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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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unten. Die alte Köchin hatte sich schon in ihr Zimmer zurückgezogen, wickelte sich aber sofort in ihren wollenen Schlafrock, um den Kopfschmerztrank zuzubereiten.
    »Ich bin mir sicher, es hat etwas mit dieser Charlotte zu tun. Nur zu schade, dass ich nicht dabei war, als sie sie hier besucht hat«, murrte Antonia. »Sie ist eine Natter.«
    »Wer ist eine Natter?« Maddy war ebenfalls in der Küche erschienen. »Da habe ich mir so viel Mühe gemacht, Sie herzurichten, und dann kommen Sie gleich wieder zurück. Ich könnte beleidigt sein, gnädiges Fräulein!«
    »Es ist nicht deine Schuld. Es hat irgendjemand meine Mutter verschreckt, und sie ist in Ohnmacht gefallen.«
    »Wer verschreckte sie? Die Natter?«
    »Ja, ich vermute Charlotte Kormann. Gehen wir nach oben, dann kann ich mich bequemer anziehen.«
    Willig, weil sie mehr Tratsch erwartete, folgte die winzige Zofe Antonia und wurde nicht enttäuscht. Als sie alles gehört hatte, schlug sie vor: »Ich könnte mal die Ohren spitzen, gnädiges Fräulein. Eine ehemalige Nachbarin ist Küchenmädchen bei Kormanns.«
    »Mhm.« Antonia überlegte. »Das eine ist, was sie jetzt so unternimmt. Das andere ist, was sie in der Vergangenheit war. Sie und ihre Mutter. Hör zu!«
    Damit erhielt Maddy einen höchst pikanten Auftrag.

Amtshandlungen
     
    Nichts gibt ein größeres Vergnügen
Als den Betrüger zu betrügen.
    Der Wolf und das Pferd, K. W. Rammler
     
     
    David stieg aus der Kutsche und ließ sich seinen Mantelsack reichen. Er war heilfroh, dem rumpelnden Gefängnis zu entkommen, das ihn vierzehn Tage durchgeschüttelt hatte. Zwar war es eine Extrapost, und damit schneller als alle normalen Postkutschenverbindungen, aber zurück nach Dresden, das schwor er sich, würde er reiten. Nun stand er auf Heimatboden, nur wenige Schritte von der verwitterten Kathedrale entfernt, die ihn die ersten acht Lebensjahre so beeindruckt hatte. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute zum Turm auf. Natürlich, der Kran stand weiterhin dort in luftiger Höhe, ein Wahrzeichen Kölns und das Symbol der Aufgabe und des Niedergangs zugleich.
    Er wandte sich ab, um an die Tür des Hauses zu klopfen, in dem er seinen Vater wohlbehalten und bei Gesundheit anzutreffen hoffte. Hufgeklapper aber ließ seine Hand in der Bewegung innehalten.
     
    Es erregte Elenas Missfallen und brachte ihr einige bissige Kommentare von Cornelius ein, aber der Domherr hatte nur gelacht und sie seine Dreivierteltochter genannt. Mit Maddys zuverlässiger Hilfe verwandelte sich Antonia für ihre Ausritte wieder in einen Jungen. Allerdings in einen recht feschen. Eine feine Wildlederhosen, glänzende Stiefel, ein weißes Hemd und einen langen blauen Reitrock, der ihr im Gehen bis an die Waden reichte, stellten ihr Kostüm dar. Sie hatte sich strikt geweigert, einen Damensattel zu benutzen. Nach dem ersten Ausritt zollte Cornelius ihr Anerkennung, und es bereitete ihm genauso viel Vergnügen wie ihr, zu Pferd die Umgebung zu erkunden. Manchmal begleitete sie Thomas Lindlar, vor allem, wenn sie ihre Ausflüge mit der Suche nach Häusern verbanden. Der Drucker war ein umgänglicher Mann aus angesehener Familie, die während der ersten Jahre der französischen Herrschaft einen Großteil ihres Vermögens eingebüßt hatten. Doch Thomas war fleißig und einfallsreich, sein Unternehmen blühte, wenn auch in bescheidenem Maße. Antonia gegenüber verhielt er sich anfangs zurückhaltend, ihre unbekümmerte Art, mit Cornelius umzugehen, hatte ihn schockiert. Aber allmählich gewöhnte er sich an ihren lockeren Ton und scherzte manchmal sogar mit ihr.
    Sie waren an diesem Spätnachmittag eines heißen Julitages am Rheinufer entlanggeritten, am Bayenturm verabschiedeten sich Cornelius und Antonia von Thomas und trabten langsam nach Hause zurück.
    Antonia sah den Fremden mit dem Mantelsack über der Schulter als Erste. Sie rief: »Cornelius, schau!«
    »Wer ist...?«
    »David!«
    Cornelius sprang vom trabenden Pferd und überließ es ihr, nach dessen Zügeln zu greifen. Er lief auf den hoch gewachsenen, schwarzhaarigen Mann zu, der ihm plötzlich erwartungsvoll entgegensah. Dann standen sie sich gegenüber. Beide gleich groß, beide von der Sonne gebräunt, mit lockigen Haaren, die der Wind zauste. Leuchtend blaue Augen trafen auf schillernd grüne.
    »Mein Gott, Junge, bist du groß geworden!« Cornelius’ Stimme klang rau, und er wusste, er gab das dümmste Zeug von sich.
    »Ich war acht, als ich ging. Da wächst man

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