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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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für die Spurensicherung hinterlassen konnte. Dann stieg er in den Streifenwagen, ließ den Motor an, blieb sitzen, bis die vereiste Windschutzscheibe aufgetaut war, und fuhr nach Hause zurück.

    ***

    Der Abend brach an, als Jesse erwachte. Er setzte sich schnell auf, überrascht, dass er so lange und so tief geschlafen hatte. Isabel und Lacy saßen an einem improvisierten Tisch mit einer Tüte Orangen, einem großen Stück Käse und einem Krug Milch sowie einem Berg extragroßer Kekse zwischen sich. Lacy schaute unter der Pandamütze hervor. Sie hatte einen Milchbart und kaute einen Keks. Jesse vermutete, dass Krampus das Essen mit Hilfe des Sacks aus einer Küche stibitzt hatte, wahrscheinlich von jemandem, den sie letzte Nacht besucht hatten. Er fragte sich, ob dieser Jemand zufällig das Glück gehabt hatte, mit anzusehen, wie Krampus' körperloser Arm das Essen von seiner Anrichte holte. Auf der Suche nach Krampus entdeckte er nur Chet und Vernon, die sich auf Kirchenbänken zusammengerollt hatten, und den lahmenden Wolf, der vor dem Ofen lag.
    »Sie sind unterwegs, um ihn zu begraben«, sagte Isabel.
    Jesse nickte und hoffte, dass es noch andere Wege aus dieser absurden Lage gab, als sich ein Riesenloch in die Brust pusten zu lassen. Er zog seine Stiefel wieder an und verspürte einen dumpfen Schmerz in den Händen. Probeweise bewegte er die Finger. Sie fühlten sich fast wieder normal an. Er sog tief die Luft ein und bemerkte ein leichtes Ziehen in Brust und Rücken, das von dem Messerstich herrührte. Aber das Atmen bereitete ihm keine Schwierigkeiten mehr. Ihm fiel auf, dass seine Haut dunkler geworden war, dass also mit der heilsamen Wirkung von Krampus’ Blut äußerliche Veränderungen einhergegangen waren. Er richtete sich auf und gesellte sich zu Isabel und Lacy. Ihm fiel auf, dass eine Bratpfanne voll blutiger Schrotkugeln am Ofen stand.
    »Haben sie alles erwischt?«
    »Was?«
    »Den Schrot … aus der Schulter von Krampus.«
    Isabels Blick folgte dem seinen zur Pfanne. »Ich glaube schon.«
    Eine leuchtend rote Schleife prangte auf Isabels Kopf. Jesse entdeckte zwei weitere hinten an ihrer Jacke, eine an dem Milchkrug, dann erst merkte er, dass Lacy mindestens ein halbes Dutzend Schleifen zierten. Als Letztes fielen ihm die beiden Tüten mit selbstklebenden Schleifen sowie mehrere Rollen Geschenkpapier auf, die aus einem der Pappkartons hervorlugten. Jesse grinste.
    Das Mädchen musterte ihn furchtsam. Es schien ihr besserzugehen, sie wirkte aufmerksam und hatte ein wenig Farbe im Gesicht, aber Jesse wusste, dass dieses Kind für den Rest seines Lebens an den Erlebnissen zu knabbern haben würde. Mit etwas Glück würde sie das meiste davon verdrängen. Er seufzte, wohl wissend, dass das nur selten vorkam, dass vielmehr der Kreislauf von Missbrauch und Abhängigkeit in den meisten Fällen kein Ende nahm. Jesse zog sich eine Kiste heran und setzte sich neben das Mädchen.
    »He, Kleine, wie geht’s?«
    Lacy zuckte mit den Schultern und schob sich dichter an Isabel heran. Die legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie an sich. Jesse fiel auf, wie Isabel die Kleine ansah, und er fragte sich, wie sie es wohl verkraften würde, wenn der Zeitpunkt kam, sie wegzugeben. Er griff nach einem der flauschigen Pandaohren und zog Lacy die Mütze über die Augen. »Das Teil gefällt dir, was?«
    Das Mädchen schob sie wieder hoch und nickte schüchtern.
    Als Nächstes nahm Jesse die rote Schleife vom Milchkrug und klebte sie sich auf die Nasenspitze. »Hast du hier irgendwo Verwandte?«, fragte er. »Kennst du jemanden, der dich aufnehmen könnte?«
    Mit besorgter Miene wandte Lacy sich Isabel zu.
    Die bedachte Jesse mit einem warnenden Blick und rieb dem Mädchen über den Rücken. »Mach dir keine Sorgen, Liebes. Niemand bringt dich irgendwohin, wenn du es nicht möchtest.«
    Jesse zuckte mit den Schultern. »Na schön … damit wäre das schon mal geklärt.« Er nahm die Schleife von der Nase und setzte sie sich auf den Kopf. »Besteht vielleicht eine Chance, dass du mir einen dieser gigantisch leckeren Kekse abgibst?«
    Lacy nickte und reichte ihm einen.
    »He, schau mal, was ich kann.« Jesse öffnete den Mund so weit wie möglich und schob den Keks hinein. Dann glotzte er sie mit geblähten Backen an, die Lippen straff um den Keks gespannt. Lacy schielte verunsichert zu Isabel hinüber, dann fing Jesse schnaufend und grunzend wie ein Schwein zu kauen an.
    »Was soll das?«, fragte Isabel und

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