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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 3
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er wach war. Die Hunde wurden von Gitarrenmusik begleitet. Nun erkannte er Pink Floyd’s
Seamus
und atmete erleichtert auf. Ein Rudel Köter, die um Mitternacht den Dauntown Blues heulten, hätten ihm den letzten Nerv geraubt. Mutterseelenallein mit seinem verdammten Rücken in einem Dauner Hotelbett zu liegen, war schon Strafe genug. Er hätte doch zur Massage gehen und Natascha den Fall allein verfolgen lassen sollen. Man brauchte ihn hier doch eigentlich gar nicht. Natascha. Sie war ebenso clever wie schön. Die Musik wechselte, wurde sanfter. Eine weiche Gitarre interpretierte Thelonious Monk’s
Round Midnight
. Franz erkannte den unverwechselbaren Stil von Wes Montgomery.
    Natascha. Der Kommissar seufzte und versuchte, sich auf die Seite zu drehen. Die Muskulatur streikte. Was für ein Wrack, dachte der Kommissar. Ende Vierzig und uralt. Kein Wunder, dass die schöne Kollegin ihn niemals als Mann wahrgenommen hatte und dies sicherlich auch in Zukunft nicht tun würde. Einmal hatte er geglaubt, dass ein kleiner Funke überspringen wollte. Da war diese Situation gewesen, in der er ihr am Computer etwas erklärte. Sie waren sich nah gekommen, sie hatte zu ihm aufgesehen, lächelnd, hatte ihre Lippen mit der Zunge befeuchtet. Leicht geöffnet und glänzend boten sie sich ihm dar – doch wenn er sie da geküsst hätte, es wäre nur das Ausnutzen einer Situation gewesen, in der er ihr Vorgesetzter war. Oder auch der Grund für eine schallende Ohrfeige. Natascha war unerreichbar. So unerreichbar für ihn wie im Übrigen jede Frau seit mehr als zwanzig Jahren. Sicher hatte Natascha keine Ahnung, was in ihm vorging. Franz startete einen neuen Versuch, sich auf die Seite zu drehen. Wieder flammte der Schmerz auf, aber er biss die Zähne zusammen und schaffte es. Mit einem Klick auf die Tastatur verscheuchte er den Bildschirmschoner, und das Gesicht der Toten erschien. Lange betrachtete der Kommissar die flimmernde Oberfläche.
    »Mit welchen Kerlen hast du dich abgegeben, schöne Nina?«, fragte Franz leise, so als könne das Bild ihm eine Antwort geben. Er dachte an die sieben Stichwunden, an die Kapelle am Totenmaar und an die Pietà mit den sieben Messern. Wes Montgomery wurde von Gary Moore’s
Still got the blues
abgelöst. Franz schüttelte den Kopf, als würde ihn jemand beobachten, dem er sich mitteilen wollte. So wenig der alte Rocker in diesem Song den Blues hatte, so unwahrscheinlich schien es, dass die schöne Biologin einem Ritualmord zum Opfer gefallen war. Nichts war hier, wie es schien. Er selbst nicht, dieser Mord nicht, und – na ja, leider auch Gary’s Blues nicht. Mochte er in Frieden ruhen.
Subdominante
    Der Schatten der Ikarus C42 huschte über die grünen Hügel der Vulkaneifel. Die Stimme des Piloten drang aus dem Lautsprecher. »Und, wie kommt das Bild?«
    »Perfekt, Herr Landrat«, antwortete Franz. »Die Webcam arbeitet einwandfrei. Können Sie jetzt ne Runde über die Maare drehen?« »Bin gleich da«, bestätigte Onnertz. »Nur eine Schleife.«
    Franz sah, wie das Flugzeug über ausgedehnte Wiesen glitt, einer Straße folgte, an deren Seiten die Erde von riesigen Baggern aufgerissen worden war und unter der verletzlich dünnen Oberfläche ihre dunkle, vulkanische Natur offenbarte. Dann schimmerten matt die Augen der Eifel auf dem Bildschirm. Franz sah das Schalkenmehrener Maar und den Dronketurm zwischen Gemündener und dem Weinfelder Maar. An dessen Rand konnte er die Kapelle ausmachen, wo in diesem Moment seine Kollegin sein musste. Er schaltete auf eine andere Leitung.
    »Natascha, kannst du mich hören?«
    »Laut und deutlich, Chef. Was macht der Rücken?«
    »Alles im Lot. Ich bin so gut wie gelähmt, mach dir keine Sorgen. Schalte lieber die Webcam ein. Ich will sehen, was du siehst.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis auf dem zweiten Schirm ein Bild erschien. Natascha kommentierte: »Ich bin wieder am Fundort der Leiche, bei der Kapelle.« Franz sah, wie sie den Friedhof betrat und las die Inschrift auf einem großen Grabstein:
    Am Ziele des irdischen Wanderns
.
    Natascha meldete sich wieder. »Ich habe gerade mit einem Journalisten telefoniert. Er sagte, Nina Mevis habe ihn treffen wollen, um ihm brisante Informationen zu geben. Dummerweise hatte er keine Ahnung, was sie genau gemeint hat.«
    Franz klapperte auf seiner Tastatur und richtete sein Augenmerk auf einen dritten Bildschirm. »Das Thema dürfte nicht schwer zu erraten sein. Das Internet ist voll von Meldungen über den

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