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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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Ich kann Sie so schlecht verstehen«, brüllte er durch das Gebläse. Frau Näckel beugte sich zu ihm hinunter. Ihre Lippen bewegten sich.
    »... kann nicht komplett darin versinken«, artikulierte sie laut und deutlich. »Da ist überall Schwingrasen. Man sinkt höchstens dreißig bis vierzig Zentimeter ein, dann halten einen die Wurzelmatten. Trotzdem ist es gefährlich, und man will ja auch nichts zerstören.« Sie richtete sich wieder auf, ging zu der anderen Kundin und befreite diese von der Trockenhaube. Mit wenigen Schritten begleitete sie die Frau zum Waschbecken und stellte das Wasser an. Vor Heinzwerners Augen verschwamm alles.
Schwingrasen
. Was zur Hölle war ein
Schwingrasen
? Ihm wurde heißer, als es die Temperatur der Trockenhaube jemals sein konnte. ...
Nicht komplett darin versinken
... Sein Magen verkrampfte sich. Wieder vibrierte sein Handy. Anscheinend hatte es endlich ein Netz gefunden, das bis in die Tiefen der Eifel hineinreichte. Mit zitternden Fingern berührte er das Display. Zwei Nachrichten. Eine von Natascha, die andere von Gisela. Schlagartig wurde es ihm kalt. Wie konnte sie ihm eine Nachricht schicken? »Ich bin schon ganz gespannt auf die Überraschung«, schrieb Gisela, und es dauerte einen Moment, bis er auch die kleinen Ziffern am oberen rechten Rand in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht hatte. Da stand 13 Uhr 15. Jetzt war es beinahe halb sechs. Die SMS hatte ihn mit über drei Stunden Verzögerung erreicht. Er spürte, wie sein Blutdruck sank. Heinzwerner öffnete Nataschas Nachricht. »Bin schon da. Wo bist du?«, schrieb sie. Heinzwerner erstarrte. Fassungslos sah er auf die Uhrzeit dieser SMS. Auch sie war zeitverzögert angekommen. Aber wenn Natascha schon vor vier Stunden hier angekommen war, warum war er ihr dann nicht begegnet? Wieder surrte das Telefon. Wieder Natascha. Diesmal eine Nachricht mit Bild. »Ich warte auf dich«, las er und wartete, bis sich das Foto langsam von oben nach unten aufbaute. Zuerst erkannte er nur nackte Haut. Dann einen weißen Streifen, ein Stück glänzenden Stoff. Ein Hemd oder eine ... Heinzwerner schluckte und schloss die Augen. Das konnte nicht ... Er zwang sich, die Lider zu öffnen und blickte auf eine weiße glänzende Bluse, unter der ein schwarzer Lederbüstenhalter aufblitzte. Ein Lederbüstenhalter, den er heute schon im Original vor sich gesehen hatte. Heinzwerner rang nach Luft. Wenn das Natascha war ... Seine Beine wurden weich. Die andere Kundin stand vom Waschbecken auf und hielt das Handtuch fest um ihren Kopf geschlungen. Sie trat an seine Seite und hob die Trockenhaube an. Rot lackierte Fingernägel auf seiner Schulter. Heinzwerner spürte, wie Finger über seine Wangen strichen und seinen Kopf nach hinten beugten. Warmer Atem an seinem Ohr. Heinzwerner riss die Augen auf.
    »Gisela«, röchelte er.
    »Schatz, die Überraschung ist dir voll und ganz gelungen. Vielleicht nicht ganz so, wie du es geplant hattest, aber das macht dir sicher nichts aus. Die Mails, die du geschrieben hast, waren so heiß. Das kannte ich gar nicht von dir.« Gisela ging um ihn herum, packte mit spitzen Fingern seinen Hemdkragen. Er sah die glänzenden Fingernägel und roch die frische Farbe in ihren Haaren. Das Leder ihres Mieders spannte über ihrer prallen Mitte und knarzte leise, als sie sich an ihn schmiegte. Mit der rechten Hand zog sie eine Gerte aus dem Schaft ihres Stiefels. »Es war auch sehr zuvorkommend von dir, mich immer in Kopie deiner Mails zu setzen. Das hat mir die Sache doch sehr erleichtert. Natascha hat nicht eine Sekunde gezweifelt, als ich sie in deinem Namen früher herbestellt habe.« Sie ließ ihn los und lächelte. Heinzwerner Morschenbroich begriff. Er glitt langsam aus dem Stuhl und spürte, wie er hart mit dem Kopf auf dem Waschbecken aufschlug. Oh, süßer Schmerz, dachte er noch, bevor er zu Boden sank und es um ihn herum dunkel wurde.

Der Nachbar
    J ACQUES B ERNDORF
    Als Alschowski in dem Dorf ankam und seine Wohnung bezog, war er am Ende. Oder, um es mit seinen Worten auszudrücken, »ich war mit den Nerven so fertig, dass ich nicht einmal merkte, wenn ich fror.«
    Er hatte stundenlang vor zwei Spezialisten gesessen, einem für Arbeit und einem für Soziales. Der für Arbeit hatte knochentrocken erklärt: »Sie müssen mit Ihrem Geld vorsichtiger umgehen. Hartz IV und die anderen Hilfen erfordern härteste Eigenkontrolle. Sie dürfen keinen Alkohol trinken, Alkohol kostet.« Der für Soziales hatte lächelnd

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