Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuz des Südens

Kreuz des Südens

Titel: Kreuz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
ich hingehe, wird er mich finden und mir den Kopf runterblasen. Er ist schlimmer als der Teufel!«
    »Klingt, als ob's nur eine Lösung gäbe.« Pigeon grübelte über die Situation. »Du sagst, die Cops könnten hinter dir her sein?«
    »Vielleicht.« »Was hast du gemacht?« »'ne Statue im Friedhof angemalt.« »Lass sie dich schnappen.« Weed war schockiert. »Warum sollte ich das tun?«, fragte er. »Weil, wenn du eingesperrt wirst, kriegt dich dieser Teufel nicht.«
    »Ich will nicht in den Knast!«
    »Sie stecken dich in ein Heim für Kinder. Genau gegenüber von da, wo der Knast ist. Du kriegst was zum Anziehen, drei Mahlzeiten am Tag, dein eigenes kleines Zimmer, kannst Basketball spielen, Fernsehen, bekommst Unterricht; wenn du 'n Arzt brauchst oder 'n Psychologen, kannste alles haben. Nicht schlecht, oder? Musst dir mal die Kids von der Straße anhören. Urlaub. Hey, wo warst du Mann? Mann, ich war im Urlaub. Die verdammten kleinen Hurensöhne. Ich sag dir, vor diesen Scheißern hab ich Angst. Sie haben mich schon verprügelt, ausgeraubt, ausgeplündert, mir in die Eier getreten. Einmal haben sie mich angezündet, nur so zum Spaß. Und was passiert dann mit ihnen? Sie gehen zwei, drei Wochen lang auf Urlaub. Dann kommen sie wieder raus, lachen, prahlen, die Taschen voller Bargeld.«
    »Ich will nicht in Urlaub«, sagte Weed.
    »Willste sterben?«
    »Nein. Hm, hm, Pigeon. Will ich nicht.«
    »Dann lass dich einsperren, irgendwo, bevor dich dieser Teufel findet«, sagte Pigeon. »Und wenn du wieder draußen bist, hat ihn vielleicht jemand anders erwischt. Solche Kerle leben nicht lange.«
    Drei Blöcke südlich, die Spring Street runter, inspizierten Brazil und West einen Zaunabschnitt der letzten Ruhestädte von Präsidenten, Gouverneuren, Bürgerkriegshelden, Richmonds ersten und feinsten Familien und, seit kurzem, von Bürgern jeglicher Herkunft, die hier bestattet werden wollten und feststellen mussten, dass sämtliche Plätze mit Flussblick bereits belegt waren. In einem abgelegenen Abschnitt des Hollywood-Friedho fs, in der Nähe eines Brombeergebüschs, das sich zum Fluss hinunter zog und wo soeben das Licht der aufgehenden Sonne nach den kühlen Schatten griff, hatten West und Brazil ein Loch im Zaun entdeckt. Es war groß genug, einem mittelgroßen Erwachsenen unrechtmäßig Eintritt zu gewähren. Aber die Ränder waren zu verrostet, um den Eindruck zu vermitteln, dass der Maschendraht in den letzten Monaten oder gar Jahren zerschnitten worden war.
    »Hier ist er jedenfalls nicht reingekommen«, sagte Brazil und sah sich um.
    West war durch die Entdeckung irritiert, hauptsächlich, weil sie das Loch nicht zuerst gesehen hatte. »Wusste gar nicht, dass du so ein Detektiv bist. Ich hab dich immer für so 'n Zeitungsfritzen gehalten.« »Ich bin kein Zeitungsfritze.«
    »Na gut, ein PR-Spezialist, ein Reporter, ein Schriftsteller.« Brazil erinnerte sich an seinen Kommentar auf der ersten Seite, der bald wieder fällig war und mit dem er noch nicht mal angefangen hatte. Auch am Newsletter für die Website konnte er im Moment nichts tun, denn das Computersystem hing immer noch auf der Karte mit den Fischen fest. Und an das SoftwareHandbuch, das er mithelfen sollte zu schreiben, hatte er noch keinen Gedanken verschwendet; als ob das im Moment eine Rolle spielte.
    »Wenn ich das mal sagen darf, es war nicht schwer für ihn, reinzukommen«, sagte West.
    Brazil stieg durch das Loch, vorsichtig, um nicht mit der Uniform hängen zu bleiben oder sich zu verletzen.
    »Du hast Recht«, sagte er. »Kommst du rein?«
    »Nein, das ist deine fixe Idee, nicht meine. Ich glaub schon mal nicht, dass er zum Tatort zurückkehrt, wie du sagst. Was macht dich da so sicher?«
    »Weil das, was er getan hat, sehr persönlich und emotional war«, sagte Brazil. »Ich glaube, er kann gar nicht anders, als noch mal einen Blick zu riskieren. Für ihn ist die Statue nicht Jeff Davis. Sie ist ein Denkmal für Twister. Da muss sich ganz schön was abspielen in Weeds Kopf, und ich hab vor, ihn mir zu schnappen, bevor es die Hechte tun.«
    »Vielleicht haben sie ihn längst gefunden«, sagte West. Brazil dachte darüber nach, während seine Augen über ein paar schiefe Grabsteine wanderten, die schon so alt waren, dass ihm die Inschriften wie die Geister von Worten vorkamen, die man heute nicht mehr entziffern konnte. Bäume, die schon vor dem Bürgerkrieg hier gestanden hatten, warfen schwarze Schatten, die Blätter raschelten im

Weitere Kostenlose Bücher