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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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weiter geradeaus. Es war unübersehbar, daß sie nichts mehr zu sagen hatte.
    Jan war resigniert. »Ich lasse Ihnen meine Karte da«, sagte er schließlich und erhob sich. »Wenn Ihnen irgend etwas einfällt, dann melden Sie sich bitte bei uns. Es geht schließlich darum, den Mörder Ihres Mannes zu finden.«
    Eva Peuler kam wortlos mit zur Tür.
    »Na, dann auf Wiedersehen.« Vedder blickte noch einmal zurück. Aber Eva Peuler schloß einfach die Tür.

18
    Seine Mittagspause wollte Max nutzen, um Vincent zu sehen. Und da es jetzt um die Mittagszeit gnadenlos heiß war, entschied er sich, den kurzen Weg zum Krankenhaus zu Fuß zu gehen. Er nahm den schmalen Fußweg, der zur Klinik hinaufführte. »Den Geheimweg«, wie ihn Max und seine Freunde als Kinder genannt hatten. Der Pfad war steil und schlängelte sich in mehreren Windungen nach oben.Nach der ersten Kurve blieb Max einen Moment stehen und sah nach unten. Frau Peuler hatte mit dem Mord nichts zu tun, da war er sich sicher. Die Frau war völlig fertig, und Jan Vedder war es nicht gelungen, darauf einzugehen.
    »Scheiße, scheiße, scheiße«, hatte er im Auto geflucht. »Ich hab’s verbockt. Die Alte sagt kein Wort mehr.«
    »Im Moment nicht«, hatte Max ihn zu beruhigen versucht.
    »Ich konnte es einfach nicht mehr hören. Mein Mann ist kein streitsüchtiger Mensch.« Jan hatte Eva Peuler übertrieben nachgeahmt. » Man setzt sich auseinander, aber man schlägt doch nicht aufeinander ein. Natürlich schlägt man aufeinander ein, und zwar ganz gewaltig. Ich kann sie nicht mehr ab, diese Welt von weiß bekittelten Auseinandersetzern. Keiner sagt was. Keiner streitet sich. Friede, Freude, Eierkuchen. Zum Kotzen.«
    Max hatte auf weitere Kommentare verzichtet.
    Jetzt blickte er über die Stadt. Er konnte den hohen Kirchturm im Zentrum erkennen und sogar einen Zipfel vom alten Rathaus. Außerdem schimmerten ein paar der kleinen Fachwerkhäuser durch das Grün der Bäume. Friede, Freude, Eierkuchen. Alles paletti im Krankenhaus. Max war gespannt, wie Vincent die Sache sah.

19
    Dr. Peuler war auferstanden. Oder besser noch: Er war gar nicht tot. All das Gerede über den Mord war glatte Lüge. Da stand er vor meinem Bett und lächelte mich an.
    »Wir wären dann so weit«, flüsterte er in meine Richtung und ließ sich von seinem Assistenten Handschuhe reichen.
    »Wie weit?« fragte ich, weil ich die Situation beunruhigend fand. Eine halbe Fußballmannschaft hatte sich in meinem Zimmer versammelt, das war nicht gerade vertrauenerweckend – Dr. Kellermann stand da als Peulers Assistent, dahinter Dr. Lübke, der ein Silbertablett mit Skalpellen in der Hand hielt. Schwester Berthildis war gerade dabei, ihren Platz auf der anderen Seite meines Bettes einzunehmen. Damit raubte sie mir jede Fluchtperspektive. Am Fußende standen außerdem Pfleger Gustav und sein Lieblingsbettenläufer. Alle strahlten mich verheißungsvoll an.
    »Herr Jakobs, hoffentlich ist Ihnen bewußt, daß Sie mit der ersten Gehirntransplantation am Menschen weltweit in die Geschichte eingehen werden.«
    »Eine Gehirntransplantation?« Meine Stimme war ein einziges Kreischen.
    Dr. Peuler blieb die Ruhe selbst. »Das Aufklärungsgespräch wurde ja inzwischen geführt. Daher steht der Operation nun nichts mehr im Wege.«
    »Aber ich bin ein Blinddarm«, wimmerte ich. »Ich bin kein Gehirn, ich bin ein Blinddarm.«
    »Herr Jakobs, wenn ich richtig informiert bin, werden Sie in den nächsten Tagen Vater«, Dr. Peuler war so nett, noch ein paar Worte an mich zu richten, während er sich die Handschuhe überzog. Ich nickte ängstlich. In dieser Situation durfte man nichts falsch machen.
    »Ihnen muß klar sein, daß Sie mit Ihrer rheinischen Denkweise kein geeigneter Vater für Ihre Kinder sind. Es steht daher außer Frage, daß Ihnen ein sauerländisches Gehirn eingepflanzt werden muß.«
    »Ein was?« Mir brach der Schweiß aus. Fast zeitgleich zog Schwester Berthildis eine gigantische Spritze unter ihrer Tracht hervor und blinzelte mich erwartungsfroh an.
    »Herr Jakobs, Ihre Kinder werden bei uns im schönen Sauerland aufwachsen. In ein paar Jahren werden sie zum Kinderschützenfest marschieren, anstatt ihre Freizeit als Funkenmariechen zu vergeuden. Wenn alles gut läuft, werden sie dereinst in Siegen oder Dortmund studieren, auf keinen Fall aber in Düsseldorf oder Köln. Ist Ihnen das klar?«
    Schwester Berthildis machte ihre Spritze bereit. Ich wußte nicht, was ich antworten mußte. Sollte

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