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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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Stefan.
    »Und drohen können wir ihm auch nicht, bei den Schlägern, die der immer bei sich hat«, steuerte Josef Weber bei.
    »Nicht immer«, warf Opa Dittus ein. »Abends schickt er manchmal alle weg und ist allein in seiner Halle.« Er stach seinen verlorenen Finger in die Luft. »Hab ich beobachtet!«
    Alle überdachten diese Information schweigend.
    Schließlich sagte Opa Dittus zu Josef Weber: »Hör mal, der Heinz, das ist doch ein kräftiger Kerl, oder?«
    Alle nickten einmütig bei der Vorstellung von Heinz Esch, dem zweiten Geschäftsführer des Energieparks. Ja, das war ein kräftiger Kerl.
    Fünf Minuten später saß auch Heinz Esch mit am Tisch und trank einen frisch aufgebrühten Kaffee.
    Am nächsten Morgen standen sie einträchtig zu fünft vor der Eingangstür des Geländes.
    Stefan zündete sich eine Zigarette an. »Funktioniert die Anlage heute?«
    Josef nickte. »Einwandfrei.«
    Ein schwarzer Ferrari fuhr vor, und der Türsteher stieg schwerfällig aus.
    »Haben Sie meinen Chef gesehen?«
    »Heute noch nicht«, antwortete Stefan, und die anderen schüttelten die Köpfe.
    Das Muskelpaket stieg wieder ein und fuhr in Richtung Bundesstraße davon.
    Heinz Esch hob schnüffelnd die Nase in die Luft. »Josef, ich glaub, da ist schon wieder was nicht in Ordnung.«
    Josef roch und nickte. »Stimmt, aber jetzt stört’s ja keinen mehr, oder?«
    Alle nickten grinsend. Opa Dittus erhob seinen unsichtbaren Finger. »Außerdem«, sagte er und schnupperte, »riecht es heute anders: Irgendwie nach Rosen und ... Jasmin und ... was ist das ... Moschus?«

Bis es einen auffrisst
    J ONER S TORESANG
    Angekommen?«, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Sie klang inzwischen ebenso alt und müde wie seine. Nur das Rasseln fehlte. Oder aber Carstens konnte es am Diensttelefon nur nicht hören.
    »Was?«, knurrte er zurück, während er mit dem Daumen die Schnittstelle in der Kuchenglasur glattstrich, bevor sie vollständig aushärtete.
    Der Andere seufzte. »Der Kuchen. Er war versprochen! Zu deinem letzten Tag.«
    Carstens verschaffte sich mit einem Nasehochziehen eine kurze Pause. Beinahe wäre es in den nächsten Hustenanfall übergegangen.
    »Nichts gekommen.« Carstens empfand seine Stimme als viel zu brummig. Er versuchte es sanfter. »Steht vielleicht noch unten in der Poststelle.«
    »Vielleicht?! Er muss! Ist vor drei Tagen rausgegangen.«
    »Hm...«, brummte Carstens wieder und lehnte sich im 1975er Direktorensessel zurück. Das ausgesessene Leder knarzte nicht mal mehr unter seinem Restgewicht. Nur noch einige Stunden, dann würden sie beide ausrangiert. Kein Grund für Wehmut.
    Carstens’ arthritische Finger fummelten eine Rote Hand aus der Verpackung. Der erste Zug schaffte es kaum die verkrebsten Bronchien hinab.
    »Das war’s dann endlich. Oder?«, sagte der Andere in die Stille hinein.
    »Es ist noch nicht vorbei«, antwortete Carstens im Brustton der Überzeugung. Eigentlich rasselte er es eher.
    »Doch, das ist es! Du hast gesagt, solange du Polizist bist. Schon vergessen?! Das ist morgen Geschichte. Und ich sehe keinen Streifenwagen vor dem Fenster. Oder warte ... Nein, da ist niemand, der mich verhaften will.«
    »Vielleicht gehe ich ja in Verlängerung.« Carstens konnte den Husten nicht mehr unterdrücken. Mit einer Hand hielt er die Sprechmuschel zu, mit der anderen ein Taschentuch vor den Mund. Rötlicher Auswurf gesellte sich zu den durchgetrockneten schwarzen Flecken darin. Als sich die Reste seiner Lungen wieder beruhigt hatten, hörte er das anhaltende Lachen des Anderen. Nicht abfällig. Aber auch nicht herzlich.
    »Komm schon, mein Dicker. Wir sind alt. Lass es gut sein!«
    Keinesfalls, dachte Carstens, und Magda materialisierte sich inmitten der Rauchschwaden. Magda, 22 Jahre, ihr Lachen versetzte ihm einen Stich. Seine erste Liebe. Inzwischen kaum mehr als verrottende Knochen. Verscharrt. Irgendwo hier, zwischen Gerolstein und Mayen. Womöglich konnte er ihre letzte Ruhestätte sogar von seinem Fenster aus sehen. Was vielleicht erklärte, dass sie es regelmäßig zwischen diese Wände schaffte.
    »Warum gibst du nicht endlich auf?«, drängte der Andere mehr, als dass er fragte.
    Aber Carstens schwieg. Wie immer in den letzten vierzig Jahren.
    »Hast du gehört?«, stocherte der Andere erwartungsgemäß nach.
    »Nicht bevor ich wenigstens weiß, warum du es getan hast.«
    Diesmal schwieg der Andere. Carstens konnte seinen Atem hören. Kein leichter Atem. Aber gesund. Es war

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