Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
meinem Leben gemacht. Wenigstens darein will ich meine Energie setzen, solange ich sie noch habe.«
Valerian Raabe sah den Domherrn mit großem Verständnis an. »Man braucht ein Ziel im Leben. Das wird einem oftmals klar, wenn man an einer Grenze steht. Das Ihre ist nicht das schlechteste. Was ist mit diesen Plänen passiert?«
»Es ging damals, als wir die Sachen verpackten, drunter und drüber, und dabei sind sie verschollen. Ein paar kleinere Zeichnungen hat Walraff hier aufgefunden, inzwischen vermute ich, die beiden großen Pläne könnten den Franzosen in die Hände gefallen sein. Ob sie aber etwas damit anfangen können, bezweifle ich.«
»Nicht auszuschließen, dass sie damals mitgingen. Man könnte versuchen, mit Jaubert oder Hausmann Kontakt aufzunehmen. Unser Sous-Préfet ist ein kunstsinniger Mann, er wird uns behilflich sein, ihre Adressen zu finden.«
»Ich habe vor, im Herbst nach Paris zu reisen, um dort mit einigen Wissenschaftlern über den Druck ihrer Werke zu verhandeln. Ich könnte persönlich bei ihnen vorsprechen«, schlug Cornelius vor.
»Sicher der aussichtsreichste Weg. Bereiten Sie ihn schriftlich vor, Waldegg.« Raabe wandte sich wieder an Cornelius. »Sie wollen einen kleinen wissenschaftlichen Verlag ins Leben rufen, habe ich das richtig verstanden?«
»Ja, Lindlar, der Drucker, und ich arbeiten darauf hin.«
»Hätten Sie Interesse, ein Werk über Antikenfunde in Köln und Wesseling zu verbreiten, oder werden Sie sich auf das naturwissenschaftliche Gebiet konzentrieren?«
»Auf keinen Fall. In den Sachgebieten wollen wir uns nicht festlegen. Nur Romane und Lyrik werden wir nicht drucken. Haben Sie ein Manuskript anzubieten?«
»Nun ja, ich dilettiere etwas in der Altertumskunde herum.«
Der Domherr gab ein leises Lachen von sich. »Er dilettiert dergestalt, dass er mit den Koryphäen des Landes über seine Sammlungen von Terra Sigillata korrespondiert und eine Abhandlung über römische Siegelringe verfasst hat.«
»Es wird noch ein paar Monate dauern, bis wir in Produktion gehen. Derzeit suchen wir ein passendes Gebäude. Aber sprechen Sie mich unbedingt im Herbst darauf an.«
Antonia hätte sich gerne weiter mit den Herren unterhalten, aber Elena erbat ihre Aufmerksamkeit.
Am nächsten Tag schlang sich Antonia einen kostbaren Shawl gekonnt um die Arme. Hauchfeiner Seidenflor, mit Staubperlen nach einem Entwurf von Susanne bestickt, bildete den krönenden Abschluss ihrer weißen Balltoilette.
Cornelius konnte sich diesmal nicht über Rüpelhaftigkeit oder burschikose Kleidung beklagen, sie zeigte sich am Tag des Mittsommerballs bei Kormanns nicht nur von ihrer hübschesten, sondern auch von ihrer besten Seite. Der Domherr, der behauptete, er fühle sich kräftig genug, ein, zwei Kartenspielchen durchzustehen, wurde überstimmt, Cornelius übernahm die Aufgabe, die beiden Damen Elena und Antonia zu dem Fest zu begleiten. Alle drei hatten gewisse Erwartungen in Bezug auf diese Veranstaltung.
Elena, die Charlottes Fassungslosigkeit erlebt hatte, als sie ihr Antonia als ihre Tochter präsentierte, hoffte, ihre Freundin möge kein Aufhebens um diese Tatsache machen. Das Gerede war, wie sie vermutet hatten, bereits nach wenigen Wochen verstummt, und allenthalben wurden sie und Antonia freundlich aufgenommen. Doch insgeheim befürchtete sie, Charlotte könne ihre Empörung darüber, dass sie sich ihr nicht früher anvertraut hatte, zum Anlass nehmen, ihre Freundschaft abkühlen zu lassen oder es auf dem Ball gar zu einem Eklat kommen zu lassen.
Antonia war ebenfalls gespannt darauf, wie sich die Gastgeberin in Gesellschaft präsentieren würde, und war bereit, ihre Mutter mit gezielten Boshaftigkeiten zu verteidigen, sollte Charlotte ihr in irgendeiner Form zu nahe treten. Sie war gerüstet und aufmunitioniert, dank François’ dezenter Nachforschungen. Wenn nötig, würde sie es zu einem Eklat kommen lassen. Außerdem wollte sie Kormann näher unter die Lupe nehmen. Von Susanne hatte sie die Schilderung erhalten, wie er sie im vergangenen Jahr auf dem Wohltätigkeitsball mit seiner Aufdringlichkeit belästigt hatte. Es rundete das Bild von ihm ab.
Auch Cornelius’ Augenmerk lag auf Kormann. Wie würde er auf sein Erscheinen reagieren? Er war von Charlotte mit eingeladen worden. Ob das im Sinne des Hausherrn war, bezweifelte er und fragte sich, ob er es auf einen Eklat ankommen lassen würde.
Das Haus der Kormanns, ehemals Hirzens Palais, war hell erleuchtet. Ein
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