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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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einfach nur ungerecht, dachte er und drückte die halb gerauchte Rote Hand in den Ascher.
    »Schneidest du etwa mit?« Misstrauen.
    »Nein.« Je knapper, desto glaubwürdiger. Trotzdem erhielt Carstens keine Antwort. Er atmete ein, bis das Kratzen begann. Er wollte sich in seinem Geständnis nicht unterbrechen müssen:
    »In der Silvesternacht 99 erlag mein Kollege Dürr seinen Verletzungen, die er bei einem Schusswechsel davon getragen hatte. Angeblich mit der russischen Mafia. Rache für drei ihrer Prostituierten, die er halb tot geprügelt hat. Die Kugeln in Stirn und Brust stammen aus einer Waffe, die ich zuvor einem Verdächtigen entwendet habe. Sie befindet sich im Waffenschrank in meinem Keller. – Reicht dir das als Beweis?!« Wie immer unterschlug er, dass sein direkter Vorgesetzter ihm dieses Schnellverfahren nahegelegt hatte, bevor er als Polizeipräsident ausgeschieden war und es in neuer Funktion als der gute Herr Landrat ruhiger angehen ließ. Und lange nachdem der falsche Hund ihm untersagt hatte, in Sachen Magda weiter zu ermitteln.
    »Und du denkst, jetzt glaube ich dir?«, spöttelte der Andere.
    »Deine Sache!«, antwortete Carstens und konnte den Anderen überlegen hören.
    »Du hättest es mit mir genauso machen können. Was hat dich abgehalten?«
    »Dürr war ein perverses Schwein. Es ist besser, so jemanden im Einsatz zu verlieren, als erklären zu müssen, wie er es durch die Filter der Polizei geschafft hat. Bei dir liegt die Sache anders ...«
    »Moment!«, unterbrach der Andere ihn. »Hat Julia Dürr nicht mal was erwähnt? Er war doch so was wie dein Ziehsohn bei der Polizei?!«
    Carstens würdigte ihn keiner Antwort. Stattdessen betrachtete er den Schokoladenkuchen auf seinem Schreibtisch. Julia, seine gesetzlich Angetraute, hätte ihn eine Kalorienbombe genannt. Auch sie hatte es inzwischen hinter sich. Ebenfalls Krebs. Nicht die Lungen. Bauchspeicheldrüse. Kein sanftes Sterben.
    »Sagst du mir jetzt warum?«, schwenkte Carstens wieder um.
    »Nur für’s Protokoll: Ich habe Magda niemals auch nur angerührt. Sie ist einfach auf und davon.«
    »Ich sagte doch, das Tonband ist aus.«
    »Trau, schau, wem ...«
    »Du könntest mir alles sagen, und ich könnte nichts davon verwenden. Wie du es getan hast und wo. Wie du sie dazu gekriegt hast, mit dir zu gehen. Was auch immer.«
    »Und vor allem natürlich, wo ihre Leiche liegt ...«
    Carstens konnte den ironischen Unterton hören. Der Andere wusste, dass ein Mord ohne Leiche kein Mord war. Wenigstens nicht für einen Staatsanwalt, der ein junges Ding mit Neigung zu Hippieklamotten eher auf drogeninduzierter Welttournee sah. Er zog eine weitere Zigarette aus der Schachtel, ließ sie aber immer wieder nur durch die Finger auf die Tischplatte gleiten wie sonst einen Stift.
    »Du musst wirklich verrückt sein«, sagte der Andere, doch es klang wie eine Feststellung. »Aber es passt zu allem, was du mal gesagt hast. Dass du jeden Fall aufklären kannst. Früher oder später macht es bei dir Klick, und du kannst den Täter verstehen. Seine Beweggründe.«
    »So ist es auch.«
    »Deine Überheblichkeit hat mich schon immer angekotzt. Es ist einfach unglaublich!«, ätzte der Andere.
    »Das ist alles? Du wolltest mir etwas beweisen?«, schaltete Carstens auf betont ungläubig.
    »Du machst es schon wieder.«, seufzte der Andere erneut.
    »WAS?! ZURHÖLLENOCHEINS!«, fuhr Carstens ihn an, in der Hoffnung den richtigen Ton getroffen zu haben.
    »Du hörst was, interpretierst ... Das ist mühselig«, stöhnte der Andere. »Aber zugegebenermaßen auch menschlich. Und genau da liegt dein Problem.«
    Carstens entdeckte einige Kuchenkrümel auf dem Schreibtisch. Er leckte den Finger an, sammelte sie damit auf und steckte ihn in den Mund. Vanille, Schokolade und eine Spur Zitrone. Man konnte sagen, was man wollte. Von Kuchen verstand der Andere etwas wie kein Zweiter.
    »Ständig suchst du nach einem übergeordneten Sinn in allem. Julia stirbt an Krebs und du suchst nach einem Sinn. Glaubst, es liegt am ständigen Durchgangsverkehr vor eurem Haus. Anstatt das Offensichtliche zu akzeptieren. Ihre Zellen mutierten. Weil das Potenzial dazu genetisch in ihnen festgelegt ist. Es passiert früher oder später.«
    »Ist es das? Einen Menschen zu ermorden ist einfach nur genetisch in dir festgelegt?«
    »Ich sagte dir doch, du wirst mich nicht dazu bringen, irgendetwas zu gestehen. Für mich ist Magda eben einfach abgehauen. Und dabei bleibe ich. Ich hoffe ja

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