Krank für zwei
Flasche ist nur –«, faselte ich herum, »zur Erinnerung.« Frau Peters starrte in eine andere Richtung. Trotzdem wußte ich, was in ihrem Kopf vorging. Morgens Lehrer, abends voller. Ich kannte die Sprüche nur zu gut.
Gott sei Dank klopfe es plötzlich an der Tür. Sicher war das die Schulleitung, die mich vor den Augen der Familie Peters zu meinen herausragenden Leistungen für die Schülerschaft beglückwünschen würde.
Keine Schulleitung, es war Max. Sein blondes Stoppelhaar konnte ich schon im Türrahmen erkennen. Auch wenn ich es drei Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte.
»Mittagspause!« rief er ins Zimmer hinein. »Herr Jakobs möchte bitte sofort in die Cafeteria kommen.«
»Ich eile!« antwortete ich und sprang aus dem Bett. Mein Kreislauf war noch nicht auf dem Damm, und plötzlich schmerzte meine rechte Seite. Egal. Max war genau der Richtige, wenn es um den Aufbau meines Selbstbewußtseins ging »Mahlzeit!« zwitscherte ich auf dem Weg nach draußen. Frau Peters warf noch einen Blick auf meine Flasche.
»Die ist für nachher«, erklärte ich im Laufen. »Man soll sich ja nicht alles auf einmal gönnen.«
20
»Wer hängt an der Spritze?« fragte ich Freund Max auf dem Flur. »Oder besser noch: Wer ist steinreich, weil er auf dem Schwarzmarkt Morphium verscherbelt?«
»Woher soll ich das wissen?« Max fuhr sich unwillig durchs Haar. »Und selbst wenn ich es wüßte, würde ich schweigen wie ein Grab. Polizeigeheimnis.«
»Ach, so läuft das!« meckerte ich. »Ich dachte, wir sind die drei Musketiere – immer einem Unrecht auf der Spur. Du bei der Kripo, Alexa im Außendienst und ich undercover vor Ort.«
»Hör auf, du Spinner!« Max schlug mir auf den Rücken. »Sag mir lieber, mit wem sich das Krankenhaus verbünden will.«
»Verbünden? Fusionieren sozusagen? Mit dem Katharinen-Hospital, das pfeifen doch schon die Ärzte von den Dächern. Und du als Eingeborener kennst dich nicht aus?«
»Ich bin ja gerade erst in den Fall eingestiegen. Aber fusionieren ist sowieso nur eine Variante der zukünftigen Krankenhausplanung. Ein Ärztehaus scheint genauso wichtig zu sein.«
»Ein Ärztehaus«, jetzt war ich platt, »ich nehme an, damit ist nicht ein Haus für mißhandelte Ärzte gemeint, sondern eher eins von Ärzten.«
»Ganz richtig, mein Sohn, ein Medical Center soll’s werden mit allem Zipp und Zapp und vor allem direktem Anschluß ans Krankenhaus.«
»Schön gedacht. Aber wo ist das Problem und mehr noch: warum interessiert dich das, wo du nicht mal ein Blinddarmkranker bist.«
»Ich weiß nur, daß solche Planungen hier im Hause eine Rolle spielen. Und ich weiß, daß Peuler, einer der Hauptentscheider, tot ist.«
»Wobei du einen Zusammenhang siehst.«
»Könnte doch sein, jedenfalls, wenn die Morphiumkarte nichts hergibt.«
»Apropos Karte. Da fällt mir Speisekarte ein. Gehen wir in die Cafeteria?«
»Danke für die Einladung«, Max grinste nett. »Ich habe schließlich Mittagspause.«
»Na dann, die Tagessuppe paßt zu deinem Berufsziel.«
»Was denn? Erbsensuppe? Grün wie meine künftige Uniform?«
»Nicht ganz.« Ich grinste zurück. »Wenn mich nicht alles täuscht, gibt’s Bullenschwanzsuppe.«
21
»Unterrichten Sie Kunst?« Frau Peters konnte so entzückende Fragen stellen. Ich starrte sie verständnislos an. Nun deutete sie auf das Blatt, auf dem ich gerade munter Kringel malte. Die Frau mußte Adleraugen haben. Instinktiv hielt ich zu, was ich soeben geschaffen hatte.
»Kunst? Nein, Deutsch und Geschichte.«
»Ah«, Frau Peters lächelte milde. »Auch interessant.«
»Ich fertige nur gerade eine Grobstrukturierung des weiteren Unterrichtsplans an.« Ich wußte, daß Frau Peters nur das Schlimmste über mich dachte, aber man konnte es ja mal probieren.
»Na, dann will ich Sie nicht weiter stören!«
Ich drehte mich zur anderen Seite und betrachtete mein Werk. Seitdem Max wieder weg war, beschäftigte mich die Sache sehr. Dr. Peuler stand in der Mitte des Blattes. Dahinter ein großes Kreuz. Das Ganze war angelegt wie ein Speichenrad. In der Mitte der Name des Mediziners, davon ausgehend Verbindungslinien zu verschiedenen anderen Personen. So versuchte ich etwas Licht in den Beziehungsdschungel zu bringen und mögliche Verdächtige auszumachen. Gut, ich wollte mich eigentlich nicht aktiv in die Ermittlungsarbeit einmischen, aber so ein bißchen rumkritzeln konnte man ja nun wirklich nicht als Einmischung bezeichnen, oder?
Zum Kreis derer, die
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