Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
sich meine Zunge behände durch die welsche Sprache.« Sie zog das Glas wieder zu sich und nahm einen langen Schluck der süßsauren Limonade. »Habt ihr mal darüber nachgedacht, wer dem Notar das mit dem Fälscher gesteckt hat? Cornelius ist vor über acht Jahren verurteilt worden. Er trägt das F ja nicht auf seiner Stirn. Jemand hat ein unangenehm gutes Gedächtnis, wage ich in den Raum zu stellen.«
Die beiden zukünftigen Verleger waren so mit ihrer Niederlage beschäftigt gewesen, dass sie auf diesen naheliegenden Gedanken bisher überhaupt noch nicht gekommen waren. Cornelius bekam einen finsteren Blick, und seine sardonische Gesichtshälfte sprach von Gewalt.
»Wenn sich in den Grundbuchakten bestätigt, was ich mir denke, dann wird es Ärger geben«, knurrte er. »Geht ihr ins Amt, David, ich habe morgen einen wichtigen Termin am Appellationshof. Dann sehen wir weiter.«
Am nächsten Vormittag gab sich Maddy ganz besondere Mühe mit Antonias Aussehen. Sie hatte dazu Schminkutensilien beschafft und arbeitete kunstfertig an dem Gesicht ihrer Herrin. Dabei träufelte sie ihr einige hochbrisante Neuigkeiten in die willig lauschenden Öhrchen. Mit Genugtuung sah sie Antonia plötzlich feixen.
»Das kommt genau zum rechten Augenblick, Maddy. Ganz genau zum richtigen Moment. Das hast du fein gemacht.«
»Es war mir ein Vergnügen, gnädiges Fräulein. Nun setzen wir diesen netten Hut auf, und Sie ziehen den Schleier halb über die Augen.«
»Woher hast du denn den?«
»Ihre Frau Mutter war so freundlich, ihn auszuleihen.«
»Mit oder ohne ihr Wissen?«
»Selbstverständlich mit. Sie würde es überhaupt begrüßen, wenn Sie in der Öffentlichkeit eine Kopfbedeckung tragen wollten.«
»Lästiges Zeug. Aber das hier wird nützlich sein. Himmel, ich erkenne mich ja selbst kaum wieder«, stellte sie bei einem Blick in den Spiegel fest.
Auch David nickte anerkennend, dann machten sie sich auf den Weg, staubige Akten zu wälzen. Sie brauchten nicht lange, der Beamte war hilfsbereit und suchte sogar noch einige ältere Unterlagen heraus, als Antonia sich an eine Transaktion erinnerte, die die armen Nonnen von Sankt Mauritius betrafen. Sie wurde nicht enttäuscht. Die meisten Objekte auf Cornelius’ Liste waren in der Hand eines einzigen Mannes gelandet. Auch jenes alte Klostergut.
»Schön, David, damit wäre das geklärt.«
»Entspricht es deiner Vermutung?«
»O ja.«
Sie blätterten gerade in den Unterlagen, als plötzlich François Joubertin mit einem Aktenbündel in die Amtsstube trat Er stutzte kurz, erkannte sie und wollte sie mit einem freudigen Ausruf begrüßen. Schnell zog Antonia den Schleier tiefer und drehte sich demonstrativ zu David um.
»Ah, Bruder, wir könnten diesen jungen Mann sicher um Hilfe bitten«, schlug sie vor, worauf er überrascht die Stirn runzelte. Hilfe brauchten sie wahrhaftig nicht. Trotzdem hatte Antonia offenbar einen Grund, und darum folgte er ihrer Anweisung.
»Monsieur, dürfen wir Ihre Zeit einen Augenblick in Anspruch nehmen?«
François hatte sich schnell gefangen, er blieb höflich, zeigte aber kein Erkennen, sondern lediglich einen Hauch Verwirrung, als Antonia leise bat: »Sie sind genau der Mann, den wir brauchen! Kommen Sie heute Nachmittag zu uns, François, wenn es Ihnen möglich ist.«
»Gerne, Mademoiselle.«
Sie taten, als ob sie Fragen zu den Eintragungen im Register hätten, und machten Joubertin damit auf den gesuchten Namen aufmerksam. Als sie sich verabschiedeten, hatte sich ein grimmiger Zug um François’ Lippen eingenistet.
»Das war unsere erste Station. Jetzt wollen wir eine Confiserie aufsuchen, David.«
»Bist du plötzlich naschhaft geworden, Toni?«
»Wir brauchen ein Geschenk.«
»Na gut, dann kaufen wir eines. Was soll es sein?«
Ein Schächtelchen mit Liqueur gefüllter Pralinés wurde es, und als sie aus dem Geschäft traten, lenkte Antonia ihre Schritte Richtung Römerturm. Es war nicht die beste Gegend Kölns, und hier hatten die Bemühungen der Stadtväter, für Beleuchtung und Straßenreinigung zu sorgen, noch weniger Erfolg gezeitigt, als an anderen Stellen.
»Wohin führst du mich, Toni?«
»In die Schwalbengasse. Dort wirst du, als Vertreter der Baukommission, einen Hausbesuch machen, um dich über den Zustand des Gebäudes kundig zu machen, das in Kürze verkauft werden soll. Die Dame, die du befragen wirst, ist vermutlich gewillt, dir Einblick zu gestatten, wenn du ihr den Besuch mit dem Päckchen Leckereien
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