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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 3
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und hasste ihren Ehrgeiz. »Mach nicht immer nur klein, klein, Felix, du bist ein klasse Musiker«, hat sie ihm in den Ohren gelegen. »Du kannst in Köln und EKisseldorf spielen, große Säle, da gibt es viel mehr Knete als hier!« Aber er hat abgewinkt, nicht verstanden, was sie gegen die Eifeldörfer hat. Was sollte er in Köln oder Düsseldorf? Da war er einer unter vielen. Er hat es gemocht, in den Scheunen und Sälen zwischen Euskirchen und Daun ein Star zu sein. Aber Tamara war die Eifel zu eng gewesen, sie hat immer gesagt, dass sie in dem Mief erstickt. Seine Liebe zu ihr war schnell erloschen, er hat sie vor die Tür gesetzt und eine andere mit nach Hause genommen. Zugegeben nicht die feine Art, aber gibt es überhaupt eine feine Art, wenn einer noch liebt und der andere nicht mehr? Tamara ist danach weg aus der Eifel. Düsseldorf, hat man ihm erzählt, dann hat er sie vergessen, wie er viele Frauen vergessen hat. Keine ist geblieben, und die Zeiten sind lang vorbei, wo sich ihm das Glück um den Hals geworfen hat. Und gestern in den
Milan-Stuben
, da steht sie plötzlich vor ihm, blond, nicht mehr braun, und mit Gift im Blick wie bei allen, die nicht verzeihen können.
    »Felix, in fünf Minuten sind sie da!« Erika Maul rückt sich aufgeregt das Taftkleid zurecht, muss auch schon eine Strähne aus dem Gesicht streichen, und Felix intoniert leise die ersten Töne des Hochzeitsmarsches. Der Saal ist voller Gäste, eine sehr große Hochzeit, Felix entdeckt viele Bekannte. Er nickt Dominik Breloer zu, entdeckt Anna Adolphy mit ihren Schwestern, daneben Emma und Emil Bell. Für die Alten muss er später unbedingt einen Ländler spielen. Felix spielt lauter, als das Brautpaar durch die Tür kommt. Robin sieht verkleidet aus in seinem schwarzen Anzug, Jennys Brautkleid sitzt wie angegossen, glücklich wirken sie beide nicht, aber Felix hat schon seit Langem aufgehört, den möglichen Verlauf einer Ehe von der Hochzeit her zu beurteilen. Egal, wie man’s rechnet, es geht nie auf. Immer hat das Leben Überraschungen parat, die einem nicht in den Kram passen.
    »Kannst du
I love you till the end
spielen?«, fragen ihn nach dem Essen zwei Halbwüchsige, mitten im Sprießen. Die beiden Mädchen, viel Schminke übers Gesicht geschmiert, sind noch jung und dumm genug, um an die ewige Liebe zu glauben.
    Klar kann er, auch andere Wünsche bedient er prompt, vergisst den Ländler für die Adolphys und Bells nicht, spielt den
Buuredanz
, ein Lieblingslied des Bräutigams, der mit der Braut alle auf die Tanzfläche bittet. »Links eröm un rächs eröm«, singt Felix, und alle stampfen, lachen und drehen sich, nur die Braut schaut finster, sträubt sich, als der Bräutigam sie im Kreis herumwirbeln will. Wahrscheinlich fällt außer dem Bräutigam nur Felix die störrische Braut auf, denn der Rest der Gäste stampft und klatscht und fällt in den Refrain ein: »Jo wenn en Berkesdörp d’r Buur op d’r Huhzick danz.«
    Den
Buuredanz
hat sich Tamara gestern auch gewünscht, als sie zu ihm auf die Bühne kam. Wobei gewünscht nicht das richtige Wort ist … Düsseldorf, das hat er noch gewusst, nicht aber, dass sie geheiratet hat, nicht dass sie nach Berndorf zurückgezogen ist, nicht dass sie mit ihrem Mann Mitglied im Golfclub ist, nicht dass sie ausgerechnet in den
Milan-Stuben
sitzt, als er im Golfclub zum Tanztee aufspielt. Ein Glas Sekt in der Hand, wackelig auf zu hohen Schuhen hat sie ihm das Mikrofon vom Ständer gerissen. »Ne Stimmung wie auf einer Beerdigung«, hat sie in den Saal posaunt. »Kannste denn nichts spielen, damit man sich amüsiert? Bist doch früher kein Kind von Traurigkeit gewesen.«
    »Tamara, bitte«, hat er leise gesagt, das peinlich berührte Publikum und den rotgesichtigen Mann im Blick, den Tamara allein am Tisch hat sitzen lassen. Auch Tamaras Sektglas hat er nicht aus den Augen gelassen, nichts schlimmer, als wenn ein Betrunkener sein Getränk ins Keyboard schüttet. Auch das hat er schon erlebt. Alles hat er immer im Blick, denn ein Alleinunterhalter, der nicht spürt, was zwischen den Gästen los ist, der nicht sofort reagiert, wenn die Stimmung umkippt, der ist schneller weg vom Fenster, als er sein Keyboard auspacken kann.
    »Ja, das hätteste wohl gerne, dass ich den Mund halte, du strunzdummer Schlappschwanz. Dabei könnt ich Sachen über dich erzählen … Und wenn du jetzt nicht flott Stimmung machst, dann übernehm ich das. Los, spiel den
Buuredanz!
« Sie hat das Mikrofon zu nah

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