Kraft des Bösen
hatte , i n de r andere n Reih e stehenzubleiben , hatt e Vate r dafür gesorgt, daß ich nicht in den Teil des Lagers kam, wo Familien zusammenlebe n konnten.
A m Morge n ga b ma n un s kalt e Kartoffelsupp e un d vert eilte Arbeitspläne. Meine Gruppe wurde in den Wald geführt. Dort wa r ein e Grub e ausgehobe n worden . Di e wa r mindesten s se c h zi g Mete r lang , ach t Mete r brei t un d mindesten s fün f Meter tief . Frisc h aufgeworfen e Erd e verrie t mir , da ß i n letzte r Zeit ander e Gru b e n i n de r Näh e zugeschaufel t worde n waren . Der Geruc h hätt e mi r alle s verrate n müssen , abe r ic h weigerte mich , e s z u glauben , bi s di e erste n Lastwage n de s Tage s eintr a fen . E s ware n dieselbe n Lastwagen , di e ic h tag s zuvo r gesehen hatte.
Sehen Sie, Chelmno w ar ein Testfall gewesen. Aufgrund der Erfahrungen , di e si e gemach t hatten , hatt e Himmle r befohlen, da ß Gaskammer n fü r Blausäur e errichte t wurden , abe r i n jenem Somme r benutzte n si e imme r noc h Kohlenmonoxi d i n ab g e dichtete n Kammer n un d di e buntbemalte n Last wagen.
Unsere Aufgabe bestand darin, die Leichen zu trennen, buchstäblic h auseinanderzubrechen , si e i n di e Grub e z u werfen un d Kal k darau f z u schütten , bevo r di e nächste n Lastwagen eintrafen. Die Gaslaster waren beileibe nicht wirkungsvoll g e nug . E s ka m v o r, daß bis zur Hälfte der Opfer die Abgase übe r lebte n un d a m Ran d de r Grub e vo n de n ›Totenkopfverbänden‹ erschosse n werde n mußten , di e dor t warteten , rauchte n und zwischen den Lastwagenkolonnen miteinander scherzten. Trotzde m ka m e s vor , da ß einig e Abga s u n d Erschießun g s kommando s überlebte n un d noc h zucken d begrabe n wurden.
A n diese m Aben d kehrt e ic h mi t Exkremente n un d Blu t v e r schmier t zu r Barack e zurück . I n de r Nach t überlegt e ich , o b ich sterben wollte, beschloß statt dessen aber zu leben. Trotz allem z u leben , i m Angesich t al l desse n z u leben , z u lebe n u m des Leben s willen.
Ic h lo g un d behauptete , ic h wär e de r Soh n eine s Zahnarzts un d selbs t zu m Zahnarz t ausgebilde t worden . Di e Aufseher lachte n angesicht s de r Vorstellun g eine s s o junge n Arzthelfers, abe r i n de r nächste n Woch e wurd e ic h de r Zahngrupp e zu g e teilt . Dre i ander e Jude n un d ic h suchte n di e nackte n Leichen nac h Ringen , Gold , alle m Wertvolle n ab . Wi r suchte n mit Stahlhake n i n Vagin a un d Anus . Dan n entfernt e ic h Goldpl o m be n un d Krone n mi t eine r Zan g e . Ic h wurd e häufi g zu m Arb e i te n i n di e ›Grube ‹ hinuntergeschickt . Ei n Oberscharführe r der SS namens Bauer warf mir Dreckklumpen auf den Kopf und lachte . E r hatt e selbs t zwe i Goldzähne.
Nac h eine r ode r zwe i Woche n wurde n di e Jude n de r B e gräbnisgruppe rout i nemäßi g erschosse n un d durc h Neu a n kömmling e ersetzt . Ic h wa r jede n Morge n sicher , da ß ic h a n die Reih e komme n würde . Jed e Nach t i n de r Baracke , wen n die älteren Männer den Kaddisch aufsagten und ich die Rufe ›Eli, Eli‹ von dunklen Pritschen aufsteigen hör t e , schlo ß ich verschweifelt e Pakt e mi t eine m Gott , a n de n ic h nich t mehr glaubte . ›Nu r noc h eine n Tag‹ , sagt e ich . ›Nu r noc h eine n e i n zige n Tag. ‹ Abe r a m meiste n glaubt e ic h a n meinen eigenen Wille n z u überleben . Vielleich t lit t ic h a n de r Überheblichkeit de s Heranwachsenden , abe r ic h wa r überzeugt , wen n ic h v e r bisse n genu g a n mei n Überlebe n glaubte , dan n würd e es zwangsläufi g auc h eintreten.
I m Augus t wurd e da s Lage r vergrößer t un d ic h aus un e r fin d liche n Gründe n de m ›Waldkommando ‹ zugeteilt . Wir fä l l te n B ä ume , risse n di e Stümpf e herau s un d transportierten St e i n e zu m Straßenbau . All e paa r Tag e wurde n sämtliche Arbeite r z u de n Lastwage n ode r direk t zu r ›Grube ‹ geführt. Auf diese Weise wurde der Arbeitstrupp immer ausgewechselt. Al s i m Novembe r de r erst e Schn e e fiel , wa r ic h länge r beim Wa l dkommando als alle anderen, abgesehen von Karski, dem alte n Kapo.«
»Wa s is t ei n Kapo? « fragt e Natalie.
»Ein Kapo ist ein Jude mit einer Peitsche.«
»Un d di e habe n de n Deutsche n geholfen?«
»Gelehrt e Abhandlunge n sin d übe r Kapo s un d ihr e Identif i zierun g mi t de n Naz i - Herre n geschriebe n worden« , sagt e Saul.
»Stanle y Elkin s un d ander e habe n
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