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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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elektromagnetischen Feld eingefangen und wie ein Surfer, auf einer Welle reitend, von dieser beschleunigt wird.
    Die Morgenröte der High-Tech-Medizin
brach im Jahr 1948 in London an. Damals wurde im Hammersmith Hospital ein technisches Ungetüm installiert, das mehrere Stockwerke des Gebäudes in Anspruch nahm und Elektronen mit einer Energie von 8

000

000 eV ausspucken konnte. Dieser erste Linearbeschleuniger verwendete noch die produzierten Elektronen selbst zur Bestrahlung der Tumore. Elektronen haben allerdings den Nachteil, dass sie aufgrund ihrer Masse und ihrer Ladung weniger tief ins Gewebe eindringen können als Photonen mit vergleichbarer Energie.
    Die ultimative Bestrahlungsmaschine, der Linearbeschleuniger, der hochenergetische Photonen produziert, war schließlich vor allem der Initiative von Henry Kaplan zu verdanken. 51 Dieser umtriebige Amerikaner war Professor für Radiologie an der Universität von Stanford in Kalifornien. Die klassische Form der Radiologie, die Diagnostik, langweilte ihn allerdings eher. Was ihn wirklich interessierte, waren die therapeutischen Möglichkeiten der Strahlung, insbesondere ihre Möglichkeiten bei der Behandlung von Krebs. Kaplan war sich schmerzlich bewusst, dass die Ausrüstung der Strahlentherapeuten für diesen Zweck noch ziemlich unzureichend war. Er setzte alles daran, diesen Zustand zu ändern. Stanford bot Anfang der fünfziger Jahre ein ideales Umfeld für seine Absichten. Auch die Physiker der Universität waren daran interessiert, Geräte zu entwickeln, die Photonen mit bisher ungekannten Energien produzieren konnten. Kaplan wollte dafür sorgen, dass dabei auch ein neues Werkzeug für die Strahlentherapie entstand.
    Tatsächlich sollte 1956
in einem Lagerkeller in San Francisco der erste Linearbeschleuniger der Welt installiert werden, der ausschließlich für medizinische Zwecke entwickelt wurde. Damit stand jetzt eine Strahlenkanone zur Verfügung, die Photonen lieferte, deren Energie so hoch war, dass sie kaum gebremst den kompletten Körperquerschnitt eines Menschen durchdringen konnten. Jeder noch so tief gelegene Tumor war jetzt für die Strahlung erreichbar geworden. Der Linearbeschleuniger ist heute das »Arbeitspferd« aller Strahlentherapeuten rund um den Globus. Die heutigen Geräte haben mit ihrem Urahn aus dem Jahr 1956 zwar ähnlich viel gemein wie ein VW-Käfer aus den fünfziger Jahren mit einem aktuellen Golf-Modell – am Grundprinzip des Linearbeschleunigers hat sich aber bis heute nichts verändert.
    Abbildung 11: Moderner Linearbeschleuniger mit Roboter-gesteuertem Tisch und integriertem Computertomographen (Cone-beam-CT) zur Überprüfung der korrekten Lagerungsposition.

Denn endlich wissen sie, was sie tun
    In gewisser Hinsicht sind Chirurgen glückliche Menschen. Sie sehen ganz unmittelbar die (hoffentlich segensreichen) Folgen ihres Tuns. Auch Ärzte, die mit Pillen, Pülverchen und Tropfen hantieren, betreiben ein einigermaßen handfestes Geschäft. Medikamente sind Substanzen, die in die Hand genommenund abgewogen werden können. So bereitet es keinerlei Probleme, jedem Patienten exakt vergleichbare Dosen verordnen und verabreichen zu können.
    Die Strahlentherapie dagegen
arbeitet mit einem Therapeutikum von geradezu platonischer Abstraktion. Photonen sind immateriell und ungreifbar. Unsere Möglichkeiten, Strahlung zu messen, zu quantifizieren und zu vergleichen, sind ausschließlich mittelbarer Natur. Erst mit der Entwicklung von Coolidges Kathodenstrahlröhre standen Geräte zur Verfügung, die wenigstens auf Seiten der Produktion einigermaßen verlässlich konstante Mengen an Strahlung zur Verfügung stellen konnten. Weit schwieriger als die Quantifizierung dessen, was die Röntgenröhre verlässt, war aber die Abschätzung der Strahlendosis, die im Tumor tatsächlich ankommt. Die Dosis beim Austritt aus der Strahlenkanone unterscheidet sich von dem, was im Zielgebiet ankommt. Sobald Photonen auf Materie treffen, wird ein Teil der Strahlung gestreut, geschwächt oder absorbiert. Viele Photonen werden von ihrer Bahn abgelenkt, gebremst, verschluckt, oder ihre Energie wird in aus Elektronen bestehende Sekundärstrahlung umgewandelt.
    Um Strahlung nachzuweisen und zu messen, mussten zunächst entsprechende Messkammern und Detektoren entwickelt werden. Erst dann konnte eine physikalische Einheit definiert werden, mit der die Strahlung objektiv quantifiziert werden konnte. Diese Einheit wurde zunächst rad genannt,

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