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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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entlegenen, ärmeren Stadtvierteln lebten. Es gab weni g G ründ e z u bleiben , viel e z u gehen.
    Abe r wi r blieben . Vorgesehe n war , da ß wi r Onke l Moische i m Jun i besuche n wollten , wi e immer , u m dan n z u entscheiden, o b wi r i n di e Stad t zurückkehre n wollten . Wi e nai v wi r waren.
    I m Mär z 194 0 vertrie b un s di e Gestap o au s u nsere n Häusern un d richtet e ei n jüdische s Gett o i n de r Stad t ein . A n meinem Geburtstag , a m 5 . April , wa r diese s Gett o bereit s völli g ab g e riegelt , Jude n wa r e s strengsten s verbote n z u reisen.
    Wieder richteten die Deutschen ein Gremium ein de n J u denra t –, un d diese s Ma l wurd e mei n Vate r auserwählt . Einer de r Ältesten , Chai m Rumkowski , ka m imme r i n unser e W o h nun g ei n Zimmer , i n de m wi r z u ach t schliefe n un d redete di e ganz e Nach t mi t meine m Vate r übe r di e Verwaltun g des Gettos. Unglaublicherweise wurde d i e Ordnun g trot z Überfü l lun g un d Hungersno t aufrechterhalten . Ic h gin g wiede r zur Schule . Wen n mei n Vate r nich t a n Ratssitzunge n teilnahm, arbeitet e e r sechzeh n Stunde n täglic h i n eine m de r Krank e n häuser , di e e r un d Rumkowsk i au s de m Nicht s aufgebau t h a t t e n.
    S o überlebte n wi r ei n paa r Jahre . Ic h wa r klei n fü r mei n A l ter , lernt e abe r bald , i m Gett o z u überleben , auc h wen n das bedeutete , z u stehlen , z u horte n ode r mi t deutsche n Soldaten Esse n un d Zigarette n z u tauschen . I m Somme r 194 1 finge n die Deutsche n an , viel e Jude n au s de m Weste n i n unse r Gett o zu bringen. Manche waren sogar von Luxemburg hertransportiert worden . Viel e ware n deutsch e Juden , di e au f un s ander e hera bsahen . Ic h wei ß noch , wi e ic h einma l i n eine n Strei t mi t einem ältere n Junge n verwickel t w u rde , eine m Jude n au s Frankfurt. E r wa r vie l größe r al s ich . Ic h wa r sechzehn , hätt e abe r pro blemlo s fü r dreizeh n gelte n können . Abe r ic h schlu g ih n nieder. Al s e r aufstehe n wollte , prügelt e ic h ih n mi t eine r Schiefertafel un d fügt e ih m ein e groß e Platzwun d e an der Stirn zu. Er war in de r Woch e zuvo r mi t eine m Güterzu g gekomme n un d noch seh r schwach . Ic h hab e vergessen , woru m e s be i de m Streit ging.
    Mein e Schweste r Stef a star b i n diese m Jah r a n Typhus . Wie viele tausend andere auch. Wir waren alle froh, daß de r Fr ü h lin g kam , obwoh l wi r Meldunge n übe r ei n weitere s Vorrücken de r Deutsche n a n de r Ostfron t hörten . Mei n Vate r wertet e den bevorstehende n Stur z Rußland s al s gute s Zeichen . E r glaubte, de r Krie g wär e i m Augus t z u Ende . E r gin g davo n aus , daß viel e Jud e n in neuen Städten im Osten angesiedelt werden würden . ›Vielleich t werde n wi r di e Bauern , di e ih r neue s Reich ernähren‹, pflegte er zu sagen, ›aber das Bauernleben ist nicht schlecht.‹
    I m Ma i wurde n di e meiste n deutsche n un d ausländischen Jude n nac h Oswie c im , Auschwitz , transportiert . Di e wenigsten vo n un s hatte n j e vo n Oswieci m gehört , bi s di e Transport e von unsere m Gett o dorthi n anfingen.
    Bi s z u diese m Frühlin g hatt e unse r Gett o al s gewaltiges
    Sammellage r gedient . Jetz t fuhre n di e Züg e vierma l täglich.
    A l s Mitglied des Judenrats war mein Vater gezwungen, beim Zusammentreibe n un d Abtranspor t vo n Tausende n z u helfen. Alle s gescha h überau s ordentlich . Mei n Vate r haßt e es . E r a r beitete rund um die Uhr im Krankenhaus, als wollte er Buße tun.
    Wi r kame n End e Jun i dran , etw a z u de r Zeit , d a wi r nor m a lerweis e z u Onke l Moische s Bauernho f aufgebroche n wären. Wi r siebe n wurde n aufgefordert , un s a m Bahnho f z u melden. Mein e Mutte r un d mei n jüngere r Brude r Jose f weinten . Aber wi r gingen . Ic h glaube , mei n Vate r wa r erleic h tert.
    Wir wurden nicht nach Auschwitz geschickt. Man brachte un s stat t desse n nac h Chelmno , eine m kein e siebzi g Kilometer vo n Lod z entfern t gelegene n Dorf . Ic h hatt e einma l einen Spielkamerade n gehabt , eine n kleine n Bursche n au s de r Pr o vinz , namen s Mordec h ai, dessen Familie aus Chelmno sta m m te . Vie l späte r erfuh r ich , da ß di e Deutsche n i n Chelmn o ihre erste n Versuch e mi t de m Vergase n durchgeführ t hatte n … im Winte r zuvor , al s di e arm e Stef a mi t Typhu s i m Sterbe n lag.
    I m Gegensat z z u viele n Geschichten , di e wi r

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