Krampus: Roman (German Edition)
General und seine Jungs werden mich bei der erstbesten Gelegenheit abknallen. Sie werden mich töten … und euch ebenfalls … und mit Sicherheit auch euer hässliches Monster. Sie haben überall Augen. Wenn wir weiter am helllichten Tag diese Straße entlangfahren, dann schaffen wir es nicht mal aus dem County. Kapiert?«
Isabel schwieg.
»Außerdem müssen wir unbedingt tanken. Wahrscheinlich fährt die Karre inzwischen nur noch mit Benzindämpfen. Hat jemand von euch Bargeld dabei?«
»Ja«, antwortete sie. »Aber das ist in der Höhle.«
»Wie? Etwa in der Höhle, aus der wir gerade abgehauen sind?«
»M-hm.«
»Und was haben wir jetzt davon?«
Erneut schwieg Isabel.
Krampus fand, dass der Mann in Anbetracht der Ereignisse eine Menge Rückgrat bewies. Er würde sicher einen guten Belznickel abgeben. Schließlich brauchten sie jeden, den er erzeugen konnte; wer weiß, was für Geschöpfe Nikolaus ihnen als Nächstes auf den Hals hetzte. Ich muss ihn für mich beanspruchen. Krampus schloss die Augen und holte tief Luft. Aber nicht jetzt. Im Moment verkrafte ich das nicht. Später vielleicht … wenn ich wieder zu Kräften gekommen bin. Er verlor sich in Träumen, in denen er hoch oben durch die Wolken flog.
***
Jesse fuhr auf einen Kiesweg, eine alte Bergwerkszufahrt. Er war sich ziemlich sicher, dass sich hier draußen niemand herumtrieb. Wenn er einen Unterschlupf fand, dann konnten sie sich bis zum Einbruch der Dunkelheit verkriechen. Bei Nacht konnten sie dann Benzin holen, und vielleicht fiel ihm bis dahin auch eine Möglichkeit ein, um diesem Haufen von Irren zu entwischen.
Isabel kurbelte ihr Fenster herunter, lehnte sich hinaus und blickte in den Himmel. »Die Vögel folgen uns immer noch.«
Jesse trat auf die Bremse und kam im Kies schlitternd zum Stehen.
»Was machst du da?«, fragte Isabel.
»Etwas erledigen.« Er schnallte sich los, stieg aus und ging zu einer Lichtung auf der anderen Straßenseite.
»He«, rief Isabel. »Wir können hier nicht halten.« Sie öffnete die Beifahrertür und lief ihm hinterher. »Wir müssen in Bewegung bleiben.«
Jesse schirmte die Augen mit der Hand ab und hielt nach den Vögeln Ausschau. Sie kreisten direkt über ihnen in der kalten Morgenluft.
Die Belznickel stiegen ebenfalls aus und schauten zwischen Jesse und Isabel hin und her.
»Er muss in den Wagen zurück«, sagte Isabel.
Makwa näherte sich, packte Jesse am Arm und zog ihn in Richtung Auto.
Jesse sah dem großen Shawnee fest in die Augen. »Ich laufe nicht weg.« Jesse riss sich los und trat ans Heck des Pick-ups. Er betrachtete den Wagen seines Vaters, die Blutspuren und Fellbüschel, die am zerfetzten Aluminium klebten. Die Heckklappe war gänzlich abgerissen, und die hintere Stoßstange schleifte praktisch auf der Straße.
Er stützte sich auf der Ladefläche ab und steckte den Kopf in den Wagen. Das Geschöpf namens Krampus lag in die Decke gewickelt dicht hinter dem Fahrerhaus und hielt den Weihnachtssack umklammert. Mit abwesender Miene schaute er durch das Seitenfenster in den Himmel, ein schiefes Lächeln auf dem Gesicht, wie ein beschwipster Freier im Puff. Jesses Blick fiel auf seine Gitarre, deren Klangkörper einen tiefen Riss aufwies und an der mehrere Bünde fehlten. »Verdammt«, flüsterte er. Seine Eltern hatten sie ihm zum zwölften Geburtstag geschenkt, und trotz der Ereignisse der vergangenen Nacht war es ein schwerer Schlag für ihn, das Instrument in diesem Zustand zu sehen. Bloß ein Grund mehr, sich mies zu fühlen … Jesse schob die Gitarre und seinen Schlafsack beiseite und zog das Jagdgewehr seines Vaters sowie den Werkzeugkasten hervor.
Vernon griff nach dem Lauf und drückte ihn Richtung Boden. »Was machst du da?«
»Lass los.«
»Auf keinen Fall.«
»Dann sitzen wir eben hier herum, bis die Wölfe kommen. Bis dieser Weihnachtskerl uns aufspürt.«
»Gib es ihm.«
Sie drehten sich beide um und stellten fest, dass Krampus am Wagen lehnte und zu den am Himmel kreisenden Vögeln aufblickte. Jesse fiel auf, dass das sonderbare Wesen ein wenig besser aussah, wie eine vergleichsweise frische Leiche, die seit knapp einer Woche unter der Erde war und nicht bereits seit Monaten.
»Nein«, sagte Vernon. »Das ist ein Gewehr … eine Kanone. Weißt du, was …«
»Ich weiß, was ein Gewehr ist«, sagte Krampus mit tiefer, grollender Stimme.
»Warum soll ich es ihm dann geben? Dann erschießt er uns alle!«
Krampus blickte mit seltsam trauriger Miene zu
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