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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Quadrat.
    Saul sah die Bedrohung sofort, die Sutter für den Standartenführer darstellte. Ein >durchgebrachter< Bauer, der die achte Reihe erreichte, konnte die Rolle einer jeden Figur annehmen.
    Aber Sutter befand sich erst in der fünften Reihe. Als Läufer kontrollierte Saul die Diagonale, auf der sich auch das Quadrat der sechsten Reihe befand. In diesem Augenblick schien es wahrscheinlich, daß er - Saul - aufgefordert werden würde, Sutter zu >schlagen<. So sehr Saul den ekelhaften Heuchler verabscheute, beschloß er in diesem Augenblick, daß er nie wieder zulassen würde, in dieser Weise von dem Standartenführer benützt zu werden. Der Befehl, Sutter zu töten, würde bedeuten, daß sich Saul gegen den Standartenführer wandte, ob er eine Chance hatte oder nicht.
    Saul schloß die Augen und wäre fast in den Traumschlaf geglitten. Er schreckte hoch und preßte die verletzte linke Hand, damit die Schmerzen ihn wieder weckten. Sein rechter Arm kribbelte von der Schulter an abwärts, die Finger der rechten Hand sprachen kaum an, als er sie bewegen wollte.
    Saul fragte sich, wo Natalie stecken mochte. Warum, um alles in der Welt, hatte sie die alte Frau nicht zum Handeln gezwungen? Miß Sewell stand weit entfernt auf dem dritten Quadrat in der Reihe des Königsturms, eine vergessene Statue, deren Blick sich in den schattigen Deckenbalken des großen Saals verlor.
    »Läufer auf König drei«, sagte der Standartenführer.
    Saul zwang sich, Luft zu holen, stolperte zu seiner früheren Position zurück und versperrte Sutter den Weg. Er konnte dem alten Mann nichts tun, solange der schwarze Bauer auf einem weißen Feld blieb. Sutter konnte ihm auch nichts tun, solange sie einander so gegenüberstanden.
    »König auf Läufer drei«, sagte Barent und trat ein Feld zurück. Swanson stand links hinter ihm.
    »Weißer König auf Springer vier«, verkündete der Standartenführer. Er kam einen Schritt näher zu Sutter und Saul.
    »Und der schwarze König zuckt nicht einmal zusammen«, rief Barent fast verspielt. »König auf K4.« Er ging schräg einen Schritt vor und stellte sich unmittelbar hinter Sutter. Die Figuren formierten sich zur Schlacht.
    Saul sah aus zwei Schritten Entfernung direkt in die grünen Augen von Reverend Jimmy Wayne Sutter. Er sah keine Panik darin, lediglich einen fragenden Blick, einen überwältigenden Wunsch zu verstehen, was da vor sich ging.
    Saul spürte, daß das Spiel in die letzten Augenblicke ging.
    »König auf Springer fünf«, verkündete der Standartenführer und trat auf das schwarze Feld in derselben Reihe wie Barent.
    Barent stutzte, sah sich um und ging eine Fliese nach rechts, weg von dem Standartenführer. »Herr General möchten Sie gerne eine Pause machen und Erfrischungen zu sich nehmen?
    Es ist nach halb drei Uhr morgens. Wir könnten in dreißig Minuten weitermachen, wenn wir beide eine Kleinigkeit gegessen haben.«
    »Nein!« bellte der Oberst. »Es ist, glaube ich, der fünfzigste Zug.« Er kam einen Schritt auf Barent zu und trat auf das weiße Quadrat neben das von Sutter. Der Prediger drehte sich nicht um oder sah über die linke Schulter. »König auf Läufer fünf«, sagte der Standartenführer.
    Barent wandte sich vom finsteren Blick des Standartenführers ab. »Bauer auf Turm vier, bitte«, rief er. »Miz Fuller, würde es Ihnen etwas ausmachen?«
    Ein Schauer lief durch die Frau in der fernen Turmreihe, und sie drehte den Kopf wie ein rostiger Wetterhahn. »Ja?«
    »Gehen Sie bitte ein Feld vor«, sagte Barent. Seine Stimme hatte einen leicht ängstlichen Unterton.
    »Gewiß, Sir«, sagte Miß Sewell und wollte einen Schritt vorwärts gehen. Sie hielt inne. »Mr. Barent, das bedeutet doch keine Gefahr für meine junge Dame, Sir, oder?«
    »Aber selbstverständlich nicht, Ma’am«, strahlte Barent.
    Miz Sewell ging barfuß vorwärts und blieb zwei Schritte von Tony Harod entfernt stehen.
    »Danke, Miz Fuller«, rief Barent.
    Der Standartenführer verschränkte die Arme. »Läufer auf Läufer zwo.«
    Saul ging ein Feld zurück und nach rechts. Er verstand den Zug nicht.
    Barent lächelte breit. »Bauer auf Springer vier«, sagte er sofort.
    Der Agent namens Swanson blinzelte und ging ruckartig zwei Schritte nach vorn - es war sein erster Zug, das einzige Mal, daß sich ein Bauer zwei Felder vorwärts bewegen kann - und stand jetzt in derselben Reihe wie der Standartenführer.
    Der Standartenführer seufzte und stellte sich dem Ablenkungsmanöver. »Sie greifen

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