Kraft des Bösen
Händlers, der auf dem Schlüsselring stand.
»Wo wohnen Sie?« fragte der Beamte.
Saul zögerte eine Sekunde. In dem falschen Paß und dem Führerschein, die Jack Cohen ihm gegeben hatte, stand eine New Yorker Adresse. »San Diego«, sagte Saul. »Bin vor zwei Monaten dorthin gezogen.«
»Wohnsitz in San Diego?« Der Beamte war ganz liebenswürdige Geschwätzigkeit, aber Saul stellte fest, daß er die rechte Hand auf dem Holzgriff der Waffe liegen und den ledernen Haltegurt gelöst hatte.
Saul war erst einmal in San Diego gewesen, vor sechs Tagen, als Jack Cohen auf der Interstate mit ihnen durchgefahren war. Seine Nervosität und Reisemüdigkeit waren so groß gewesen, daß in dieser Nacht jeder Anblick und jedes Geräusch einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Er konnte sich an mindestens drei Ausfahrtsschilder erinnern. »Sherwood Estates«, sagte er. »1990 Spruce Drive, an der Linda Vista Road.«
»O ja«, sagte der Beamte. »Mein Schwager hatte seine Zahnarztpraxis in der Linda Vista. In der Nähe der Universität?«
»Nicht allzu nahe«, sagte Saul. »Ich gehe davon aus, daß Sie mir nicht sagen werden, was los ist.«
Der Polizist sah ins Heck des Fahrzeugs, als wollte er erkennen, was sich in den Kisten befand. »Ärger oben beim Lake Elsinore«, sagte er. »Was sagten Sie, wo haben Sie gecampt?«
»Das habe ich gar nicht gesagt«, antwortete Saul, »aber es war auf der Little Margarita. Und wenn ich nicht bald nach Hause komme, versäumt meine Frau die Kirche, und ich bekomme eine Menge Ärger.«
Der Beamte nickte. »Sie haben nicht zufällig einen blauen oder schwarzen Lieferwagen da oben gesehen, oder?«
»Nee.«
»Habe ich mir gedacht. Es gibt keine Wege zwischen dort und dem Gebiet um den Cot Lake, Wie ist es mit Leuten zu Fuß? Eine schwarze Frau? Mitte Zwanzig? Älterer Mann, möglicherweise Palästinenser?«
»Einen Palästinenser?« sagte Saul. »Nein, ich habe niemand gesehen, außer einem weißen Paar namens Heather und Carl. Die sind in den Flitterwochen da oben. Ich habe versucht, ihnen aus dem Weg zu gehen. Haben wir es hier mit einem Terroranschlag aus dem Mittleren Osten zu tun?«
»Könnte sein«, sagte der Polizist. »Wir suchen nach einem schwarzen Mädchen und einem Palästinenser, die ein ganzes Waffenarsenal bei sich haben. Mir ist Ihr Akzent aufgefallen, Mr..«
»Grotzman«, sagte Saul. »Sol Grotzman.«
»Ungarisch?«
»Polnisch«, sagte Saul. »Aber ich bin seit kurz nach dem Krieg amerikanischer Staatsbürger.«
»Ja, Sir. Bedeuten diese Zahlen das, was ich vermute?«
Saul sah nach unten auf seinen Arm, der mit hochgekrempeltem Ärmel auf dem Fenster lag. »Das ist eine Tätowierung aus einem Konzentrationslager der Nazis«, sagte er.
Der Polizist nickte langsam. »Habe ich noch nie gesehen, Mr. Grotzman. Tut mir wirklich leid, daß ich Sie aufhalten muß, aber ich habe nur noch eine wichtige Frage.«
»Ja?«
Der Beamte wich einen Schritt zurück, legte die Hand wieder auf den Revolver und sah zum Heck des Toyota. »Was kostet einen so ein japanischer Jeep eigentlich?«
Saul lachte. »Wenn Sie meine Frau fragen, zuviel, Officer. Viel zuviel.« Er nickte den beiden Männern zu und fuhr weiter.
Sie fuhren durch San Diego, auf der I-8 nach Osten und weiter nach Yuma, wo sie den Toyota in einer Seitenstraße parkten und bei McDonald’s etwas essen gingen.
»Wird Zeit, einen anderen Wagen zu besorgen«, sagte Saul, während er einen Milchshake trank. Manchmal fragte er sich, was seine koschere Großmutter sagen würde, wenn sie ihn so sehen könnte.
»So schnell?« sagte Natalie. »Lernen wir jetzt, wie man kurzschließt?«
»Können Sie, wenn Sie wollen«, sagte Saul. »Aber ich habe an eine einfachere Methode gedacht.« Er nickte zu einem Gebrauchtwagenhändler auf der anderen Straßenseite. »Wir können etwas von den dreißigtausend Dollar erübrigen, die mir ein Loch in den Koffer brennen.«
»Na gut«, sagte Natalie, »aber nehmen wir einen mit Klimaanlage. In den nächsten Tagen müssen wir durch jede Menge Wüste fahren.«
Sie verließen Yuma in einem drei Jahre alten Chevrolet Kombi mit Klimaanlage, Servolenkung, Bremskraftverstärkern und elektrisch verstellbaren Scheiben. Saul brachten den Händler zweimal aus der Fassung - erstens, als er fragte, ob das Auto auch elektrisch betriebene Aschenbecher hatte, und zweitens, als er den geforderten Preis bezahlte, ohne zu feilschen. Es entpuppte sich als Glück, daß sie keine Zeit mit
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