Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
zu Hause. Angeblich sollte sie dem Mädchen mit rechtem Misstrauen gegenüberstehen. Kein Wunder, dachte Marie. Und eine Idee keimte in ihr.
    Um sie umzusetzen, brauchte sie Maddys Hilfe. Gerne weihte sie die kleine Kröte nicht in ihre Vorhaben ein, aber sie konnte nun mal nicht gleichzeitig auf zwei Kinder aufpassen, im Laden bedienen, die Zigarren herstellen und dazu stundenlang durch die Stadt streifen. Sie gab dem Dienstmädchen den Auftrag, herauszufinden, wo man Antonia mal so unter vier Augen treffen könnte.
    Das erwies sich als verhältnismäßig einfach, denn noch immer hatte Antonia die Gewohnheit, vormittags die Einkäufe auf dem Alten Markt zu erledigen. Manchmal begleitete sie Jakoba oder das Küchenmädchen, ebenso oft aber ging sie auch alleine zu den Obst- und Gemüseständen.
    Es war also nur eine Frage der Zeit und der passenden Gelegenheit, um dem wohledlen Fräulein eine kleine, berechtigte Bitte vorzutragen.

Nach dem Ball
     
    Des Sonntags in der Morgenstund’,
Wie wandert’s sich so schön
Am Rhein, wenn rings in weiter Rund’
Die Morgenglocken gehn.
    Sonntags am Rhein, Reinick
     
     
    Obwohl der Ball bis weit nach Mitternacht gedauert hatte, war Antonia schon früh am Morgen auf den Beinen. Sie hatte ihre übliche Alltagskleidung angelegt, den schwingenden Rock und das Caraco, darüber hatte sie ein warmes Dreiecktuch gelegt, denn der Oktober war zwar sonnig, aber der Morgen noch empfindlich kühl.
    Waldegg war ebenfalls früh aufgestanden, und sie traf ihn mit seinem Kaffee und einer Zeitung in der Bibliothek sitzend.
    »Guten Morgen!«, grüßte sie heiter, und er lächelte sie an.
    »Auch dir einen guten Morgen. Die Strapazen einer durchtanzten Nacht sieht man dir aber nicht an.«
    »Dazu bedarf es mehr als ein paar Runden Walzer und einiger Kontertänze. Ich wollte einen Spaziergang machen. Begleiten Sie mich, Herr Waldegg? Auch Sie sehen nicht sonderlich strapaziert aus.«
    Er lachte und erhob sich. »Nein, aber ich habe ja meine Zeit auch sitzend am Kartentisch verbracht. Ein wundervoller Herbsttag. Wir wollen in den Parks von Deutz flanieren.«
    Der gähnende Fährmann grüßte seine frühen Gäste und wies auf ein gewaltiges Floß von fast tausend Fuß Länge, das stromabwärts trieb – Stämme aus dem Schwarzwald, zusammengebunden, darauf eine kleine Ansiedlung von bald dreihundert Flößern und Ruderknechten, die samt Ziegen, Hühnern und einigen Pferden in Holzhütten hausten. Sie mussten eine Weile warten, bis es vorübergeschwommen war. In der Zwischenzeit versammelte sich ein lustiges Grüppchen junger Frauen und Männer, die, mit Körben beladen, ein Picknick am Rheinufer planten. Es waren der Kleidung nach Dienstmädchen oder Näherinnen, Handwerksburschen oder Handelsgehilfen. Sie kicherten und tuschelten miteinander, während der Fährmann sie über den breit dahinströmenden Rhein übersetzte. Kleine Wellen glitzerten in der langsam aufsteigenden Sonne. Auch andere kleine Boote kreuzten schon das Gewässer, doch ansonsten wirkte die Stadt sonntäglich verschlafen. Sie gingen in Deutz an Land, wo Sankt Heribert, die Klosterkirche der Benediktiner, hinter hohen Bäumen aufragte, und fanden dort die öffentlichen Gärten in ihrer herbstlichen Pracht vor. Brennend rotes Weinlaub kletterte an Wänden empor, kupferfarbene und gelbe Chrysanthemen wechselten mit blauen Herbstastern, dunkle Eibenhecken, sorgfältig geschnitten, säumten die Wege. Noch standen die Laubbäume im vollen Blätterschmuck und manch späte, taubedeckte Rose verbreitete ihren süßen Duft. Doch es roch bereits nach Vergänglichkeit, während die Sonne versuchte, das feuchte Gras zu trocknen.
    »Hat dir denn dein erster Ball Freude bereitet, Antonia?«, nahm der Domherr das Gespräch auf.
    »Oh, es war recht amüsant, aber so ganz behagt mir das schlüpfrige Parkett des gesellschaftlichen Lebens noch nicht. Ich muss ständig auf meine Schritte achten, und meine Zunge hat schließlich Knoten bekommen, damit sie keine unpassenden Kommentare äußerte.«
    »Ähnlich denen, mit denen du deinen Tanzlehrer in die Flucht gejagt hast?«
    »Oje, hat man Ihnen das Missgeschick schon zugetragen?«
    »Der junge Joubertin vertraute sie mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit an. Ein gefälliger Junge, nicht wahr?«
    »Sicher der netteste von allen.«
    »Er scheint eine ernsthafte Neigung zu dir zu entwickeln. Erwiderst du sie?«
    »Wollen Sie mich verheiraten, Herr Waldegg?«
    »Ganz gewiss nicht gegen deinen

Weitere Kostenlose Bücher