Krank für zwei
Infusionsständern und Bademänteln tauschte man Theorien über den Mordfall Dr. Peuler aus. Ich stellte mich etwas abseits und sah aus dem Fenster.
Der Türsteher wiederholte seine Worte erneut, obwohl die Leute sich inzwischen schwerfällig fortbewegt hatten. Als andere Stimmen lauter wurden, drehte ich mich um.
»Herr Köster, dürfen wir Sie noch zu einem privaten Interview bitten?«
Ein Mann um die Fünfzig in stahlgrauem Anzug war aus der Cafeteria gekommen und wurde offensichtlich von einer Reporterin verfolgt.
»Sie haben während der Pressekonferenz alles Wichtige gehört«, versuchte dieser Köster sich herauszureden. »Ich kann wirklich nicht –«
»Wie sieht die Zukunft des Pankratius-Krankenhauses aus?« Die Journalistin ließ sich keineswegs abwimmeln, sondern hielt ihrem Gegenüber ein winziges Aufnahmegerät vor den Mund.
»Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß Sie soeben ausreichend Gelegenheit hatten –«
»Gibt es bereits einen Nachfolger für Dr. Peuler?«
Endlich steckte dieser Köster auf und ging auf die Fragen ein.
»Herr Dr. Lübke, der leitende Oberarzt, wird kommissarisch die Leitung der chirurgischen Abteilung übernehmen. Aber Sie werden verstehen, daß es noch viel zu früh ist, über die weiteren Entwicklungen zu sprechen.«
»Herr Köster, als Verwaltungsleiter wissen Sie sicherlich, daß Gerüchte über den Zusammenschluß mit anderen Krankenhäusern der Region im Umlauf sind. Gibt es bereits Planungen hinsichtlich der Frage, ob alle Abteilungen Ihres Hauses weitergeführt werden? Wird man womöglich die Gelegenheit nutzen, Herrn Dr. Peulers Stelle gar nicht neu zu besetzen?«
»In der heutigen Zeit sind Fusionen mittelgroßer Kliniken unumgänglich«, führte Verwaltungsdirektor Köster aus. Der Schweiß stand ihm sichtlich auf der Stirn. »Dabei geht es vor allem darum, logistische Verbesserungen herbeizuführen. Von einer Streichung einzelner Abteilungen kann überhaupt keine Rede sein.«
»Angeblich hat sich vor allem Dr. Peuler für den Erhalt aller Abteilungen eingesetzt, nicht zuletzt in Auseinandersetzung mit der Verwaltung. Jetzt ist Dr. Peuler tot. Ermordet. Sehen Sie da einen Zusammenhang?«
»Einen Zusammenhang? Was soll ich denn da für einen Zusammenhang sehen? Ich muß doch sehr bitten.«
»Aber Sie können nicht sicher bestätigen, daß Dr. Peulers Stelle neu besetzt wird?«
»Ich kann derzeit noch überhaupt nichts bestätigen. Unser geschätzter Mitarbeiter ist gerade einen Tag tot. Im Moment muß es vor allem darum gehen, die Mordermittlungen voranzubringen. Erst danach können wir in aller Ruhe weitere Planungen vornehmen.«
»Herr Köster, Gerüchte besagen, daß in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses ein medizinisches Zentrum entstehen soll. Können Sie dazu etwas sagen?«
Köster lief rot an und schluckte.
»Ist es wahr, daß Dr. Peuler sich gegen eine solche Planung ausgesprochen hat?«
Jetzt war es Köster ein für allemal genug. Er drehte sich um und verschwand. Nach meinen Schätzungen hatte der Mann in den letzten drei Minuten etwa 400 Kalorien abgebaut.
Plötzlich war eine weitere Stimme zu hören. Sie war nicht ganz so tief wie die des Verwaltungsdirektors, aber dafür deutlich wichtiger.
»Haben Sie Verständnis, wenn wir so bald nach dem Tod unseres lieben Mitarbeiters nicht auf alle Fragen antworten können.«
Ich drehte mich um. Ein Mann war aus der Cafeteria herausgekommen und drängte sich ans Mikrofon.
»Als Pflegedienstdirektor kann ich wohl die Betroffenheit des gesamten Krankenhauspersonals nur ein weiteres Mal wiederholen. Wir sind wohl alle zutiefst bestürzt über den Tod unseres lieben Mitarbeiters und können wohl noch nicht richtig verstehen, wieso er das – wie das – ich meine« Der Typ verfuckelte sich in seinem Satz und hörte mit hochrotem Kopf auf zu sprechen. Gleichzeitig straffte er sein Jackett, das sehr neu aussah, aber ein bißchen zu knapp war.
»Herr Bergner, vielleicht können Sie uns etwas über eine Fusion und über das neue Ärztehaus sagen? Wie weit sind nach Ihrem Kenntnisstand die Planungen gediehen?«
»Nun, Sie können mir glauben, wir Mitarbeiter der Führungsebene sind natürlich ständig mit diesen Themen beschäftigt, wiewohl wir das Wohl des Hauses immer im Blick haben. Will sagen, es ist wohl eine Sache der Zeit –«
»Danke sehr!« Die Redakteurin tat das einzig Richtige. Sie packte ihr Mikrofon weg. »Dann will ich Sie mal nicht weiter stören, Herr Bergner. In
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