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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Vietnam. Diese Mistkerle haben ihm den Einberufungsbescheid eine Woche nach seinem achtzehnten Geburtstag geschickt – eine Woche. Mir nichts, dir nichts haben sie ihn nach Fort Bragg beordert. Seine Grundausbildung waren die beiden längsten Monate meines Lebens. Die Armee hat ihm gerade mal vier Tage Urlaub gegeben, bevor er nach Vietnam verschifft werden sollte, und den größten Teil dieser Zeit hat er im Bus verbracht, auf dem Weg zu mir. Willst du wissen, was er in Bragg gemacht hat?« Isabel schaute Jesse an.
    »Klar.«
    »Er hat seinen kompletten Sold gespart, um mir etwas Besonderes zu kaufen.« Aus ihrer Jacke zog sie ein Band hervor, an dem ein goldener Ring hing. »Ich musste ihn mir um den Hals hängen, weil er nicht mehr auf meinen Finger passt. Einen Diamanten konnte er sich nicht leisten, aber der Ring ist aus echtem Gold. In jener Nacht, als er ihn mir gab und mir versprach, mich zu heiraten, schliefen wir miteinander. Wir wollten uns sofort nach seiner Rückkehr verloben. Es war unser Geheimnis. Etwas nur zwischen uns beiden und deshalb umso wunderbarer. Aber es läuft nicht immer alles so, wie man es sich wünscht … oder erhofft. Das Leben spielt anders.«
    »Er hat es nicht wieder zurück geschafft, stimmt’s?«
    »Er ist auf eine Mine getreten. Gleich im ersten Monat. Ein einziger falscher Schritt hat ihn mir für immer genommen.«
    »Isabel, es tut mir leid.«
    »Mir auch«, sagte sie und tupfte sich die Augen. Sie setzte sich auf den Klavierhocker. »Da saß ich dann, angebumst und ohne Mann. Bestimmt nicht die erste Frau in dieser üblen Lage, aber damit hättest du mir damals nicht kommen dürfen.« Sie seufzte und hielt kurz inne. »Etwa zu der Zeit, als sie seine Leiche nach Hause schickten, sah man es mir langsam an. Ich war so schmächtig, und das Baby saß ziemlich weit oben, weshalb Mama schon bald herausgefunden hat, was los war. Sie hat mich in eine Kammer gesperrt und mich ihr zwei Tage lang durch die Tür die Bibel vorlesen lassen. Schließlich hat sie mich wieder rausgelassen und gesagt, dass ich mir das Kind vom Hals schaffen müsse. Ich habe dagegengehalten, dass das gegen die Gebote der Bibel sei. Aber Mama neigte dazu, nur die Teile der Heiligen Schrift zu beachten, die ihr in den Kram passten. Sie wollte mit mir zu einer Bekannten in Madison fahren … einer Frau, die solche Probleme löste. Das Kind war das Einzige, was mir von Daniel geblieben war. Ich hätte niemals zugelassen, dass sie sein Fleisch und Blut töten. Das habe ich Mama auch gesagt. Ich habe ihr klar und deutlich gesagt, dass sie dazu zuerst mich würde töten müssen. Na ja.«
    Isabel räusperte sich. »Das hat sie auch versucht … die Frau hat mich ausgehungert und wollte mich sogar einmal vergiften. Sie ließ mich nicht aus dem Haus und hielt die Jalousien immer geschlossen, so viel Angst hatte sie, dass jemand es herausfinden könnte. Irgendwie habe ich das Kind zur Welt gebracht, auf dem Fußboden im Badezimmer. Als ich sah, dass es ein Junge war, wusste ich, dass Daniels Geist über uns wachte, weil der Kleine lebte und gesund war. Er hatte kräftige Lungen und teilte der Welt bald mit, dass es ihn gab. Ich schwöre, ich habe die Züge seines Vaters in seinem Gesicht wiedererkannt, selbst als er noch winzig klein war. Deshalb habe ich ihm den Namen seines Vaters gegeben. Ich habe es bis in mein Schlafzimmer geschafft und dort das Bewusstsein verloren, während er an meiner Brust gesaugt hat. Als ich wieder zu mir kam, war er weg. Ich entdeckte die beiden schließlich im Wohnzimmer. Meine Mutter beugte sich über ihn, flüsterte ihren Sermon über Gott. Erst dachte ich, sie würde ihn anziehen, und bildete mir ein, dass sein Gesicht ihr Herz erweicht hatte. Dann erkannte ich, was Sache war, und mir gefror das Blut in den Adern. Sie hielt ihm ein Kissen auf das Gesicht, ihm, meinem Kleinen. Ich sah, wie er seine kleinen Hände in das Kissen krallte. Ich nahm das Kruzifix vom Fernseher und knallte es ihr gegen den Kopf. Nicht bloß einmal, sondern mehrmals, bis sie reglos am Boden lag. Ich glaube, dass ich sie umgebracht habe, aber sicher bin ich mir bis heute nicht. Anschließend habe ich mein Baby genommen, es in ein Handtuch gewickelt und bin davongerannt. Obwohl ich mich fühlte, als hätte mir jemand die Eingeweide herausgerissen, ging ich die drei Kilometer bis zum Haus von Daniels Eltern zu Fuß.« Sie zögerte, dann fuhr sie fort. »Die beiden wussten nichts von dem Kind, sie wussten noch

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