KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
ein Quer- und ein Höhenlaser, die ihre grellroten Lichtlinien auf die Haut des Patienten zeichnen. Diese Linien kreuzen sich in einem imaginären und willkürlich festgelegten Punkt im Innern des Patienten, dem Referenzpunkt. Dieser Punkt wird so markiert, dass er im erstellten Bildmaterial jederzeit wiedergefunden werden kann. Er dient als räumlicher Bezugspunkt, um die Anatomie des Patienten und seines Tumors mit der Geometrie der Bestrahlungseinrichtung in Beziehung zu setzen. Die Linien, die der Laser auf den Patienten wirft, werden auf seiner Hautoder auf entsprechenden Maskensystemen, mit denen der Patient am Tisch fixiert ist, eingezeichnet. Da im Bestrahlungsraum das identische Lasersystem installiert ist, kann der Patient in diesem Koordinatensystem bei jeder Bestrahlung in Bezug zum Bestrahlungsgerät wieder an derselben Stelle positioniert werden.
Im Gegensatz zur Blaupause muss bei einer Bestrahlung die Position von Vorlage und »Kopie« nicht in zwei, sondern in allen drei Dimensionen des Raumes kongruent sein. Daher werden je nach Anforderungen an die Präzision entsprechende Positionierungshilfen verwendet, die den Patienten jedes Mal in möglichst dieselbe Körperhaltung bringen. Das können Schalen aus speziellen, verformbaren Kunststoffen oder Vakuumkissen sein, in denen der Patient dann wie in einem Kokon liegt. Bei besonders hohen Anforderungen an die Übereinstimmung werden Kopf- oder Körpermasken hergestellt, mit denen der Patient am Bestrahlungstisch fixiert wird.
Im Extremfall, bei der Bestrahlung von Tumoren im Auge, an der Netzhaut oder am Sehnerv, wenn die Lagerungspositionen um weniger als einen Millimeter variieren sollten, werden unter Umständen sogar Metallringe mit Hilfe von Schrauben in der Schädelkalotte verankert und anschließend fest mit dem Bestrahlungssystem verbunden. Inzwischen gibt es auch Bestrahlungsgeräte, die einen Computertomographen integriert haben, so dass auch während der Bestrahlung selbst Lagevariationen im Körperinnern, die durch Schrumpfung des Tumors oder durch Organbewegungen entstehen, zum Teil berücksichtigt und kompensiert werden können. 72
Die Nutzung des Computertomographen
zur Bestrahlungsplanung ermöglichte aber noch einen weiteren entscheidenden Schritt hin zu einer individuell auf den einzelnen Patienten zugeschnittenen Bestrahlung. Ein Computertomogramm liefert ein individuelles 3D-Modell der Anatomie des Körpers inklusive der Krebsherde. Dieses 3D-Modell entsteht auf der Basis der unterschiedlichen Dichteverteilung im Körper. Röntgenstrahlen werden bei ihrer Reise durch den Körper in Abhängigkeit vom Material, das sie durchqueren, in unterschiedlicher Weise abgeschwächt. Diese Informationen über die differentielle Abschwächung von Röntgenstrahlen sammelt der Computertomograph und errechnet daraus ein Bild. Die Informationen über die räumliche Verteilung der Dichte im Gewebe des Körpers kann aber auch genutzt werden, um den Weg eines therapeutischen Photonen-Strahls nach Eintritt ins Gewebe vorauszuberechnen.
Die 3D-Bestrahlungsplanung liefert also nicht nur präzisere Informationen über die Lage des Tumors. Auf der Basis der topographischen Informationen der CT-Bilder in Kombination mit der Information über die räumliche Verteilung der Dichte kann die geplante Bestrahlung auf dem Computer simuliert und dabei ein individuelles Modell der zu erwartenden räumlichen Verteilung der Strahlung im Körper errechnet werden.
Der Computertomograph kreiert Querschnittsbilder des Körpers,
die, in Schichten aufeinandergestapelt, in der Summe eine dreidimensionale anatomische Darstellung ergeben. Diese Bilder werden auf einen Bestrahlungsplanungs-Rechner übertragen. Da die heutigen Rechnersysteme anatomisch (noch) blind sind, muss an dieser Stelle des Prozesses der Arzt eingreifen. Mit einer entsprechenden Software kennzeichnet er auf dem Bildschirm vor sich die relevanten Organe der Region wie zum Beispiel Herz, Lunge, Niere, Leber oder auch Nervenbahnen und natürlich das Gewebe des Tumors. Dann legt er Schnitt für Schnitt verschiedene Zielvolumina um das Tumorgewebe herum fest. Diese Zielvolumina sind die Regionen, die entweder manifest oder potentiell mit Tumorzellen kontaminiert sind und die jeweils mit einer bestimmten, vom Arzt festgelegten Dosis bestrahlt werden sollen. Aus dem Stapel der vielen einzelnen Schichten rekonstruiert der Rechner dann durch Extrapolation eine dreidimensionale Darstellung der Lage und der Gestalt
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