Krank für zwei
sah es im eigenen Krankenhaus aus? Zum Beispiel, was das Verhältnis zum Verwaltungschef anging?«
»Zum Köster? Wissen Sie, ich glaube, in der jetzigen Phase ist ein entspanntes Verhältnis zum Verwaltungschef für einen Arzt gar nicht möglich. Die Verwaltung muß das Geld zusammenstreichen. Die Ärzte wollen die Qualität ihrer Abteilungen sichern und keine Stellenkürzungen hinnehmen.« Jan Vedder sah Eva Peuler aufmerksam an.
»Trotzdem gab es zwischen Hartmut und dem Köster keine Katastrophe. Meinungsverschiedenheiten natürlich, aber keinen erbitterten Kampf. Wissen Sie«, Frau Peuler versank wieder in diesen sonderbaren Trance-Zustand. »Hartmut wollte doch bald aufhören. Ein Jahr noch, hat er immer gesagt, dann bin ich weg. Er hat seinen frühzeitigen Ruhestand schon lange geplant, und zwar nach genau fünfundzwanzig Jahren am Pankratius. Und daraus hat er auch keinen Hehl gemacht. Die anderen wußten, daß Hartmut bald ausscheiden würde. Da machte man ihm doch nicht das Leben zur Hölle.«
»Trotzdem interessiert es mich, worüber debattiert wurde.«
»Wie ich schon sagte: Immer wieder ging es darum, ob das Pankratius mit einer anderen Klinik fusioniert. In letzter Zeit war etwas Neues im Gespräch.« Max wartete gespannt ab.
»Der Verwaltungschef wollte ein paar niedergelassene Ärzte rund um die Klinik ansiedeln. Ärzte, die dann Belegbetten im Krankenhaus haben. Ihm schwebte so eine Art« Medical Center »vor, in dem alle ärztlichen Fachrichtungen unter einem Dach untergebracht waren.«
»Wie stand Ihr Mann dazu?«
»Nun, er vertrat die Position, daß man sich mit bestimmten Fachrichtungen die Konkurrenz geradezu vor die Tür holt. Wenn ein niedergelassener Unfallchirurg im Ärztehaus unterkäme, würde das womöglich auf Kosten des Krankenhauses gehen.«
»Und stand Ihr Mann mit seiner Meinung allein da?«
»Das weiß ich nicht genau. Köster jedenfalls war ganz vernarrt in diese Idee. Er wollte sie auf Teufel komm raus durchkriegen – ganz unabhängig übrigens von einer möglichen Krankenhausfusion.«
»War schon klar, wer den Posten Ihres Mannes übernehmen würde?« Jan Vedder dachte jetzt in eine andere Richtung. »Ich meine, wenn er endgültig in Pension gehen würde.«
»Als Chefarzt? Nun, Hartmut hat immer vermutet, daß sein erster Oberarzt sich da Hoffnungen machte.«
»Dr. Lübke?«
Eva Peuler nickte. »Aber Hartmut wollte das nicht. Lübke ist ein guter Mann, ganz bestimmt. Aber von Hausbeförderungen hielt Hartmut nichts.«
»War das Dr. Lübke bewußt?«
»Keine Ahnung, aber ich nehme an, er hat es gemerkt.«
»Frau Peuler, Sie sagten, Ihr Mann sei Ärztlicher Direktor gewesen. War Lübke auch auf diesen Posten scharf?«
»Um Gottes willen. Selbst wenn er die Chefarztstelle bekommen sollte, wäre er als Direktor ohne jede Chance. Da stehen ganz andere Interessenten auf der Matte.«
»Und das wären?«
»Der Kellermann natürlich, Chefarzt der Gynäkologie. Der ist ehrgeizig. Das hat auch mein Mann immer gesagt. Der Kellermann ist noch nicht am Ende, der will noch weiterkommen. Der junge Kerl hat Hartmut oft genug angeschossen, aber der ließ sich so leicht nicht aus der Ruhe bringen. Gemach, Gemach, hat Hartmut immer gesagt, Ihre Zeit kommt noch, Herr Kollege. Und vorher lasse ich mich von Ihnen nicht über den Tisch ziehen.«
»Also, alles superklasse«, Jan Vedder wurde sichtlich ungeduldig. »Ihr Mann war die Ruhe in Person und stand auch heftigste Konflikte mühelos durch. Frau Peuler, Ihr Mann ist ermordet worden. Man hat ihm ein Kreuz in den Rücken geritzt. Das muß doch einen Hintergrund haben. Fällt Ihnen dazu irgend etwas ein?« Der Ton war zu hart gewesen. Frau Peuler sackte in sich zusammen.
Das wär’s gewesen, dachte Max.
»Wenn es schon keine ernsthaften Konflikte mit Kollegen gab«, fuhr Vedder fort, »dann vielleicht mit Patienten. Hat es in der letzten Zeit irgendwelche Zwischenfälle mit Patienten gegeben? Gab es einen Kunstfehler, ein Mißgeschick? Glaubte jemand, er sei von Ihrem Mann falsch behandelt worden?« Frau Peuler schwieg und starrte vor sich hin.
»Frau Peuler, Ihr Mann war Chirurg. Da gibt es schwierige Fälle, habe ich mir sagen lassen. Vielleicht ein Sportler, dessen Karriere vergeigt wurde? Oder ein Ehepartner, der glaubt, Ihr Mann habe die falsche Behandlung gewählt? So etwas gibt es. Bitte erinnern Sie sich!«
»Ich kann Ihnen nichts dazu sagen. Hartmut hat mir nie von einem solchen Fall erzählt« Frau Peuler starrte
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