Krampus: Roman (German Edition)
beschleunigte sich sein Herzschlag, und er verspürte Schmerzen in der Brust. Moment mal. Ich zerbreche mir viel zu sehr den Kopf. Vielleicht muss ich gar nichts vertuschen. Vielleicht ist das hier die Antwort auf alle meine Gebete. Er nickte. Es löst sogar eine ganze Menge Probleme. Insbesondere das größte namens Sampson Ulysses Boggs. Über seine Unberechenbarkeit muss ich mir ab sofort jedenfalls nicht mehr den Kopf zerbrechen. Auch nicht darüber, dass er uns vielleicht alle auffliegen lässt und mich mit in den Untergang reißt. Da all die Mistkerle, die für ihn gearbeitet haben, mit herausgerissenen Eingeweiden hier rumliegen, gibt es niemanden mehr, der zum Schweigen gebracht werden müsste. Damit bleibt mir nur noch eines zu tun, nämlich … nein. Er schüttelte den Kopf. »Jesse. Dieser gottverdammte Typ ist immer noch am Leben.« Er wird reden. Und wie er reden wird. Er wird ihnen alles erzählen, was er über mich weiß, und noch einiges mehr. Vorausgesetzt, sie schnappen ihn lebend. Wie stehen die Chancen dafür? Dillard wusste es nicht, aber er mochte keine offenen Fragen. Er hatte es lieber, wenn alles geklärt und fein sauber eingetütet war, genau wie bei seinen nach Farben sortierten Tupperdosen – die Behälter im Regal, die Deckel in der Schublade.
»Ich muss den Kerl finden. Ich muss ihn in die Finger bekommen, bevor es wem anderes gelingt. Ich muss ihn ein für alle Mal zum Schweigen bringen.« Dillard ging die Treppe hinunter und verharrte unten mit finsterer Miene. Es gibt da aber noch zwei weitere Probleme, stimmt’s? Genau, wenn sie Jesse lebend schnappten und Linda und Abigail seine Geschichte bestätigten. Selbst, wenn Jesse davonkam, konnte Linda ihn jederzeit am Galgen baumeln lassen. Jetzt, da der General verschwunden war, würde sie vielleicht von ganz alleine auspacken. Wenn die Kollegen von der Dienstaufsicht erst bei ihm herumschnüffelten, würde er einiges zu erklären haben. Linda und Abigail kann ich nicht ohne weiteres verschwinden lassen. Es war ihm gelungen, eine Frau ohne allzu viel Tamtam loszuwerden, aber wenn zwei Frauen auf rätselhafte Weise aus seinem Leben verschwanden, machte das unter Garantie einen komischen Eindruck. Wenn dann noch ein kleines Mädchen im Spiel war, würde ihm sicher jemand auf die Schliche kommen.
Hektisch ließ Dillard den Blick über die Niedergemetzelten schweifen. Einmal mehr schnürte sich ihm der Brustkorb zusammen. Er bemerkte, dass Ash ihn anstarrte, die ganze Zeit schon und ohne zu blinzeln. Er hatte den Mund zu einem Lächeln verzogen, kein spöttisches, sondern wie jemand, der die Lösung des Rätsels kennt, mit dem ein anderer sich gerade herumschlägt. »Was? Was denn?« Dillard schloss den Mund und nickte bedächtig. Endlich hatte er es kapiert, und es war wirklich der Hammer. Mit einem Mal erwiderte er Ashs Lächeln.
»Sag mir, wenn ich mich irre, Ash, aber das Letzte, was ich von Jesse gehört habe, ist, dass er sich mit einem Haufen mordender Irrer rumtreibt. Sagen wir mal, Linda und Abigail würden plötzlich tot aufgefunden, als Opfer eines barbarischen Überfalls. Das wäre doch ohne weiteres einleuchtend, oder? Was hältst du davon, Ash? Klingt absolut logisch, findest du nicht? Ein entfremdeter Ehemann, rasend vor Eifersucht.« Dillard nickte. »Dann muss ich die Fahnder bloß noch zu dir und deinen toten Kumpels hier führen, damit sie eine Verbindung herstellen. Das passt alles wunderbar zusammen, wie ein hübsches kleines Puzzle. Niemand wird je darauf kommen, dass ich die Hände im Spiel hatte. Alle wären viel zu sehr damit beschäftigt, mich zu bemitleiden.«
Er zog Handschuhe an und kehrte in die Werkstatt zurück. Dort suchte er einen Plastikbeutel, eine Rolle Klebeband, ein Messer und ein paar Werkzeuge zusammen und ging hinaus. Sorgfältig wischte er den Türknauf hinter sich ab und achtete darauf, seine Stiefelspuren zu verwischen und sich im Schneematsch das Blut von den Sohlen zu waschen. Er beabsichtigte, zurückzukommen und als Erster Meldung zu erstatten. Am besten wäre es, wenn er den Schauplatz des Verbrechens entdeckte, weil es ihm dann leichtfallen würde, jene Spuren kleinzureden, die er möglicherweise hinterlassen hatte. Aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Es schadete nicht, alles ordentlich zu hinterlassen, genau wie seine Tupperdosen.
Er öffnete die Beifahrertür von Jesses Wagen, schaute ins Handschuhfach und nahm noch ein paar von Jesses Sachen mit – Beweismaterial, das er
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