Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
noch.« Auch David war sich seiner Stimme nicht ganz sicher.
Cornelius machte den ersten Schritt und zog ihn in seine Umarmung. Er erwiderte den Druck herzlich, und beide zwinkerten mühsam, um ja irgendwelche unmännlichen Tränen zu vermeiden.
»Bruder«, murmelte Cornelius heiser. »Bruder, willkommen zu Hause.«
»Ja, zu Hause.« David rückte etwas von Cornelius ab, damit er in sein Gesicht sehen konnte. »Du bist auch wieder hier. Deine Augen sind weise geworden, mein Bruder. Du hast viel durchgemacht.«
»Wir haben jeder unsere Hölle hinter uns.«
»Aber wir haben sie überlebt.«
»Wie dieses Kind auch«, stimmte Cornelius leise zu, als er Antonia von den Ställen kommen sah.
»O ja, wie dieses Kind auch.«
Antonia sah die beiden Arm in Arm stehen und beschleunigte ihre Schritte.
»Das da, David, ist unsere Dreiviertelschwester«, stellte Cornelius sie vor.
»Und was ist das andere Viertel?«
»Euer Bruder.« Sie grinste ihn übermütig an.
»Ja, so sieht es aus. Also, Toni, aus welchem Dorf kommst du diesmal?«
»Aus dem großen namens Köln.« Sie betrachtete ihn eindringlich. Er nahm ihre beiden Hände und lächelte sie mit inniger Zuneigung an.
»Es gibt ein gütiges Schicksal. Damals, bei Magdeburg, und lange danach habe ich nicht mehr daran geglaubt. Ich bin so glücklich, dich wiederzusehen, Toni! Kleine Schwester.« Er zog auch sie in die Arme und gab ihr einen herzhaften Schmatz auf die Wange. »Viel verändert hast du dich nicht, oder?«
»Ach, wart ab, bis ich in meine Mädchenkleider geschlüpft bin. Dir werden die Augen übergehen! Aber jetzt kommt endlich rein. Cornelius, geh vor und sag unserem Vater Bescheid. Ich muss mich um die Pferde kümmern.«
Cornelius bedachte sie mit einem schiefen Lächeln, gehorchte aber ohne Widerworte. Er wusste, was sie mit ihrer Weisung bezweckte.
»Ihr seid so guter Dinge, also geht es Vater besser?«
»Erstaunlich gut, David. Dennoch sind wir vorsichtig.«
Maddy empfing Antonia in ihrem Zimmer und hatte bereits warmes Wasser in die Schüssel gegossen.
»Das ist mal ein Mannsbild«, schnurrte sie. »Ich habe Sie vom Fenster aus beobachtet. Das ist der berühmte David?«
Antonia ließ ihre Reitkleidung auf den Boden fallen und nahm den gereichten Schwamm, um sich zu waschen.
»Ja, das ist er.«
»Für den lohnt es sich aber, ein bisschen Mühe auf den Putz zu verwenden.«
Es erstaunte Antonia selbst, dass sie ebenfalls dieses Bedürfnis verspürte. Daher dauerte es eine geraume Weile, bis sie, adrett frisiert, in einem leichten, fließenden Kleid und zart nach Verbenen duftend, in den Salon trat. Die Belohnung erhielt sie in Form eines verblüfften Gesichts.
»Bei allen Göttern, Toni!« David sprang auf und ging ihr entgegen. In diesem Moment fiel Antonia sogar wieder ein, wozu sie einen Fächer in der Hand hielt. Sie schlug ihn auf und schenkte David über seinen Spitzenrand ein keckes Wimpernflattern.
»Heiliger Sankt Elmo!«, hörte sie Cornelius stöhnen.
Waldegg lachte laut, und sogar Elena lächelte ihre Tochter an. Sie hatte großes Verständnis für diese Reaktion. David, den sie vor vier Jahren als sehr jungen Fähnrich kennengelernt hatte, gefiel ihr in seiner gereifteren Art noch besser.
Es wurde ein fröhlicher Abend bei einem ausgedehnten Diner. Später saßen sie im Salon und tranken Champagner auf Davids glückliche Heimkehr. Manchmal sah Antonia besorgt zum Domherrn hin, um sich zu vergewissern, dass es ihm nicht zu viel wurde. Aber er schien sich rundum glücklich zu fühlen.
»Du bist an einem entscheidenden Tag gekommen, David«, erzählte Cornelius. »Morgen nehme ich an einer Häuserversteigerung teil. Wir haben genau das richtige Haus für die Druckerei gefunden. Gar nicht weit von hier – ›Unter Fetthennen‹«.
»Dann bliebest du ja in der Nachbarschaft. Das freut mich, mein Junge«, stellte Waldegg fest.
»Nun, wir müssen noch den Zuschlag bekommen. Anschließend gibt es viel umzubauen und zu renovieren. Aber die oberen Räume sind einigermaßen bewohnbar, und ich kann hier etwas Platz schaffen.«
»Dann wollen wir dir die Daumen drücken, dass du das Haus bekommst. Ich werde mich allerdings jetzt zurückziehen. Die alten Knochen verlangen ihre Nachtruhe.«
Waldegg erhob sich, und mit ihm auch Antonia und Elena, um zu Bett zu gehen. Die beiden Brüder aber verbrachten die langen Nachtstunden noch gemeinsam, um einander näherzukommen.
Antonia arbeitete am nächsten Tag mit Susanne im Laden,
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