Krampus: Roman (German Edition)
drückte sich mit dem Rücken gegen die Campingkabine seines Wagens, damit er nicht nur die beiden, sondern auch die Bäume hinter ihnen im Auge behalten konnte.
»Bist du wegen irgendwas nervös, Jesse?«, fragte Chet.
»Los, bringen wir die Sache hinter uns.«
»Du klingst nicht sonderlich begeistert.«
»Ich hab Besseres zu tun, als mit euch zwei Arschgeigen rumzuhängen.«
Chet warf Lynyrd einen Blick zu und hob die Brauen. »Ich ignoriere den Satz einfach mal, weil du zu dumm bist, um es besser zu wissen.«
Jesse meinte, eine Bewegung in den Büschen hinter Lynyrd auszumachen.
Chet bemerkte, dass Jesse ins Gehölz blickte. »Ganz locker«, sagte er. »Da draußen ist keiner. Außerdem hält dein Kumpel Dillard uns den Rücken frei.«
Jesse sog den Atem ein und gab sich alle Mühe, die Nerven zu behalten. Er durfte auf keinen Fall an orange glühende Augen denken.
»Ach so«, sagte Chet. »Ich dachte mir, das interessiert dich vielleicht … mein Neffe ist total abgegangen, als er dieses Spielkonsolending gesehen hat, das du mir gegeben hast. Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen. Ich dachte schon, er läuft jeden Moment blau an und pisst sich gleich auf dem Teppich ein.«
Jesse befürchtete das Gleiche, wenn es hier nicht bald mal voranging. Er wollte Chet anschreien, dass er verdammt noch mal die Klappe halten und endlich zum Geschäftlichen kommen sollte, bevor sie alle bei lebendigem Leib aufgefressen wurden.
»Seinem Cousin habe ich auch eine gegeben. Wusstest du, dass man die Dinger miteinander verbinden kann …«
»Du glaubst nicht, wie sehr mich das freut«, unterbrach ihn Jesse und rang sich ein breites Lächeln ab.
»Wie bitte?« Chet warf Lynyrd einen Blick zu. »Liegt es an mir, oder ist Jesse heute Nacht komisch?«
»Jesse ist immer komisch«, erwiderte Lynyrd.
Chet musterte Jesse aus zusammengekniffenen Augen, als wäre er ein entlaufenes Zootier. »Da hast du auch wieder recht.« Er holte eine Dose heraus, öffnete sie und steckte sich ein Kaugummi in den Mund.
Jesse kam es vor, als bewegte er sich im Zeitlupentempo.
»Na schön, Zuckerpüppchen«, fuhr Chet fort. »Die Sache läuft folgendermaßen: Wie schon gesagt fährst du rüber nach Charleston, und zwar zum üblichen Treffpunkt. Diesmal wird Josh dich dort in Empfang nehmen – sein Bruder ist mal wieder unter Drogen Auto gefahren und sitzt noch ein. Seine Frau will die Kaution für ihn nicht lockermachen.« Chet schnaubte. »Ehrlich gesagt glaube ich, ihr käme es gerade recht, wenn er drinbleibt. Wie dem auch sei, Josh erwartet dich um neun. Bitte sei pünktlich. Ich will nicht, dass er mir später dumm kommt. Ich schwöre dir, der Kerl keift wie eine alte Schachtel. Also sei nicht …«
»Ich werde pünktlich sein«, sagte Jesse, während er hektisch mit Blicken die Schatten absuchte.
»Na … dann ist ja alles klar.« Chet hielt inne. »Hast du dir irgendwas reingepfiffen?«
»Nein.«
Chet wirkte nicht gerade überzeugt. Er nickte Lynyrd zu, der daraufhin den Reißverschluss seiner Jacke öffnete und ein großes braunes, mit Klebeband umwickeltes Päckchen hervorzog.
»Josh wartet mit sechs Riesen auf dich.«
»Sechs Riesen?«, fragte Jesse, der seine Überraschung nicht verbergen konnte.
Chet beäugte Jesse und spuckte einen Klumpen Tabaksaft in den Schnee. »Ja, ganz genau. Komm bloß nicht auf dumme Gedanken. Denk einfach an das, was der General über deine Tochter gesagt hat. Ich meine es ernst, Jesse. Dreh um ihretwillen keine krummen Dinger.«
Jesse spannte die Kiefermuskeln an.
Sein Gegenüber deutete mit dem Daumen auf Dillards Streifenwagen. »Du folgst Dillard bis nach Leewood. Martin hat uns versichert, dass er heute Nacht Streife fährt. Die Bundesstraße sollte demnach kein Problem darstellen. Er weiß, wie dein Wagen aussieht. Falls dir also auffällt, dass dir die Bundespolizei auf den Fersen ist, mach dir keine Sorgen.« Chet gab Jesse einen Klaps auf die Schulter. »Siehst du, alter Gitarrist, wir halten dir den Rücken frei. Der General stockt deinen Anteil übrigens auf dreihundert auf. Du weißt schon, damit du siehst, dass er dir die Sache mit dem Loch in deiner Hand nicht übelnimmt. Das sind dreihundert Kröten, für die du so gut wie nichts machen musst. Vielleicht möchtest du ihm ja eine Dankeskarte schreiben.«
Lynyrd trat an die Beifahrerseite von Jesses Truck und öffnete die Tür. Der Weihnachtssack purzelte zu Boden. Über ihnen erklang lautstarkes Krächzen.
Lynyrd
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