Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
der Kathedrale umherstreifte, um seinen Erinnerungen an früher nachzuhängen. Sie waren miteinander ins Gespräch gekommen, und Fuchs hatte von Boisserées großen Plänen gesprochen, das Gebäude zu vermessen, um eine Grundlage für einen Weiterbau zu schaffen. In kürzester Zeit waren sie in Grundrisse und Perspektiven, Stützlasten und Pfeilerquerschnitte, Gewölbebau und Verschalungen versunken und fanden höchstes Vergnügen aneinander. Als Folge daraus beteiligte sich David an den Zeichnungen und Berechnungen, die Fuchs anstellte.
     
    Anfang August feierten sie Cornelius’ zweiunddreißigsten Geburtstag mit einem italienischen Abend auf der Deutzer Festwiese. Es war ein ausgelassenes Fest, bei dem sich viele Freunde des Domherrn eingefunden hatten, aber auch etliche, die inzwischen mit Cornelius bekannt waren. Tische und Bänke standen unter hohen Pappeln und Weiden, in denen bunte Lampions leuchteten, kühle Getränke und reichlich Essen wurde serviert, und drei Musiker spielten heitere Melodien. Ländliche Tänze und ein Boule-Spiel wurden organisiert, Nachen standen für jene bereit, die sich auf dem Wasser vergnügen, Decken und Kissen für die, die der Ruhe oder dem besinnlichen Plausch frönen wollten. Man promenierte, kokettierte, disputierte, fabulierte und soupierte nach Lust und Leidenschaft.
    Als es dämmrig wurde, schlenderte François Joubertin mit Antonia einen von Rosenbüschen gesäumten Weg entlang. Sie wollte eigentlich zum Ufer gehen, aber er lenkte sie mit der ihm eigenen höflichen Beharrlichkeit in die entgegengesetzte Richtung. Jetzt waren sie außer Hörweite der Gesellschaft, und er führte sie zu einer schmalen Bank.
    »Bitte, Mademoiselle, lassen Sie uns hier Halt machen.«
    »Ei, François, schon erschöpft von den wenigen Schritten?«
    »Ja, meine Liebe, ich bin ein schwächlicher Zeitgenosse. Ich möchte den Nachtigallen lauschen, den Duft der Rosen genießen und zu den Sternen aufschauen.«
    »Nun, dann rasten wir hier eine Weile. Ich gebe zu, es ist ein idyllisches Plätzchen.«
    Sie setzten sich, und Antonia betrachtete den jungen Mann neben sich, der nicht so entspannt wirkte, wie es die lauschige Stimmung bewirken sollte. Er war ansehnlich, nicht ganz so groß wie ihre Brüder, aber aufrecht und schlank, ein gewandter Tänzer, ein begabter Diplomat, ein interessanter Plauderer, ein gebildeter Mann und ein loyaler Freund. Sie ahnte plötzlich, warum er sie an diese abgelegene Stelle geführt hatte, und es machte sie traurig zu wissen, was sie darauf erwidern würde.
    »Mademoiselle Antonia, es ist ein so schöner Abend, dass ich endlich den Mut finde, zu Ihnen zu sprechen.«
    »François«, bat sie sanft.
    »Doch, Antonia. Lassen Sie mich wenigstens meine Bitte vortragen. Ich will heute noch gar keine Antwort von Ihnen hören.«
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Doch, meine liebe Freundin. Ich möchte Ihnen mein Herz zu Füßen legen. Wie oft habe ich diese Worte im Scherz gesprochen, aber es ist mir ernst damit. Antonia, ich liebe Sie. Ich träume davon, sie meine Frau nennen zu können. Ich weiß, Sie sind noch jung, Sie haben gerade erst Ihre Familie gefunden, Sie brauchen Zeit. Dennoch, Sie sollen wissen, wie es um meine Gefühle bestellt ist. Sie sind aufrichtig, Antonia, voller Respekt und Achtung, auch für das, was Sie einst durchgemacht haben.«
    »Danke, François. Ihr Antrag ehrt mich. Ich weiß, wie ehrlich Sie sind, und dafür schätze ich Sie. Sie sind vom ersten Augenblick an gut zu mir gewesen. Trotzdem möchte ich, dass Sie etwas bedenken.« Sie schloss die Augen und nahm seine Hand in die ihre. »Ein alter, blinder Pater hat mir einmal die Zukunft vorhergesagt, und genau wie er kann ich jetzt sehen, was sein wird.« Sie glitt mühelos in die weichere französische Sprache. »François, Sie werden sehr bald ein erfolgreicher Jurist sein und mit jungen Jahren bereits das höchste Richteramt erlangen. Sie werden an Ihrer Seite eine schöne, liebenswerte Frau haben, die Ihr Werk mit ihrer Würde und Güte unterstützen wird. Sie wird Ihnen hilfreich zur Seite stehen, wenn Ihre Aufgaben Sie mit Ministern und Fürsten zusammenführen, und Ihnen eine Stütze in turbulenten Zeiten sein.« Langsam öffnete sie wieder ihre Augen und sah François an, der mit einem seltsam hungrigen Blick an ihren Lippen hing. »Das alles kann ich für Sie nicht sein, mein liebster Freund. Mir gebricht es an diplomatischem Geschick und an jeglicher Form von Würde. Ich spreche

Weitere Kostenlose Bücher