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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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denn es gibt keine Verordnung, die es untersagt, ehemaligen Strafgefangenen Grundeigentum zu verkaufen. Ich habe diese Sache mit meinem Vater geklärt. Ihr könnt sicher sein, er wird dem Notar die Frackschöße zum Schwelen bringen. Er hat ein satanisches Temperament, wenn er Amtsmissbrauch und Rechtsbeugung in seinem Bereich entdeckt.«
    David hatte ebenfalls mit steigendem Vergnügen der geschilderten Posse zugehört, aber auch er war wieder ernst geworden. »Gut, ihr habt euer Ziel erreicht. Aber ihr habt euch einen Feind gemacht. Männer wie dieser Kormann können es gar nicht leiden, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden.«
    »Ich weiß. Aber er ist schon seit über acht Jahren mein Feind, und ich kann nicht immer Rücksicht darauf nehmen, was er sich als Nächstes einfallen lässt. Für die kommende Zeit hängt erst einmal das Schwert mit dem Namen Fussije Ida drohend über ihm, und er wird bei jedem Klopfen an der Tür erwarten, eine rot gefärbte, ginselige alte Vettel davor zu finden, die ihre Tochter besuchen möchte.«

Die Tränen des Laurentius
     
    Rosen auf den Weg gestreut
Und des Harms vergessen!
Eine kleine Spanne Zeit
Ward uns zugemessen.
    Lebenspflichten, Hölty
     
     
    Für Antonia begann die glücklichste Zeit in ihrem Leben. Alles war lauter Heiterkeit, die Tage vergoldet, die Nächte warm, voller Sterngefunkel. Sogar das Wetter spielte mit. Sonnig war es, doch nicht zu heiß, milde wehte ein stetiges Lüftchen den Rhein hinunter. Dann und wann brach ein kühlendes Gewitter über die Stadt herein und tränkte das Grün, aber für lange verdunkelte es nicht den Himmel.
    Es ging geschäftig zu im Hause Waldegg. Cornelius richtete mit Thomas das Haus in der Nachbarschaft her. Sie hatten Arbeiter angeheuert, aber Cornelius’ Erfahrung als Zimmermann kam ihnen zugute, als es darum ging, Böden zu verlegen, Türzargen einzupassen oder das Dach und das Fachwerk zu reparieren. David half bei allen Maurerarbeiten mit, und Antonia durfte Fensterrahmen und Wände streichen. Dennoch ging sie weiterhin zwei Tage in der Woche mit Susanne in den Laden, schon um ihren Brüdern die Möglichkeit zu geben, ohne sie ihren männlichen Vergnügungen nachzugehen. Sie konnte sich wahrhaftig nicht darüber beklagen, von ihnen vernachlässigt zu werden. Wann immer sie Zeit fanden, ritten sie gemeinsam aus und erkundeten die Umgebung. Dabei trug Antonia weiter ihre Jungenkleidung und wurde von David und Cornelius wie ein jüngerer Bruder behandelt. An anderen Tagen aber zog sie eines ihrer modischen Sommerkleider an, und sie besuchten Konzerte, Galerien, gesellige Tanzereien oder mondäne Vergnügungsstätten. Meist schlossen sich auch Susanne und ihre Cousinen an, gelegentlich begleiteten sie Thomas Lindlar, seine junge Frau und ihr zweijähriger Sohn. François Joubertin und Philipp Wittgenstein waren auch oft mit von der Partie. Sonntags ging die Familie gemeinsam zur Messe, den Nachmittag aber mieteten sie eine offene Kutsche, um damit aufs Land zu fahren und unter den schattigen Bäumen der Rheinaue ein Picknick zu veranstalten. Mit Erstaunen stellte Antonia fest, dass ihre Mutter viel von ihrer inneren Anspannung verlor. Ja, sie räumte noch nicht einmal mehr die nachlässig im Salon hingeworfenen Zeitschriften weg, und ihre Gobelinstickerei blieb tagelang unberührt in ihrem Handarbeitskorb. Viel häufiger als früher hörte man ihr fröhliches Lachen, und sie ging sogar so weit, eigenhändig wilde Himbeeren von einem Busch zu pflücken und sie sich direkt mit saftverschmierten Fingern in den Mund zu stecken. Der Domherr blühte auf. Er hatte die Folgen des Herzanfalls vollkommen überwunden. Einmal, als es besonders turbulent in seinem Haus zuging, machte er lächelnd die Bemerkung: »Ich habe fast den Eindruck, drei richtige Kindsköpfe aufgenommen zu haben.«
    Unrecht hatte er damit nicht, keiner der drei hatte eine sorglose Kindheit und Jugend erlebt, und es war tatsächlich so, als ob sie sich in diesen Tagen einen Teil davon zurückholen wollten. Er erfreute sich daran, und in den Abendstunden machte er täglich mit einem seiner Kinder einen Spaziergang am Rheinufer entlang, wobei er sich ganz ihren persönlichen Fragen, Hoffungen oder gelegentlich auch Befürchtungen widmete.
    Besonders glücklich war er über die neue Freundschaft zwischen David und Maximilian Fuchs. Die jungen Männer verbrachten Stunden zusammen im Dom und fachsimpelten. David hatte den jungen Architekten getroffen, als er in

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