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Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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10-Schuss-Magazin.«
    »Aus Belgien importiert.« Bubba kannte sich aus. »Das Original.«
    »Drunter machen wir's nicht.«
    »Hast du eine mit mattblauer Oberfläche?«, erkundigte sich Bubba. »Dann würd sie nicht so auffallen.«
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Winnick. »Mensch. Wenn du nur gestern reingeschaut hättest. Da hatte ich noch elf Stück.«
    »Egal, diese tut's auch«, sagte Bubba.
    Auch Patty Passman dachte voraus. Seit zwölf Jahren hatte sie keine Azalea Parade versäumt und wollte auch diese nicht verpassen. Obwohl Rhoad ungerechtfertigterweise versucht hatte, ihr eine Menge anzuhängen, war er doch nur mit »Angriff auf einen Polizeibeamten« erfolgreich gewesen. Sie wünschte, der Kautionsmakler Willy »Lucky« Loving würde endlich auftauchen und sie verdammt nochmal hier rausholen.
    Gewahrsam hieß lediglich, dass sie in einem einsehbaren sicheren Raum saß, wo die Insassen ihre eigenen Kleider behielten und nur ihre Gürtel abgeben mussten, damit sie sich nicht so leicht umbringen konnten. Passman war verschwitzt, ihre Strumpfhose so zerrissen, dass sie keine andere Wahl hatte, als sie direkt vor ihrer Zellengenossin Tinky Meaney auszuziehen. Tinky war Lastwagenfahrerin für die Firma Dixie Motorfracht und war wegen einer Rauferei auf dem Parkplatz einer Fernfahrerkneipe in der Hull Street festgenommen worden.
    Passman kannte die genaueren Hintergründe nicht, aber dessen war sie gewiss: Tinky Meaney gehörte nicht zu denen, die sie auf eine Mädchenkuschelparty mit Übernachten einladen würde.
    »Ich wünschte, er würde sich beeilen«, sagte sie von ihrer schmalen, ausklappbaren Eisenpritsche herab. Sie sagte es immer wieder, damit Meaney nicht auf den Gedanken kam, Passman hätte an ihrer Anwesenheit Gefallen und es nicht eilig, wegzukommen. Meaney war ein Riesenweib. Sie gehörte zu denen, die immer behaupteten, sie wären nicht dick, sondern nur grobknochig und stabil gebaut. Das war natürlich Unsinn.
    Meaneys Schenkel waren dicker als die größten Smithfield-Schinken, die Passman je gesehen hatte, und jedes Mal, wenn Meaney durch die kleine Zelle stapfte, pfiffen ihre Jeans, weil sich ihre Oberschenkel aneinander rieben. Sie hatte fette Hände mit Stummelfingern und kräftigen Knöcheln, die von dem Faustkampf, dem sie den Aufenthalt hier verdankte, zerkratzt und geschwollen waren. Sie hatte praktisch keinen Hals. Als sie so auf ihrer Pritsche saß und Passman ansah, hingen ihre Brüste schwer über die leeren Gürtelschlaufen hinab. Zwischen dem Saum ihrer Jeans und dem oberen Rand ihrer handgemachten schwarzroten Cowboystiefel kamen haarige bleiche Beine zum Vorschein.
    »Worauf starrst du denn so?«, fragte sie Passman. »Auf gar nichts«, log Passman.
    Meaney legte sich auf die Seite, stützte sich auf ihren Ellbogen, das Kinn in der Hand, und blickte Passmann unverwandt an. In ihren stechenden dunklen Augen lag ein Ausdruck, den Passman sofort erkannte. Im selben Moment stellte sie erstaunt fest, dass Meaneys Brüste noch größer waren, als Passman gedacht hatte. Eine hing über die Bettkante und berührte beinahe den Boden. Sie ließ an einen Sandsack denken. Passman realisierte, dass Meaney unter ihrem »Motor Mile Towing & Flatbed Service«-Sweatshirt keinen Büstenhalter trug. Das erinnerte Passman an eine weitere schlechte Karte, die ihr das Leben zugespielt hatte. Ganz egal, wieviel Gewicht sie im Lauf der Jahre zugelegt hatte, ihre Brüste hatten das ignoriert. Ihre Fettzellen hatten jeder Verlockung zu Wachstum und Gedeihen ein Schnippchen geschlagen. Und das schon seit jeher. Als Ursache dafür hatte sie im Verdacht, dass sie als kleines Mädchen immer ein Junge hatte sein wollen und dieser Teil der Programmierung dann nicht mehr gelöscht werden konnte, als sie später zu ihrem wahren Geschlecht zurückkehrte.
    Es war schrecklich erniedrigend gewesen, wenn im Sexualkundeunterricht der achten Klasse Lehrfilme über die Menstruation gezeigt wurden und sie mit anschauen musste, wie vor ihr auf der Leinwand der weibliche Körper Gestalt annahm, die Brüste sich rundeten, der birnenförmige Muskel der Gebärmutter die Regelblutung ausschied, die dann als wandernde Schraffierung durch den ausgebildeten weiblichen Körper hinaus auf die Leinwand floss.
    Alle anderen Mädchen konnten sich darin wiederfinden, Passman nicht. Wenn sie ehrlich war, hätte sie ihr ganzes Leben lang ohne Büstenhalter auskommen können. Ihre Perioden waren eher Kommas, kurze monatliche

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