. »Haben Sie nicht die Absicht, mir meine Rechte vorzulesen?« sagte sie und spürte, wie Adrenalin und Wut ihre fast lähmende Angst vertrieben.
»Scheiß auf Ihre Rechte, Missy«, sagte der Deputy, der sich aufrichtete und sichtlich weniger nervös wirkte. Er steckte die Pistole mit dem langen Lauf ins Halfter. »Stehen Sie auf. Wir werden das FBI hier raufholen und feststellen, was hier eigentlich los ist.«
»Gute Idee«, sagte eine gedämpfte Stimme hinter ihnen.
Natalie drehte sich zur Seite und erblickte Saul, der mit Gesichtsmaske und Spiegelbrille angetan um die Front des Lieferwagens herum kam. Er hielt die Colt Automatik ausgestreckt in der rechten Hand, die klobige Pfeilpistole hatte er an der linken Seite hängen.
»Denken Sie nicht einmal daran!« schnappte Saul, worauf der Deputy mitten in der Bewegung erstarrte. Natalie betrachtete die gezückte Waffe, die schwarze Maske, die silberne Spiegelbrille und verspürte selbst Angst. »Mit dem Gesicht auf den Boden. Sofort!« befahl Saul.
Der Deputy schien zu zögern, und Natalie wußte, daß sein Stolz im Wettstreit mit seinem Überlebensinstinkt lag. Saul spannte den Hahn der Automatik mit einem hörbaren Klick. Der Deputy sank auf die Knie und ließ sich auf den Bauch fallen.
Natalie rollte sich weg und sah zu. Es war ein gefährlicher Augenblick. Der Deputy hatte die Waffe immer noch im Halfter. Saul hätte ihn zwingen sollen, sie wegzuwerfen, bevor er ihn sich hinlegen ließ. Jetzt mußte Saul in seine Reichweite gehen, um sie zu holen. Wir sind alle Amateure, dachte sie. Sie wünschte sich, Saul würde dem Deputy einfach einen Betäubungspfeil in den Hintern schießen und es hinter sich bringen.
Statt dessen ging Saul rasch nach vorn, stemmte dem dünnen Mann ein Knie auf den Rücken und drückte ihm mit dem Lauf des Colts das Gesicht in den Staub. Saul schleuderte die Pistole des Deputy drei Meter weg, dann warf er Natalie einen Schlüsselring zu. »Mit einem lassen sich die Handschellen öffnen«, rief er ihr zu.
»Vielen Dank«, sagte Natalie, die sich bemühte, die Hände unter den Po zu bekommen und die Füße nacheinander hindurchzuziehen.
»Zeit zu reden«, sagte Saul zu dem Deputy und drückte ihm die Pistole noch fester in den Nacken. »Wer hat die ganzen Straßensperren veranlaßt?«
»Lecken Sie mich«, sagte der Deputy.
Saul stand rasch auf, wich vier Schritte zurück und feuerte mit der Automatik zehn Zentimeter vom Gesicht des Mannes entfernt in den Boden. Natalie ließ die Schlüssel fallen, als sie den Schuß hörte.
»Falsche Antwort«, sagte Saul. »Ich verlange nicht von Ihnen, Staatsgeheimnisse zu verraten, ich will wissen, wer diese Straßensperren angeordnet hat. Wenn ich nicht in fünf Sekunden eine Antwort bekomme, schieße ich Ihnen eine Kugel in den linken Fuß und arbeite mich weiter an Ihrem Bein hoch, bis ich erfahren habe, was ich wissen will. Eins ... zwei .«
»Sie Dreckskerl«, sagte der Deputy.
»Drei ... vier .«
»Das FBI!« sagte der Deputy.
»Wer im FBI?«
»Das weiß ich nicht!«
»Eins ... zwei ... drei
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