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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Schlappen.
    »Bin gleich wieder da«, log ich und verschwand aus dem Zimmer. Die zweite Dame schickte mir ein freundliches Lächeln nach. Draußen atmete ich tief durch. Ich wußte, daß all diese Institutionen ihren Sinn hatten. Ich wußte, daß es auch in diesem Krankenhaus Menschen gab, die sehnlichst auf den Caritas-Besuchsdienst warteten. Ich wußte, daß diese Damen das ehrenamtlich taten – nicht für Geld und ohne großartigen Dank. Aber trotzdem war ich froh, daß ich die Flucht ergriffen hatte. Keinen Small talk. Nicht hier. Nicht heute. Nicht jetzt.
    Wie aus Gewohnheit schlenderte ich in Richtung Cafeteria. Obwohl es schon auf den Abend zuging, war immer noch viel los. Ich erkannte den Patienten wieder, der regelmäßig über den Flur humpelte. Vorm Aufzug dann eine wirkliche Überraschung: Friederike Glöckner, die leicht überdrehte Schauspielerin, die seit meiner Ankunft im Sauerland immer mal wieder in meinem Leben auftauchte. Nicht unbedingt zu meinem Vergnügen. Und noch viel weniger zu Alexas, die Friederike regelmäßig als affektierte Schnecke bezeichnete. Trotzdem überkam mich blankes Mitgefühl, als ich sie sah. Friederike Glöckner saß im Rollstuhl, beide Arme und ein Bein bandagiert.
    »Ach du liebe Güte«, rief ich. »Was ist denn mit dir passiert? Ein Autounfall?«
    »Vincent!«
    Nun, zumindest Friederikes Stimme war unversehrt Ziemlich hoch und ziemlich schrill. Es war mir ein Rätsel, wie sie damit eine Schauspielkarriere zustande brachte. Wenn sie es denn wirklich tat Bei Friederikes Erzählungen konnte man nicht immer ganz sicher sein, daß sie Bodenhaftung hatten.
    »Daß wir uns hier wiedersehen!« Friederike hätte mich jetzt sicher umarmt, wenn sie nicht ausgiebig gehandicapt gewesen wäre.
    »Friederike, bist du auf Stuntman umgesattelt – oder besser Stuntwoman – wie sagt man in euren Kreisen?«
    »Ich bitte dich.« Friederike verzog schmollend den Mund, was ihr mit ihren gewaltigen Lippen leichtfiel. »Ich habe neue Inline-Skates gekauft. Die wollte ich mal ausprobieren – ohne Gelenkschoner.«
    »Na, das hat sich ja gelohnt.« Mir ging durch den Kopf, wie Miss Glöckner derzeit ihre Toilettenbesuche regelte. Zum ersten Mal im Leben empfand ich ehrliches Mitgefühl. Andererseits war ihr Haar trotz allem in Schuß. Da schien sich doch jemand rührend um sie zu kümmern.
    »Das Schlimmste liegt bereits hinter mir – die Sache ist schon vor zehn Tagen passiert. Heute bin ich nur zur Untersuchung da. Aber bei dir geht es ja auch nicht gerade uninteressant zu: Ich habe gehört, du hast geheiratet?« Ich hätte mir denken können, daß sie das Thema anschnitt. Ich nickte stumm.
    »Und? Glücklich?«
    Ich strahlte sie an, obwohl es sinnlos war. Friederike Glöckner war im großen und ganzen davon überzeugt, daß man nur mit ihr glücklich werden konnte.
    »Das sieht man doch!« Die Bemerkung kam von dem Mann, der den Rollstuhl schob. Ich erkannte ihn auf Anhieb wieder. Der Kollege von Gustav, der mich damals aus der Aufnahme geholt hatte. Der Läufer.
    »Hallo«, sagte ich. »Schon wieder im Dienst?«
    »Aber immer«, antwortete er lächelnd. »Na ja, fast.«
    Im Fahrstuhl berichtete Friederike von sechs Schauspielengagements, die ihr aufgrund ihres Unfalls durch die Lappen gegangen waren. Ich halbierte die Anzahl in Gedanken und zog dann noch mal drei ab.
    »Stell dir vor –«, inzwischen waren wir schon im zweiten Stock angekommen, »ein Angebot in Prag für ein Musical«, vor mir öffnete sich die Aufzugstür, »ich muß dir unbedingt in Ruhe davon erzählen.« Als ich draußen stand und sich die Tür geschlossen hatte, hörte ich, daß Friederike bereits mit ihrem Bericht begonnen hatte. Der arme Läufer. Hoffentlich war er ein geduldiger Mensch.
    Vor der Cafeteria sah ich sofort, daß etwas im Busch war. Eine Traube von Menschen drängelte sich vorm Eingang. Irgend jemand stand vor der Tür und versuchte, sich Gehör zu verschaffen.
    »Nur Pressevertreter«, sagte die Stimme. »Liebe Patienten, bitte gehen Sie auf Ihr Zimmer. Morgen früh wird die Cafeteria wie üblich geöffnet haben.« In regelmäßigen Abständen wiederholte er seine Worte. Trotzdem löste sich die Menschentraube nur zögerlich auf.
    »Bitte haben Sie Verständnis, daß Sie während der Pressekonferenz die Cafeteria nicht benutzen können. Bitte gehen Sie auf Ihr Zimmer. Morgen ist die Cafeteria wie gewohnt geöffnet.«
    Die Menschentraube grummelte vor sich hin. Zwischen Krücken, fahrbaren

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