Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
und beide zogen das Missfallen des Geschäftsführers auf sich, da Susanne jede freie Minute nutzte, um ihre Freundin nach David auszufragen. Ihre Schwärmerei für Cornelius hatte in den ersten Wochen beinahe lästige Ausmaße angenommen, war aber inzwischen um einige Grade abgekühlt, da er sich ihr nur mit strikter, ja fast kühler Höflichkeit näherte und jede Annäherung unmöglich machte. Antonia wunderte sich darüber und sprach ihn darauf an, aber auch da richtete er plötzlich eine Mauer auf. Vage ahnte sie, was ihn zu dieser Haltung trieb. Susanne war ganz die typische Tochter aus gutem Hause, sie war überaus weiblich und sittsam, wenngleich einer spielerischen Tändelei nicht abgeneigt. Er hingegen hatte viele Jahre mit dem Abschaum gelebt, und anscheinend glaubte er, selbst noch so viele heiße Bäder könnten diesen Makel nicht von ihm abwaschen. Sie war von der Wahrheit damit gar nicht weit entfernt.
Der Tag wollte und wollte nicht herumgehen. Zum einen war es drückend heiß, weshalb nur wenige Kunden erschienen, zum anderen war Antonia begierig zu hören, ob Cornelius Erfolg bei der Versteigerung hatte. Sie war heilfroh, als es sechs Uhr schlug und sie die stickigen Räume verlassen konnte.
Als sie nach Hause kam, sah sie auf den ersten Blick, dass es schiefgelaufen war. Thomas und Cornelius saßen mit langen Gesichtern am Esstisch, David redete auf sie ein.
»Na, was ist passiert? Seid ihr überboten worden?«
Die drei Herren machten Anstalten, sich zu erheben, aber sie wedelte nur mit der Hand, setzte sich zu ihnen und griff nach Cornelius’ Glas, das mit Jakobas kalter Zitronenlimonade gefüllt war. »Himmel, war das ein Tag! Na, erzählt schon, was ist vorgefallen?«
»Sie haben den Zuschlag bekommen, aber dann hat man Cornelius die Urkunde verweigert«, erklärte David, wissend, dass die anderen die Schilderung der Niederlage nicht wiederholen wollten.
»Warum nicht?«
»Man hat den fadenscheinigen Grund angeführt, Cornelius habe als vorbestrafter Verbrecher, als Fälscher und Betrüger, nicht das Recht, Grund zu erwerben, und erst recht nicht, um darauf eine Druckerei zu führen.«
»Pest und Skrofulose!«, zischte Antonia wütend. »Wer ist dieser Meinung?«
»Der Notar«, antwortete Thomas kurz. »Vielleicht hat er Recht.«
»Sie hätten bieten sollen, Thomas.«
»Hinterher ist man schlauer.«
»Wer hat das Haus jetzt bekommen?«
»Rate mal«, antwortete Cornelius bitter.
»Lindenborn?«
»Getroffen.«
»Da stinkt was. Ich habe dir das schon mal gesagt. Irgendwas stinkt da.«
»Nicht auszuschließen, aber machen kann man da nichts, fürchte ich.«
In Antonias Augen blitzte Kampfeslust. »Gebt ihr so schnell auf? Verd... pardon, liegt euch denn nun etwas an dem Haus oder nicht?«
»Es wäre ideal gewesen«, murmelte Thomas verdrossen.
»Cornelius?«
»Ja, sicher. Es war das beste, das wir uns angesehen haben.«
»Ihr wollt es also noch immer, ja? Dann überlegt doch mal! Wenn da geschoben wird, dann hat jemand Schmutz an der Backe. Findet den raus, und erzählt ihm, ihr macht es publik. Thomas, Sie drucken diesen kleinen Gesellschaftskalender. Der Herausgeber wird nichts gegen einen Enthüllungsartikel haben, Skandale locken die Leser an.«
»Da hat sie nicht Unrecht«, pflichtete ihr David bei. »Aber es wird nicht einfach sein, jemandem derartige Schiebereien nachzuweisen.«
»Einen Versuch wär’s wert. Ein Besuch im Amt – welches, wisst ihr besser als ich -, wo die Eigentümer der Häuser verzeichnet sind. Ihr habt die Aufstellung der Käufe von Lindenborn seit einigen Monaten. Schaut mal nach, wem sie jetzt gehören. Auch wenn sie nicht auf dem Markt gehandelt wurden, heißt das ja nicht, dass sie nicht verkauft wurden. Ihr hättet es ja genauso machen können. Thomas ersteigert und verkauft tags darauf an Cornelius.«
»Mhm!« Cornelius nahm ihr das Glas wieder weg, füllte es neu und trank daraus.
»Findig, das Mädchen«, urteilte Thomas. »Die Grundbücher kann man einsehen.«
»Und damit keine Verbindung zu euch entstehen kann, werde ich morgen in diese Bücher schauen. Gebt mir die Liste«, bot David an.
»Wie gut ist dein Französisch, David?«
»Ausreichend, aber etwas eingerostet. Warum, Toni?«
»Weil die geschätzten Amtsinhaber gelegentlich jedes Wort ihrer Muttersprache vergessen und ausschließlich französisch parlieren. Ich komme mit. David von Hoven und seine Schwester dürften ein genügend unauffälliges Paar sein. Zudem schlängelt
Weitere Kostenlose Bücher