Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
Vom Netzwerk:
Jesse und wich einen Schritt zurück.
    Krampus kaute lautstark und zermalmte die Knochen zwischen den Zähnen. Schluckend schaute er in den Himmel. »Danke, Odin. Danke für dieses große Geschenk … für dein Blut, das ich in der Stunde meiner Not erbeutet habe.« Er wischte sich über den Mund und biss noch einmal zu, wieder und wieder, während das Blut des Raben ihm über Kinn und Brust lief.
    Jesse blickte zu den Belznickeln hinüber, um festzustellen, ob sie genauso angewidert waren wie er, aber sie wirkten, als wäre für sie alles ganz normal. Krampus verspeiste nicht nur das Fleisch und die Eingeweide des Raben, sondern auch den Schnabel, die Knochen und die Krallen. Er rutschte von der Ladefläche, hockte sich auf den Boden, hob den anderen Vogel auf und malmte und kaute, bis er noch die letzte Feder verzehrt hatte.
    Die ersten Strahlen der Morgensonne krochen über den Berg und brachten den Schnee zum Glitzern. Krampus legte den Kopf in den Nacken und aalte sich in der Sonne. Er stieß ein gedehntes, tiefes Stöhnen aus, und Jesse bemerkte eine Veränderung – die Haut des Geschöpfs bekam zusehends Farbe. Vormals war sie beinahe durchscheinend grau gewesen, jetzt wurde sie schwarz. Seine Muskeln und Knochen schienen an Substanz zu gewinnen.
    Krampus griff nach der Stoßstange, zog sich daran hoch und stand wankend gegen den Wagen gestützt da. Offenbar war er nach wie vor nicht bei bester Gesundheit, trotzdem war er nun eine sehr viel beeindruckendere Erscheinung als das Häufchen Elend, das in eine Decke gewickelt auf der Ladefläche gelegen hatte. Er schaute Jesse und das Gewehr in dessen Hand an, als sähe er beides zum ersten Mal.
    »Wo waren wir gerade?«
    »Beim Thema Müllentsorgung.«
    Krampus lächelte, wischte sich mit der Hand übers Gesicht und durch den Kinnbart, betrachtete das Blut an seinen Fingern und streckte die Hand dann Jesse hin. »Es gibt keine stärkeren Bündnisse als solche, die mit Blut besiegelt werden.«
    Jesse starrte das Blut an. »Was muss ich tun?«
    »Ich brauche ein Versteck. Einen Ort, an dem meine Wunden heilen können und ich mich vorbereiten kann. Außerdem brauche ich ein Gesicht, das nicht teergeschwärzt ist, und Augen, die nicht leuchten, um ein paar Dinge zu besorgen. Weiter nichts.«
    »Dafür hilfst du mir, meine Tochter zurückzubekommen? Dafür tötest du die Männer, die sie geholt haben?«
    Krampus’ Augen leuchteten auf. »Es ist lange her, seit ich zum letzten Mal schrecklich war. Das hat mir sehr gefehlt. Es wird wunderbar sein, die Angst in ihren Augen zu sehen, zu hören, wie sie um ihr Leben betteln, mich an ihrem Blut und ihren Todesschreien zu weiden.«
    »Sich an ihren Todesschreien weiden.« Jesse bewegte die Worte im Mund, wie um sie zu kosten. »Das klingt gut.« Er lehnte das Gewehr an den Wagen, ging auf Krampus zu und ergriff die ausgestreckte Hand.
    Jesse schloss einen Pakt mit dem Teufel, und es machte ihm nicht das Geringste aus.

    ***

    Brummend wanderte Dillards Handy über die Armaturen seines Chevys. Er stellte seinen Kaffee in den Tassenhalter, nahm das Telefon zur Hand, schaute auf das Display und überlegte, ob er rangehen sollte. Es war schon wieder der General, der bereits zum dritten Mal innerhalb einer Stunde anrief. Das Telefon hörte nicht auf zu brummen. Dillard verzog das Gesicht und klappte es auf.
    »Was gibt’s Neues?«, fragte der General. Seine Stimme war heiser, als hätte er geschrien.
    Dillard nahm das Telefon in die Linke und bog auf die Coal River Road ein. »Neues?«
    »Ja, was gibt es verdammt noch mal Neues?«
    Es gab nichts zu berichten. Jesse war mitsamt seiner Schrottkarre verschwunden. Das Bergland um Goodhope herum war von unzähligen Kohlestraßen durchzogen und von fast ebenso vielen alten Bergwerksstraßen, die größtenteils auf keiner Karte verzeichnet waren. Selbst wenn der General alle seine Männer losschickte, waren sie nicht genug, um auch nur die Hälfte des Areals abzusuchen. Selbst wenn mir die gesamte Polizei von West Virginia zur Verfügung stünde, würde es über eine Woche dauern, dachte Dillard. Das Problem war, dass der General das nicht hören wollte. »Noel ist im Norden und sucht derzeit die Hügel um Elk Run ab. Ich habe im Umland allen Leuten, auf die ich zählen kann, Bescheid gegeben und ihnen gesagt, dass die Sache zwischen mir und Jesse etwas Persönliches ist. Sie haben versprochen, die Augen offenzuhalten.«
    »Was ist mit der Landespolizei?«
    »Mit denen müssen wir

Weitere Kostenlose Bücher