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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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bekümmert.
    »Zeigen Sie
ihn mir mal?«
    Ayse
zögerte. Doch Orhan sprang schon auf. »Ich hole ihn.«
    Hünerbein
wandte sich wieder an Hüseyin. »Hat sonst noch jemand Schlüssel für das Auto?«
    Der
Blumenhändler schüttelte den Kopf.
    »Das heißt,
es gibt nur zwei Autoschlüssel für den Wagen?«
    »Drei.«
Hüseyin holte sein Portemonnaie hervor, öffnete es und nahm einen weiteren
Schlüssel heraus. »Das ist ein Ersatzschlüssel. Den trage ich immer bei mir.
Falls –«
    »Schon
gut«, winkte Hünerbein ab.
    Im Flur
rief Orhan seine Mutter. Er könne deren Autoschlüssel nicht finden. Ayse
erwiderte etwas auf Türkisch, erhob sich und folgte ihrem Sohn in den Flur.
Rasch erhob sich Hünerbein. Das war die Gelegenheit. Endlich konnte er den
Blumenhändler etwas fragen, jetzt, wo dessen Frau aus dem Raum war.
    Aus Rücksichtnahme
auf den im Wohnzimmer verbliebenen zweiten Sohn Cemir nahm Hünerbein den
Blumenhändler etwas beiseite und raunte: »Mal unter uns Männern: Sie waren
Ihrer Frau nicht immer treu, richtig?«
    »Bitte?«
Hüseyin Misirlioglu guckte etwas überrascht. »Was wollen Sie?«
    »Komm,
jetzt keine Ausflüchte, ja!« Hünerbein zog den Blumenhändler dicht zu sich
heran und wechselte ins Vertrauliche. »Wir wissen, dass du nichts hast
anbrennen lassen, also: Könnte es sein, dass sich irgend so ein gehörnter
Ehemann an dir rächen will? Indem er zum Beispiel deine Tochter entführt?«
    »In der
Regel wissen meine …« Hüseyin stockte und suchte verlegen nach dem
richtigen Wort. »Also, die Freundinnen wissen meistens nichts von meiner
Familie.«
    »Aber
einige schon.«
    »Eine«, sagte
der Blumenhändler verdruckst und kaum noch hörbar. »Sophia Hertz. Meine
Sachbearbeiterin beim Finanzamt. Aber die ist unverheiratet.«
    »Noch
jemand?«
    »Nicht dass
ich wüsste …«
    »Denk nach,
Hüseyin«, mahnte Hünerbein eindringlich, »es geht um deine Tochter. Was ist,
zum Beispiel, mit Swantje Steffens?«
    »Sie sind
ja völlig verrückt.«
    Beide
Männer verstummten, da Ayse und Orhan wieder hereingekommen waren. Sie schauten
ratlos und sagten, der zweite Autoschlüssel sei weg.
    »Wie, weg?«
    »Er ist
nicht mehr da«, erklärte Orhan nur mühsam beherrscht und ballte die Fäuste.
    Sein Bruder
Cemir trat wütend und einen türkischen Fluch ausstoßend gegen das Tischbein.
    »Ich habe
ihn in meinem Nachtschrank aufbewahrt«, rief Ayse entschuldigend und sank
wieder auf die Couch, »weil ich so selten Auto fahre. Und jetzt ist er
verschwunden.«
    »Das gibt’s
doch gar nicht! Dann muss ihn doch irgendjemand genommen haben!« Hünerbein
regte sich auf. »Ich meine, ein Autoschlüssel verschwindet doch nicht so
einfach. Oder wurde hier mal eingebrochen?«
    Cemir,
Orhan, Ayse und Hüseyin Misirlioglu schüttelten einträchtig die Köpfe.
    »Mensch,
Leute!« Hünerbein marschierte im Zimmer auf und ab. »Jetzt reißt euch mal
zusammen! Wer immer diesen Wagen mitgenommen hat – er muss einen Schlüssel
dafür gehabt haben. Und zwar den Schlüssel, der hier gerade verschwunden ist,
also erinnert euch gefälligst! Wer hat den Schlüssel wo zuletzt gesehen? Wer
hat ihn aus dem Nachtschrank genommen? Und warum? Wer war außer euch noch hier
in dieser Wohnung in den letzten Tagen? Bekannte, Freunde, Verwandte? Sind die
mal im Schlafzimmer gewesen? Himmelherrgott: Jetzt strengt mal eure Hirne an!«
    Die
Misirlioglus begannen, erregt untereinander auf Türkisch zu diskutieren, doch
Hünerbein wiegelte sofort ab.
    »Solange
ich die Befragung leite, wird hier Deutsch gesprochen, klar? Noch ein
türkisches Wort, und wir gehen alle aufs Revier. Da können wir dann die
Befragung mit einem Dolmetscher fortsetzen.«
    Er sah
jedem einzeln in die Augen. Erst Orhan und Cemir, denen traute er noch am
ehesten irgendeinen Unsinn zu. Aber die hielten seinem Blick wacker stand, was
Hünerbein als Zeichen wertete, dass sie sich im Hinblick auf den Verbleib des
Autoschlüssels nichts vorzuwerfen hatten. Sonst würden sie die Köpfe senken, da
war sich Hünerbein vollkommen sicher.
    Bei Hüseyin
dagegen hatte er so seine Zweifel. Der Blumenhändler war abgebrühter. Er
erwiderte den Blick des Kommissars, ohne mit der Wimper zu zucken, war aber
schon wieder den Tränen nahe, was Hünerbein als Anhaltspunkt für wirkliche
Verzweiflung wertete.
    Und was war
mit Ayse? Hünerbein baute sich vor ihr auf. Ihr Blick flackerte leicht, sie
wirkte nervös und unsicher, und das deckte sich auch mit ihrem Horoskop. Mond
im

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