Krampus: Roman (German Edition)
auf Dillards Streifenwagen zuzurennen. Er wedelte mit den Armen und schrie aus vollem Hals: » DAS IST EINE FALLE ! DAS IST EINE FALLE !«
Keiner der Teufelsmänner würdigte ihn auch nur eines Blickes. Ihre orangefarbenen Augen waren vielmehr auf das Wesen gerichtet, das sich auf der anderen Seite des Weges befand. Sie alle wirkten wie erstarrt.
»Alle einsteigen! Sofort!«, schrie es, die Pistole in der Hand, und seine Stimme und sein Körperbau ließen Jesse vermuten, dass es sich um eine Frau oder ein Mädchen handelte.
Sie setzten sich in Bewegung.
Die Frau richtete ihre Waffe auf Jesse. »Du. Fahr!« Als er nicht schnell genug reagierte, stieß sie ihn durch die Beifahrertür ins Auto und rutschte neben ihn. »Bring uns so schnell wie möglich hier weg, sonst sind wir alle geliefert.«
Jesse warf einen Blick auf Lynyrds Leiche im blutdurchtränkten Schnee, und ihm war klar, dass mit diesen Geschöpfen, worum auch immer es sich handelte, nicht zu spaßen war. Er ließ den Motor aufjaulen, während die Teufelsleute mitsamt dem Weihnachtssack die Campingkabine erklommen. Er schaltete das Licht ein und sah eine gedrungene Gestalt, die quer über den Spielplatz auf sie zurannte. Sie kam ihm bekannt vor.
»Fahr!«, rief die Teufelsfrau. »Los!«
Jesse trat aufs Gas und hielt auf die untere Ausfahrt zu.
Aufleuchtende Scheinwerfer blendeten ihn. Es war Dillard. Der kraftvolle Motor des Streifenwagens heulte auf, als der Polizeichef beschleunigte, um ihnen den Weg abzuschneiden.
»Oh Mann!«, schrie Jesse. Das lief nicht wie geplant, ganz und gar nicht.
Ein Schuss war zu hören, dann noch einer, und Jesses verbliebener Seitenspiegel splitterte. Er hätte das Gaspedal am liebsten bis auf den Asphalt durchgetreten, aber da war nichts zu machen – Dillard würde das Rennen gewinnen.
Jesse sah das irre Grinsen des Polizeichefs, sah Mündungsfeuer aufblitzen und sah, wie ein fingerdickes Loch durch die Tür gestanzt wurde. Die Kugel trat durch die Windschutzscheibe wieder aus, und eine Millisekunde später war der Knall zu hören. Jesse wusste, dass es genau das war, was Dillard wollte, was er sich sehnlichst wünschte – eine Gelegenheit, ihn abzuknallen.
Ein Mann rannte ins Scheinwerferlicht. Der Weihnachtsmann, die Augen wild, die Zähne in einer furchteinflößenden Grimasse zusammengebissen, stürmte mit einem Schwert in der Hand direkt auf sie zu.
»He!«, rief Jesse und riss das Steuer herum, um den Mann nicht umzufahren.
Der Weihnachtsmann schwang sein Schwert, traf die Schnauze des Wagens und zerstörte den Scheinwerfer auf der Fahrerseite. Die Klinge kratzte einmal an der Seite entlang, als sie vorbeifuhren, und ließ einen Funkenregen aufstieben. Der Weihnachtsmann drehte sich weg und stand mit einem Mal direkt vor Dillards Streifenwagen. Ein gewaltiges Klatschen war zu hören, als das Fahrzeug mit ihm zusammenprallte. Der Wagen schlitterte in den Graben, während der Weihnachtsmann über den Parkplatz rollte.
Jesse fuhr zurück auf die Straße, trat auf die Bremse und warf einen Blick über die Schulter, in der verzweifelten Hoffnung, Dillards Hirnmasse auf der Windschutzscheibe des Streifenwagens verteilt zu sehen. Wenn schon alles andere absolut schiefgegangen war, konnte wenigstens einmal etwas zu seinen Gunsten laufen. Jesse wusste, welchen Schaden ein Reh einem Auto zufügen konnte, und die Motorhaube von Dillards Wagen war noch viel übler zugerichtet. Sie wirkte eher, als wäre er mit einer Kuh zusammengeprallt. Enttäuscht bemerkte Jesse den aufgeblasenen Airbag. »Verdammt.«
»Ist er tot?«, fragte die Teufelsfrau. »Ist er tot?«
Jesse begriff, dass sie den Weihnachtsmann meinte und nicht Dillard.
»Nein«, antwortete einer der Teufelsmänner, »ich glaube kaum.«
Jesse ließ den Blick über den Parkplatz schweifen, auf der Suche nach einer zerschmetterten Leiche, und stellte zu seiner Überraschung fest, dass sich der Weihnachtsmann soeben wieder aufrappelte. Er sah nicht mal angekratzt aus. Die Raben krächzten über ihm und stießen herab. Der Gestürzte drehte sich um und blickte die Straße entlang.
»Sie kommen«, sagte der große Teufelsmann. »Seht … seht nur!«
Jesse sah zwei dunkle Umrisse auf sie zugaloppieren. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, worum es sich handeln mochte. Sie sahen aus wie räudige Hunde, vielleicht auch Wölfe, allerdings waren sie riesig, fast so groß wie Stiere. Außerdem waren sie kaum mehr hundert Meter entfernt und näherten sich
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