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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 3
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röhrte und machte den Genuss der Musik sofort unmöglich. Franz erkannte, dass ihr Mitleid Grenzen hatte. Er traute sich nicht, sie um etwas zu bitten, und der Knopf zur Lautstärkeregelung war für ihn in diesem Moment unerreichbarer als ein Abendessen mit der schönen Kollegin. So ertrug er still seine Schmerzen, bis sie eine halbe Stunde später von der Kreisstraße 15 auf den schmalen Weg abbogen, der zur Weinfelder Kapelle führte. Natascha stellte ihr Cabrio neben dem Einsatzmobil der Spurensicherung ab. Franz winkte den leitenden Kriminaltechniker heran. »Grüß dich, Georg«, sagte er. »Ich kann leider nicht aussteigen. Hast du einen kurzen Abriss für mich?«
    Der Kollege schien nicht überrascht. Lakonisch berichtete er:
    »Eine tote Frau, bekleidet, vor dem Eingang zur Kapelle, mehrere Messerstiche im Oberkörper, mindestens einer davon tödlich, kein Blut am Fundort, Todeszeitpunkt etwa Mitte der vergangenen Nacht, sie hatte Geschlechtsverkehr, aber keine Verletzungen im Genitalbereich. Wir sind erst eine Stunde zugange, das wird noch bis Mittag dauern.«
    »Okay, danke erstmal.« Franz wandte sich Natascha zu, die gerade aussteigen wollte. »Nicht weglaufen. Du fährst mich jetzt bitte sofort nach Daun ins Hotel
Zum Goldenen Fässchen
. Ich kenne den Wirt, der hat immer ein Zimmer für mich. Dort brauche ich ein Heizkissen, mein Laptop und einen schnellen Internetzugang. Bring mich bitte ins Bett.«
Tonika
    Der Schmerz war immer da. Auch wenn er sich gerade hinterlistig zu verstecken suchte. Franz erhob sich vorsichtig ein paar Millimeter von der Heizdecke. Ein heißer Stich durchzuckte seinen Rücken. Leidlich zufrieden, den Feind aus der Deckung gelockt zu haben, ließ er sich wieder fallen.
    Draußen wurde es dunkel. Das Flimmern der Monitore, die um das Bett aufgebaut waren, gewann die Oberhand über das immer schwächer hereinsickernde letzte Licht des Tages.
    Miles Davis spielte
All Blues
.
    Der Kommissar war froh, endlich allein zu sein. Eine Menge Leute waren in seinem Zimmer gewesen. Die Kollegen von der Technik, die unter seiner Anleitung seinen Rechner und die Bildschirme aufgebaut und den Highspeed-Internetanschluss hergestellt hatten. Der Landrat Heinz Onnertz, der eigentlich nur gekommen war, um gute Besserung zu wünschen, und der als passionierter Flieger hocherfreut mit dem Auftrag entlassen wurde, an seinem Flugzeug eine Webcam zu installieren, um Franz am nächsten Tag einen aktuellen Blick über die Gegend zu liefern. Dann die Kriminaltechnik mit Details von der Toten. Franz klickte sich durch die Fotostrecke. Eine sehr schöne Frau war sie gewesen. Die Fotos von ihr waren es nicht. Sieben Messerstiche hatten ihren Körper verunstaltet. Einer war tief in ihr Herz gedrungen. Eine Menge Blut hatte sie verloren. Keinen Tropfen am Fundort. Alois Mayer, der die Tote entdeckt hatte, war erneut geschockt gewesen, als er von der Anzahl der Stiche gehört hatte. Der pensionierte Lehrer, der für den Eifelverein Daun tätig war und die Gegend wie seine Westentasche kannte, hatte Franz mit bleichem Gesicht von den sieben Schmerzen der Gottesmutter erzählt. Und von dem Relief, das Maria mit sieben Messern in der Brust zeigte. Diese Pietà befand sich ausgerechnet in der
Weinfelder Kapelle
, an deren Eingang man die Tote abgelegt hatte. An der Kapelle, die schon Clara Viebig in ihrer Novelle
Am Totenmaar
beschrieben hatte, an dem Platz, an dem der Vater seine tote Tochter fand. Mayer hatte zitiert:
    Wat thut man nicht, wenn man einen zum Sterben lieb hat?
    Franz ging die Details wieder und wieder durch. Die Tote hieß Nina Mevis, war Biologin und kam aus Berlin. Arbeitete seit Jahren für den NABU, zuletzt in Daun. In ihrer Kleidung hatte man Lavasand gefunden, der in der Gegend abgebaut wurde. Die auffälligste Spur war das frische Sperma, das von zwei verschiedenen Männern stammte, wie der DNA-Schnelltest ergeben hatte. Franz klickte sich durch die Bilder und blieb an einer Nahaufnahme des Gesichts der Toten hängen. Eine schöne Frau, selbst im Tod. Lange verharrte sein Blick auf diesem Bild. Das Flimmern der Monitore ermüdete seine Augen. Franz schloss die Lider. Aus dem Internetradio klang Herbie Hancock’s
Tell me a bedtime story
.
Dominante
    Er schreckte hoch und ließ sich mit einem erstickten Fluch gleich wieder fallen. Es war nicht der bohrende Schmerz im Rücken, der ihn geweckt hatte, sondern ein seltsames Jaulen von mehreren Hunden. Der Kommissar brauchte einige Sekunden, bis

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