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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Hast du mir eine Warze auf die Nase gemalt? Dann kitzele ich dich mit deiner Puderquaste zu Tode.«
    »Nein, keine Warze. Es ist nur so – ich habe dich noch nie gefragt, aber – bist du Waldeggs Tochter?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Die Augen. Die Augenpartie ist Frau Waldeggs sehr ähnlich. Und auch der Schnitt deiner Wangenknochen.«
    Antonia seufzte. Man konnte es nicht mehr lange geheim halten. »Sag’s nicht weiter, Susanne. Sie ist meine Mutter. Es ist eine lange Geschichte.«
    »Die du mir irgendwann einmal erzählen wirst?«
    »Versprochen. Aber jetzt noch nicht. Ich bin nicht glücklich darüber, weißt du.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Dann fiele eine Ehe zwischen dir und David schließlich unter die Blutschande.«
    »Schlag dir endlich diese Idee aus dem Kopf. Ich habe David zweimal ganz kurz getroffen. Das erste Mal hielt er mich für einen schmutzigen Bauernjungen, das zweite Mal für ein vorlautes Gör. Ich verzehre mich auch nicht nach ihm. Aber du kannst mir gerne erklären, was Blutschande ist. Den Begriff habe ich neulich schon einmal gehört.«
    »Das ist – oh, mhm...«, Susanne wirkte verlegen. Schließlich handelte es sich um ein gesellschaftliches Tabuthema, wie alles, was sich um geschlechtliche Beziehungen rankte. Aber sie überwand sich und erklärte mutig, dass Ehen unter Blutsverwandten ersten und zweiten Grades verboten seien.
    »Also zwischen Geschwistern, Eltern und Kindern?«
    »Auch zwischen Onkel und Nichte oder Tante und Neffe und zwischen Cousins. Aber da gibt es, glaube ich, die Möglichkeit des Dispens.«
    »Da David Waldeggs, aber nicht Elenas Sohn ist und ich Madames, aber nicht Waldeggs Tochter, könnte ich ihn theoretisch heiraten«, spekulierte Antonia und bemerkte dabei nicht Susannes schockiertes Gesicht.
    »Nicht Waldeggs Tochter?«
    »Nein.«
    »Aber... ich dachte...«
    »Falsch gedacht. Und frag mich nicht, wer mein Vater ist.«
    Diesmal war es an Antonia, rot zu werden. Ihre nächtlichen Mutmaßungen über Daniel Bernsdorfs Rolle in Elenas Leben wollte sie gewiss nicht ihrer Freundin anvertrauen.

Schmuggelei
     
    Auf die Unschuld schielt der Verrat
mit verschlingendem Blicke,
Mit vergiftendem Biss tötet des Lästerers Zahn.
    Der Spaziergang, Schiller
     
     
    Pitter Stammel hatte Pech gehabt, eine ganze Pechsträhne war es. Erst war Marie nach der Geburt ihres zweiten Kindes krank geworden. Drei Monate lang hatte sie nicht im Geschäft mithelfen können, und dann waren der Arzt und die Medikamente zu bezahlen. Daneben machte sich immer stärker diese verfluchte Kontinentalsperre bemerkbar, wegen der es kaum noch den beliebten Tabak aus Amerika gab. Der aus den französischen Kolonien war entsprechend rar und teuer, und seine Kunden reagierten ungehalten darauf, als er sich genötigt fühlte, die Preise zu erhöhen.
    Nach einer Weile blieben viele aus, und als er sich umhörte, fand er heraus, dass sich die Herren nicht etwa dem Genuss des Rauchens enthielten, sondern andere Bezugsquellen aufgetan hatten. Einige seiner Konkurrenten verfügten demnach weiterhin über günstigen und qualitativ guten Tabak.
    Es war Maddy, das Dienstmädchen, das ihn auf deren Beschaffungsmethoden aufmerksam machte. Maddy, die täglich die Besorgungen für den Haushalt machte, besuchte die Märkte am Rhein und hatte dort an der »Fliegenden Brücke«, den Fährbooten zum anderen Rheinufer, das nicht französisches Gebiet war, die Mädchen beobachtet, die unter ihren Röcken und Schürzen verbotene Waren einschmuggelten und die jungen Männer, die unter harmlosen Gütern ebenfalls Konterbande versteckt hielten. Sie verkauften Päckchen mit Tee oder Kaffee, Zucker oder eben auch Tabak anschließend heimlich in Ecken und Gässchen der Hafengegend. Vorsichtige Erkundigungen ergaben, dass sich mit dem abenteuerlustigen Jungvolk ein auskömmliches Geschäft machen ließ.
    Bald hatte Pitter einen Teil seiner Kundschaft zurückgewonnen, aber Marie war unzufrieden. Sie rechnete ihm beständig vor, wie viel mehr Umsatz er machen könnte, wenn er selbst nach Deutz übersetzte und dort den angebotenen Tabak – und möglichst noch einige andere, schmerzlich entbehrte Spezereien einkaufen würde. Ihr Gemurre ging ihm jeden Tag mehr auf die Nerven, und in gewisser Weise musste er ihr Recht geben. Die Lieferungen, die sie bisher erhalten hatten, waren von unterschiedlicher Qualität, nicht immer war der Tabak richtig behandelt worden, hatte Feuchtigkeit abbekommen oder war vertrocknet,

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